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Reverchon: ein guter Riecher

Hans Maret, Eigentümer von Reverchon.
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Der Captain trinkt edel angereiften Saarwein von Banker Hans Maret, der ein altes Weingut kaufte und zu neuem Glanz führt.
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Der Captain macht es wie Tom im berühmten Zaun-Kapitel des Buchs „Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn“ by Mark Twain – er lässt andere seinen Job machen.

Du erinnerst dich: Tom hat sich geprügelt und wird von Tante Polly dazu verdonnert, einen Zaun frisch zu streichen. Er meistert die Aufgabe, indem er sämtliche Kumpels davon überzeugt, dass es eine Ehre sei, diese Arbeit zu erledigen.

Wie kommt der Captain jetzt auf das?

Der Anlass ist ein Textbeitrag von Eva Bonnet, die der Meinung ist, dass nur gelernte Winzer so genannt werden sollen. Eva erhält reichlich Zuspruch. Aber auch Gegenwind. Auf hoher See ganz normal. Es meldet sich zu Wort: Hans Maret, Eigentümer des alteingesessenen Saar-Weinguts Reverchon.

Seit ein paar Wochen mailen Hans und der Captain hin und her. Hans schickte Flaschen. Und der Captain denkt sich: Heute ist ein guter Tag, einen dieser Weine zu öffnen. Einen, der ihm SEHR gefiel.

Es handelt sich um den vornehmen Filzener Herrenberg Riesling Alte Reben 2017 von Reverchon, der durch die Hände von Kellermeister Ralph Herke ging, der hier auch noch zu Wort kommt. Herrlich angereifter Wein von alten Rebstöcken, die laut Betrieb 50 bis 100 Jahre alt sind. Im Glas satt glänzendes Gelb mit Messingreflexen. In der Nase zarte Altersnoten (phenolisch) mit einem Hauch Fahrradschlauch, dann weiße Blüten, Limette, Zitronenabrieb und etwas Feuersteinrauch. Im Mund substanziell-gelbfruchtig und maulfüllend, dabei frisch und beinahe streng-mineralisch. Das ist gelebte Saar! Mit mehr Luft und steigender Temperatur immer weicher und versöhnlicher. Ich schmecke vollreifen Pfirsich, gelben Apfel und am Gaumen ein faszinierendes Süße-Säure-Spiel, das wie allerfeinster Sekt prickelt. Ganz hinten Orangenschale und ein lang andauernder Abgang. Was für ein sinnliches Vergnügen zum moderaten Preis.

Es ist ein bisschen seltsam. Reife Rieslingweine gehören so ziemlich zum schönsten Trinkerlebnis, das man sich selber organisieren kann, aber irgendwie interessiert das keinen. Auf den Webseiten und in den Shops der Betriebe findet man selten die Kategorie „reif“. Man muss erst nachfragen. Dann ist es meistens so, dass der Wunsch im Handumdrehen erfüllt wird.

So läuft das in der Regel. Aber nicht bei Hans. Hier darf man stöbern und sich gereiftes Zeug raussuchen, ohne vorher fragen zu müssen.

Hans ist einer jener Nicht-Winzer mit Weingut, über die Eva schreibt. 2007 kaufte er Reverchon mit einem alten Herrenhaus und 8 Hektar Weinbergen und nahm sich vor, die alten Zeiten aufleben zu lassen.

Einst galt der Betrieb in Konz-Filzen als einer der führenden Weinproduzenten der Saar. In den besten Hotels und Restaurants Deutschlands waren Reverchon-Weine begehrt.

1967 übernahm ein gewisser Eddie Reverchon die Leitung. Der Mann war seiner Zeit um Lichtjahre voraus, denn er konzentrierte sich auf die Produktion trockener Saarweine aus den Lagen Herrenberg und Steinberg. Nur ließ sein wirtschaftliches Geschick leider zu wünschen übrig.

Das Unternehmen dämmerte vor sich hin und um die Jahrtausendwende war es vorbei: Insolvenz.

