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Riesling mit Tschinderassassa

Captain Jean Luc Picard (Mitte) mit der neuen Mannschaft des Raumschiffs Hermannsberg...
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Die Nahe markierte mal Preußens Grenze. So hatte der Norden Deutschlands eine Weinregion. Riesling-Steuermann Felix Eschenauer über ein auferstandenes Weingut Preußens. Und einen sensationell günstigen VDP-Lagenriesling
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Preußen, das Land mit dem alten Fritz. Preußen, das wissen nur wenige, langte einst bis an die Nahe. Und an der Nahe, dem Weinbaugebiet, erinnert man sich mitunter noch an das preußische Erbe. Erinnern darf man wieder; spätestens seit den ersten Tagen der neuen und dem alten Preußen so völlig entglittenen Berliner Republik.

Wie von einer Aussichtswarte blickt man von diesem Ort inmitten wohlarrondierter Weinberge in das enge Tal und den kleinen Ort Niederhausen. Die bizarre Steinwelt der Kupfergrube, der steile Steinberg, die sanft geschwungene Hermannshöhle – eine Perlenschnur der besten Lagen. Mittendrin und obendrüber residiert eine Institution im deutschen Weinkosmos, das VDP-Weingut Gut Hermannsberg.

Königlich-preußische Weinbaudomäne, dann staatliche Weinbaudomäne, zwischendurch Gutsverwaltung Niederhausen-Schloßböckelheim. Die Zahl der Namensvarianten ist lang und Legion. Die Zahl der dort erzeugten Spitzenrieslinge ebenfalls.

Immer auf den Boden hören

Nach einer langen, unglücklichen Phase der Irrungen und Wirrungen will der neue Besitzer von Gut Hermannsberg, der Unternehmer Jens Reidel, mit seinem Team (Geschäftsführung: Oliver Müller, Kellermeister: Karsten Peter) an die Glanzzeiten der Domäne anknüpfen. Um diesen Anspruch gleich doppelt zu unterstreichen, kommt mit dem Jahrgang 2009 eine moderne Interpretation des alten preußischen Etiketts (mit preußischem Hoheitsadler) auf die Flasche. Die neuen Macher von Hermannsberg sagen, man wolle den Potentialen der einzelnen Weinbergslagen die Möglichkeit geben, sich zu entwickeln.

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Die Böden in den beiden Gemeinden Niederhausen und Schloßböckelheim sind extrem heterogen. Von Porphyr und Schiefer bis zu Verwitterungssandstein und Löss findet man hier alles, was ein Geologenherz begehrt. Und erst Recht ein Winzer, dem es nicht Vielfalt genug sein kann. Die Lage „Schlossböckelheimer Kupfergrube“ beispielsweise ist überwiegend von Vulkangestein geprägt und das lässt die dort erzeugten Weine auf eine besondere Art strahlen.

Der Schraubverschluss knirscht zum Ende seiner kurzen Karriere

Mit dem 2009er Schlossböckelheimer Riesling trocken, dessen Traubenmaterial zu 100 % aus der Kupfergrube stammt, aber dank VDP-Klassifikation nur als „Ortswein“ deklariert wurde, kelterte das Weingut folglich einen trockenen Riesling von Format aus einer grandiosen Lage. Und das zum Preis eines besseren Gutsweins. Der blütenweiße Drehverschluss knirscht zum Ende seiner kurzen Karriere.

Im Glas liegt satt ein kraftvoller, würziger Riesling, der trotz seiner Jugend einen eindringlichen Duft verströmt. Die Weine aus der Kupfergrube waren schon unter den Vorgängern des jetzigen Kellermeisters Karsten Peter immer Säfte, die schon in ihrer Jugend vor saftiger Fülle kaum laufen konnten. Also eigentlich etwas zum Aufheben.

Auch der 2009er ist ein Naheriesling von außergewöhnlicher Saftigkeit. Hier findet man die kühle Würze nasser, frisch gehackter Küchenkräuter. Auch ein weißer Pfirsich liegt angeschnitten auf einem nicht mehr ganz neuen Hackbrett, der Stahl des Messers tropft vor süßem Saft. Ein Biss in den Pfirsich, eine Cremeschnitte hinterher.

Pfirsich auf Stahl

Die fast stahlige, durch den Jahrgang in ihrer Schärfe gerundete Säure sorgt für die nötige Balance. Kraftvoller Alkohol (13 %), den man aber nur spürt, wenn man ihn auf dem Etikett gelesen hat. Der Wein hat Spannung, Frucht, Saft. Kurzum alles, was einen seriösen Riesling von der Nahe ausmacht. Nur leider, leider findet man diesen Typus immer seltener. Auf dem Hermannsberg ist man allem Anschein nach auf die Suche gegangen und fündig geworden. Wir sind im ersten Jahr. Und dieser Wein ist eine Steilvorlage. Alles weitere wird die Zeit weisen.

 

Datum: 16.8.2010 (Update 22.8.2014)
 

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