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Die Debatte tobt. In den einschlägigen Foren – aber auch bei Promi-Weinbloggern wie Dirk Würtz – bastelt man an Diskursen. Grund hierfür ist wieder mal eine neue Statistik, die besagt, dass immer mehr Konsumenten ihren Wein nicht mehr beim Fachhändler ihres Vertrauens, sondern im Supermarkt und beim Diskonter kaufen. Und man fragt sich, was die Gründe hierfür sind. Ist doch der Fachhändler eigentlich zuständig für das Verkaufen guter Weinflaschen. Er kennt sich aus, berät, lässt kosten, tut also alles, was man tun muss, um den Wein fachgerecht und freundlich an die Frau und den Mann zu bringen. Warum funktioniert das immer seltener, warum laufen die Kunden davon?
Man muss da gar nicht viel nachdenken: Jeder zweite deutsche Weinladen vermittelt gleich, warum er nicht funktionieren kann. Viele Weinhändler sind nicht in der neuen Realität der Weinkonsumenten angekommen. Es handelt sich um die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen. Jeder, der in Frankreich, Italien oder Österreich die Weinszene, den der Szene angeschlossenen Weinhandel beobachtet, weiß, wie weit die deutschen Händler vom Thema entfernt sind. Das mag ein Versäumnis sein. Man kann die Situation aber schnell ändern. Jemand wird die Situation bald ändern.
Noch immer betritt man einen Weinladen in Deutschland mit dem Gefühl, hier etwas Hochwürdiges erleben zu dürfen, eine sehr geheime Welt der Weine zu betreten, die nur Eingeweihten wirklich offen steht und die der Laie mit entsprechender Demut zu quittieren hat. Das liegt mitunter (aber immer seltener) auch am Getue der Verkäufer, die sich als wahre Kenner der Materie gebärden, obwohl sie der Konsument schnell als Schwätzer entlarven kann.
Dunkel und verschwörerisch
Weinläden in Deutschland gleichen oft Modellbahnläden, wo sich Männer treffen, die dann staunend das neue Modell der 1080er E-Lok betrachten. Oder über ein Viadukt von Faller staunen. Auch ist es ähnlich dunkel und verschwörerisch. Was hat ein normaler Konsument hier zu suchen, der sich an lichte und helle Supermärkte gewöhnt hat? Warum soll er den Logenbrüdern in die Katakomben folgen?
Zudem die Weinhändler oft sehr seltsame Empfehlungen aussprechen. Den Deutschen ist die Lust eigen, mittelmäßige Produkte und Schnäppchen zu großen Entdeckungen hochzustilisieren. Der Captain will ein Beispiel geben, das sicher wieder einen Aufschrei provoziert. Das Beispiel heißt Nero d´Avola, ist eine eher traurige Traube (ist ja gut, Michael Liebert, es gibt Ausnahmen!) mit sehr vordergründigen Eigenschaften, die sich kühl gut trinken lässt. Weil Nero d´Avola aber nie einen richtig großen Wein hergeben wird, bleiben die Flaschen auch stets günstig.
In Deutschland wurde dieser Nero d´Avola zu einer Art Kultwein mittelinformierter italophiler Weintrinker. In den italienischen Lokalen der Hauptstadt prosten sich gut situierte Leute mit den Worten „Aaah, das ist ein echter Nero d´Avola!“ zu, als tränken sie den Trunk der Götter. Das muss ihnen jemand eingeredet haben. Und der Captain weiß auch, wer ihnen das eingeredet hat.
Sofort eintauschen
Der Captain ist sich sicher, dass alle Nero d´Avola-Fans einen wuchtigen 2006er Nero für 15,60 Euro sofort gegen einen 2006er Villa Antinori für 13,95 Euro tauschen würden. Und das hat einen einfachen Grund: Der banale 2006er Villa Antinori schmeckt einfach besser. Da hilft auch das ganze autochthone Geschwafel nicht. Und auch nicht die Imagination der Sonne des Südens, der Zitronenbäume, des Pinienkern-Lebens im Schatten der organisierten Kriminalität. Für den Captain ist das Hochfurzen des Nero d´Avola auch eine Art organisierte Kriminalität.
