Bislang galt: aus dem Norden der Pfalz kommen Rieslinge von Weltklasse. Und sonst nichts.
Sommeliers von New York bis Tokio raunen ehrfürchtig die Namen von Weingütern wie Christmann oder Von Winning.
Im Süden gibt es dafür die spannenderen Experimente mit Rotwein. Ein wahrer Brutofen für Winzertalente, die sich an die weltweit angebauten Rebsorten Merlot, Syrah und Cabernet Sauvignon wagen und auch aus den einheimischen Trauben Regent und St. Laurent einfallsreiche Weine keltern.
Die talentierten Cousins.
Doch die Zeiten ändern sich. Ich habe im nordpfälzischen Bad Dürkheim ein Weingut gefunden, für dessen rote Tropfen ich um die Welt segeln würde: Hanewald-Schwerdt.
Die 28 Jahre alten Cousins Thomas Hanewald und Stephan Schwerdt machen’s wie ihre Kollegen im Süden und verarbeiten Cabernet Sauvignon und Merlot. Den im kleinen Barrique gereiften Wein, der dabei herauskommt, nennen sie Zweihänder, nach einem mächtigen, mit beiden Händen geführten Schwert aus dem Mittelalter. Wobei: die Waffe, die auf dem Etikett abgebildet ist, einen so genannten Anderthalbhänder darstellt…
Brotrinde, Kaffeepulver = Fassausbau.
Im Glas schimmert der Wein in mittelkräftigem Rubinrot. Die Nase ist ungemein würzig. Ja klar, da ist die Schwarze Johannisbeere (Cassis) vom Cabernet S. Aber noch einprägsamer sind die Noten von Brotrinde und frisch gemahlenem Kaffeepulver – das kommt vom Fassausbau. Außerdem rieche ich Wacholder und etwas Schlehdorn.
Apropos Fassausbau: das hier ist die Holzfasswoche – in Zusammenarbeit mit dem Barrique Forum Pfalz.
Das Barrique Forum Pfalz ist eine Art Fasslobby, die gegen das Gerücht antritt, dass Barriqueweine vordergründig nach Holzausbau schmecken. Das Gegenteil ist der Fall – wenn der Winzer sein Handwerk versteht. Sagt das Barrique Forum Pfalz und pickt sich jedes Jahr im Rahmen einer großen Verkostung die besten Beispiele für besonders gelungene Rotweine aus dem kleinen Eichenfass heraus. So wie den Zweihänder…
Zurück zum Wein und wie er schmeckt.
Cassis, Schwarzkirsche, Schlehdorn, Lorbeer, Wacholder, Mokka.
Am Gaumen tritt die Frucht in den Vordergrund: Schwarze Johannisbeere, Schwarzkirsche und Schlehdorn prägen den Wein. Erst nach einer Weile kommen Lorbeer, Wacholder und Mokka hinzu. Gemeinsam mit weichen, gereiften Tanninen und einer prägnanten Säure runden diese Noten den Tropfen phantastisch ab. Der Zweihänder kommt auf 14 Volumenprozent Alkohol.
Dieser Rotwein passt perfekt zu einem Abend mit Genießerfreunden, die alle einen unterschiedlichen Geschmack haben. Der Zweihänder ist gefällig, aber nicht simpel. Mit dem hat jeder anspruchsvolle Weintrinker seinen Spaß. Dazu empfehle ich Roastbeef oder geschmorten Ochsenschwanz.
Schaut euch bitte noch mal die Gebietseinteilungen an,
ich habe noch keine Karte von der Nordpfalz gefunden auf der Bad Dürkheim, geschweige denn Gimmeldingen (Neustadt) drauf sind.
Hallo Schoppehaller,
Du hast Recht und doch wieder nicht. Natürlich gehören Bad Dürkheim und Gimmeldingen nicht zum Landkreis Nordpfalz. Sie gehören allerdings sehr wohl in den Norden, wenn man die Unterteilung der Pfalz in Nord und Süd weinhistorisch versteht. Dann verläuft die Grenze bei Neustadt zwischen südlicher Weinstraße und Mittelhaardt. Das geht wohl darauf zurück, seit vor mehr als 100 Jahren einer der großen aus Forst (ich meine, es sei Bassermann gewesen) gesagt haben soll, im Süden seien keine guten Lagen und somit keine guten Weine möglich.
Wenn ihr hier von der Pfalz redet meint ihr wohl nur das Weinanbaugebiet Pfalz, also eigentlich nur die Weinstraße. Hier kann ich die Einteilung Nord und Süd mit der Grenze nachvollziehen. In manchen Köpfen ist die auch tatsächlich noch da.
Die geographische Einteilung ist aber eine ganz andere – siehe hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Pfalz_(Region)#Geographische_Einteilung
Genau, ich meinte das Weinanbaugebiet.
Meiner Erfahrung nach bröckelt diese Grenze immer mehr – zum Glück.