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Rettet den Mittelrhein!

Hier sieht man, was "Weltkulturerbe" heißt.
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Unser Weintester Felix Eschenauer reiste an einen wunderbaren Ort namens Oelsberg, wo ein köstlicher Riesling wächst.
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Wer in Koblenz die Bahn besteigt und in Richtung Mainz fährt, der hat eine der schönsten Bahnstrecken Deutschlands, wenn nicht Europas vor sich.

Durch eine der wildesten Weinlandschaften der Welt. Und er kann einen letzten Blick auf die Arbeit vieler Generationen werfen. Denn die Weinberge wird es nicht mehr lange geben. Kaum ein Anbaugebiet ist so vom Schwund der Rebflächen betroffen wie der Mittelrhein.

Es ist das kleinste der deutschen Anbaugebiete. Und jenes mit der geringsten Reputation.

Fragt eure Freunde in Berlin, Hamburg oder München, ob sie Rieslinge aus Boppard, Bacharach oder St. Goar kennen. Ich vermute, wir kennen die Antwort. Obwohl es eine jährliche, öffentliche Verkostung der besten Weingüter gibt und obwohl die Gegend den Status des UNESCO-Weltkulturerbes besitzt, sind die feinsten Produkte dieser Winzer überregional kaum bekannt.

Eine Schande, ist doch gerade der Mittelrhein-Riesling unverwechselbar. Die feste Struktur, die rassige, markante Säure, die pikante Würze des Schiefers und eine herrliche Frucht prägen die typischsten Weine hier

Die alten Städte mit Wehrmauer, gotischer Kirche und Burgruine, der breite Rhein, das alles gibt eine wunderbare Kulisse ab. Aber genau unter all diesen Attraktionen hat der Wein am meisten gelitten. Oder anders: Unter den Touristen, die für einen Tag ins Tal einfallen, nach der Loreley noch einen Abstecher in einen der Orte machen und billig verpflegt werden wollen.

Noch dazu gibt es hier nur steile, schwer bewirtschaftbare Lagen, deren harter Fels nur die Anlage von Terrassen zulässt. Das macht es jedem Winzer schwer. Und viele Erben wollen das Erbe gar nicht antreten.

Doch es tut sich was. In den letzten Jahren hat sich auch die einheimische Gastronomie geändert. Mittlerweile gibt es in so gut wie jeder kleinen Stadt wenigstens ein interessantes Restaurant, das auf die lokalen Produkte setzt. Auf Wildschweinbraten statt Jägerschnitzel und auf heimischen Obstbrand statt industriellen Schnäpsen. Und auf Riesling aus der Ortslage statt auf unbestimmten Markenwein. Ein Lichtblick, gewiss. Aber es wird die Weinberge nicht retten.

Die Initiativen des Landes und auch der Deutschen Bahn, ehemals bedeutende Lagen wie den Oberweseler Oelsberg zu rekultivieren, tragen aber dazu bei, dass sich auch Winzer aus anderen Regionen für den Mittelrhein interessieren. Das Flurbereinigungsprojekt „Oelsberg“ beinhaltet auch die Querterrassierung der Lage. Das ist der Versuch, auch extreme Steillagen maschinell bearbeitbar zu machen, indem die Rebzeilen quer zum Hang angelegt werden.

Maschinell? Das klingt wenig romantisch. Aber die Handarbeit will sich keiner antun. Dann müssten die Rieslinge zumindest zwei Drittel mehr kosten (wie in Österreich schon jetzt der Fall). Aber der deutsche Konsument denkt nicht daran, für deutsche Weine mehr Geld auszugeben.

Winzer Axel Schweinhardt aus Langenlonsheim (an der Nahe), hat Anfang der 1990er Jahre mit ausgezeichnetem Weißburgunder von sich Reden gemacht. Nun wagte den Sprung an den Rhein und bewirtschaftet gleich drei großartige Hänge: Goldemund, Backofen und Oelsberg.

Insbesondere der markante, würzige Oelsberg macht seinem Namen alle Ehre. Der Wein steht mit einem satten Gelb im Glas, dem ein würziger Duft nach nassem Schiefer und Waldbeeren entströmt.

Reifer, roter Weinbergspfirsich lässt ihn fetter wirken als er tatsächlich schmeckt. Der moderate Alkoholgehalt von 11 Volumenprozent bei einem Restzucker von rund 8 Gramm pro Liter sorgt trotz der reifen, süßen Frucht für sehr guten Trinkfluss. Die ausgereifte, präsente Säure tut ihr Übriges dazu. Schwarze Johannisbeere, Küchenkräuter und eine Spur Vanille machen den Oelsberg mitunter zu einer zwiespältigen Erscheinung. Auf der einen Seite hat der Wein etwas kühl-mineralisches, auf der anderen Seite zeigt er diese runde, süßliche Frucht.

Axel Schweinhardt hat hier jedenfalls etwas getan, von dem ich hoffe, dass es Schule machen wird. Er hat sich auf Lage, Landschaft, und Tradition eingelassen, getrieben von dem Willen, alles erhalten und pflegen zu wollen. Und das ist viel in diesen Tagen. Denn in jedem Jahr stirbt am Rhein ein weiterer Weinberg. Bald stehen nur mehr die Terrassen. Und sie stehen leer.

 

Datum: 18.8.2016 (Update 18.8.2017)
 

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