Es ist egal aber – so will ich´s nicht mehr haben…
Und wenn auch nur ein einziger Konsument mal eines Abends keine Zeit mehr hat, um beim Weinhändler seines Vertrauens vorbeizuschauen und statt dessen bei Edeka nach einem Villa Antinori greift, dann wird er schon am nächsten Tag nicht mehr zu seinem Weinhändler zurückkehren. Und danach die ganze Palette von Edeka ausprobieren. Zwei, drei gute Weine wird er finden. Das langt ihm. Und er muss sich auch nicht mehr das Geschwätz anhören. Das Geschwätz vom einzigartigen Terroir des Nero d´Avola, von der fantastischen Lage des neuen südfranzöischen Weinguts, das der Händler erst kürzlich bei einer Reise entdeckt hat , von der Virtuosität des spanischen Önologen, den er neuerdings besser kennt. Das ist ihm dann schnuppe. Dem Konsumenten.
Das ist schade. Unwidersprochen schade. Doch der Captain hat keine gute Nachricht für den Weinfachhandel. Ein Blick nach Österreich reicht, um zu sehen, wie es kommen kann. Und nach Meinung des Captains auch kommen wird.
Was längst notwendig ist…
In Österreich hat vor nun bald 20 Jahren der große Weinhändler Wein & Co (dessen Onlineshop ein Werbepartner des Captain von der ersten Stunde an ist) das gemacht, was in Deutschland längst Not tut. Er hat den Weinfachhandel ins Leben getragen. Und die alten verstaubten Vinotheken – bis auf wenige Ausnahmen – liquidiert. Jene, die es noch gibt, haben sich spezialisiert oder können auf einen guten und treuen Kundenstock zurückgreifen. Einige kleine Vinothekare (etwa Unger & Klein in Wien) machen es wie Wein & Co und unterhalten in der Vinothek eine gastronomische Sektion, die brummt und Geld bringt. Aber dafür muss man eben Humor haben. Und der fehlt den deutschen Weinfachhändlern wie ein Bissen Brot. Und auch die Bereitschaft zur erweiterten Dienstleistung.
Denn wer sieht, wie bei Wein & Co die Post abgeht, wie gut die an das helle und transparente Geschäft angeschlossene und größtenteils integrierte Gastronomie funktioniert, der begreift, was zu tun ist – eine Tür zum Wein über das bacchantische Vergnügen des Ad hoc-Konsums zu öffnen; die Nebenwirkungen greifen zu lassen. Also Fröhlichkeit und Sex. Wenn man dazu noch was Gutes zu Essen kriegt (ein bisschen Schinken und Käse ohne viel Tamtam auf den Tisch gestellt), nimmt man mehr als eine Flasche mit. Wer das nicht glaubt, kann sich in Wien tagtäglich davon überzeugen.
Keine Frage der Mentalität
Und der Captain glaubt nicht, dass die Mentalität da noch groß eine Rolle spielt. Deutschland hat sich in den letzten zwanzig Jahren dramatisch mediterranisiert, es ist längst an der Zeit, dass der Weinfachhandel da nachzieht. Denn sonst hat schon bald einer die Idee und gründet in Deutschland ein ähnliches Unternehmen wie Wein & Co. Da reichen zehn Premium-Stores in großen Städten. Der Erfolge wäre nicht enden wollend, dafür sorgt schon die Neugierde der Deutschen. Und ihr stetig wachsender nationale Markt, der immer bessere Winzer hervorbringt.
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Das war es auch, was Wein & Co in Österreich groß machte: Der stetig wachsende Markt guter einheimischer Winzer. Sie alle wollten an einem Ort repräsentativ gemeinsam präsentiert werden. Und weil es diesen Ort in Deutschland nicht gibt, boomt der Online-Weinhandel.