Dann kam Hans und mit ihm der Aufschwung. Heute misst die Weinbergsfläche von Reverchon um die 20 Hektar. Haus und Hof erstrahlen in prächtigem Glanz.

Was kann Hans, was andere nicht können? Mit Geld umgehen.

Hans Maret war mal persönlich haftender Gesellschafter der Privatbank Sal. Oppenheim, bevor er das Haus im Streit verließ, weil ihm nicht gefiel, dass man Geld an Karstadt verleihen wollte.

Offenbar hatte er damit einen guten Riecher, denn der Warenhauskonzern zog Sal. Oppenheim mit sich in den Abgrund. Der Geldwirtschaft blieb Maret trotzdem treu. Freunde des Captain, die in der Bankerszene arbeiten, halten Maret für ein Schwergewicht. Was auch immer das heißt.

Komm zum Thema, Captain! Was hat der in Trier geborene Hans Maret der stolzen Winzerin Eva Bonnet aus Hambach zu erwidern? Am besten, er legt das in eigenen Worten dar:

„Eva Bonnet und die vielen anderen engagierten echten Winzer haben meinen größten Respekt, sind sie doch letztlich das Rückgrat der deutschen Weinkultur. Dennoch sei es erlaubt als weinaffiner Gutsbesitzer (ich würde mich nie als Winzer bezeichnen) anzumerken, dass es ohne Engagement und Herzblut weinverrückter Investoren auch nicht ginge und übrigens historisch auch nie gegangen wäre. Den exzellenten Weinbau in unserer Region an den kostenintensiven Steillagen von Saar und Mosel – und nur da kenne ich Historie und Fakten – gäbe es heute ohne das Engagement von Roman Niewodniczanski bei Van Volxem, Günther Jauch bei Othegraven, Georg Thoma bei Cantzheim, Albert Behler im Karthäuserhof oder von mir bei Reverchon nicht mehr. Auch im 18. und 19. Jahrhundert haben die von Schorlemersin Lieser, die Kesselstadts an der Ruwer, die Rautenstrauchs in Eitelsbach, die von Schuberts in Grünhaus oder die von Othegravens in Kanzem oder wie auch immer die Inhaber berühmter Moselweingüter seinerzeit hießen, ihre Existenzgrundlage nicht im Weinbau gehabt, sondern sich ihre Liebe zur Region und zum Kulturgut Wein etwas kosten lassen. Also bitte nicht so simpel schwarz-weiss: die lieben echten Winzer hier und die eitlen Investoren mit ihrem angeheuerten winemaker dort. Es ist schwer genug im ökonomischen Spannungsfeld von übermächtigen Supermarktketten und preisaggressiven Weinimporten aus aller Welt den heimischen Weinbau hochzuhalten. Es braucht beides – die engagierteren echten Winzer und die weinverliebten Investoren, um die heimische Weinkultur hochzuhalten und um unsere kompetenten und sachkundigen Kunden weiter vom tollen deutschen Wein zu begeistern.“

Danke, Hans!

Und jetzt sagt der Macher meines gereiften Abendweins, Reverchon-Betriebsleiter und Önologe Ralph Herke,was er über die Diskussion um den Begriff Winzer denkt:

„Ich habe einen Teil meiner Ausbildung bei Hans-Günter Schwarz im Weingut Müller-Catoir absolviert. Der war und ist sein ganzes Weinleben lang angestellter winemaker bei Weinenthusiasten gewesen und hat nebenbei noch eine Vielzahl Önologen ausgebildet. 21 Jahre lang arbeitete ich als Kellermeister im Weingut Schloß Vollrads, davon 5 Jahre für Erwein Graf Matuschka-Greiffenclau. Der war auch kein gelernter Winzer aber ein bedeutender Visionär für den deutschen Weinbau.“

Auch dir danke, Ralph! Der Captain nimmt noch einen Schluck von seinem 2017er Herrenberg und denkt nach. Würde er ein Weingut kaufen, wenn er sich das leisten könnte?

 

Datum: 1.4.2021 (Update 19.2.2022)
 

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