Ein großer Händler wie Wein & Co hat nicht nur Vorteile. Die Winzer erfahren durch seine Marktdominanz viel Preis- und Lieferdruck; kleine Regionen und Besonderheiten bleiben außen vor. In Österreich gibt es nur noch wenige Vinotheken, die ihre Klientel mit raren Ausnahmeweinen verwöhnen, welche noch für Überraschungen sorgen, die ein großer Händler gar nicht bieten kann. So sehr er sich auch anstrengen mag.
Hell, freundlich, sexy
Der Captain glaubt, dass sich der deutsche Weinfachhandel wandeln muss, dass er die Läden hell und freundlich machen muss, dass er lauter auftreten muss, dass er zig Flaschen aufreißen muss und eine eigene und gut sichtbare Kleingastronomie integrieren muss, dass seine Vinotheken so werden, wie eine italienische Küche, wo man gerne zusammenkommt, um zu trinken und zu essen. Ein Lokal der Entspannung, wie ein großer Holztisch mit vielen Gläsern drauf.
Der deutsche Weinmarkt wartet darauf, von einem großen Player eingenommen zu werden. Der Captain glaubt, das ist nur noch eine Frage der Zeit. Die, die danach überleben, werden selbst zum Wandel beigetragen haben. Doch damit müssen sie jetzt schon anfangen. Heute.
betrachtet man sich deutsche weinläden und man findet dann dort immer die gleichen (nicht unbedingt schlechten) weingüter, die der kunde sich genauso gut günstiger woanders besorgen kann, wunderts eben nicht…
viele weinhändler haben angst vor veränderung und setzen auf altbewährtes…..
Den Aspekt des kulinarischen, die Verbindung von Essen und Wein vereinen wir schon seit Jahren in unserem Laden. Unsere Gutsweinproben inkl. Buffet bzw. 5-Gang-Menü (max. 20 Personen) sind schon bis Juli ausgebucht, Geschäftskunden buchen diese Events mittlerweile auch privat. Es ist also Bedarf da und über diese Gechichte haben wir uns auch von Anfang an profiliert.
Sehr gut! Ich sage es ja schon lange, so geht das nicht mehr weiter, oder anders ausgedrückt:“Es ist nicht nur der Kunde, dem oftmals jegliches Wissen und Inspiration fehlt, es ist auch sehr oft derjenige auf der anderen Seite der Verkaufstheke. Immer die gleichen Weine, oftmals immer die gleichen – teilweise falschen – Informationen, ein Gehabe, als ginge es um eine Audienz bei der Königin.“So habe ich es in meinem Beitrag formuliert http://wuertz-wein.de/wordpress/2011/03/24/fachhandel-vs-supermarkt/
Wenn morgen die ProWein beginnt, geht es im Übrigen wieder los, dieses unglaublich wichtige und heilige Getue rund um das eigentlich kurzweilige Produkt Wein. Da kannst Du noch so angestrengt versuchen Spaß zu vermitteln, viele sind da leider immer noch völlig humorlos. Gestern habe ich in einem kurzen Beitrag auf dem SWR gesagt, Wein muss Spaß machen und tut es auch. Heute morgen bekommen ich E-Mails und Anrufe, wie ich sowas sagen könnte…
Hallo Captain,
ich denke, die Wahrheit ist in D noch viel banaler. Bis auf wenige Fachhändler, die sich ganz gut positionieren konnten (z.b. Kreis & Krämer, Pinard de Picard, Frankfurt/Wein, Weinhalle…) ist der Ladenbasierte Fachhandel auch nicht mehr notwendig. Die Freaks kaufen eben über das www ein oder direkt beim Winzer. Die 3,99 Kunden sind für den Fachhandel eher uninteressant. Alles dazwischen erodiert eben.
Grüße
MatA
Und – wer und wo sind Sie?
In Frankfurt, mit 2 Läden: http://www.gutsweine.com Gruß
Der klassische nur Laden-Weinfachhandel hat ausgedient. Die großen mit sehr gutem WWW-Angebot werden bleiben. Den Rest holt sich der selbständige LEH.Die Leute aus dem sLEH sind es gewohnt immer einen Schritt weiter zu denken. Der LEH hat seine Kunden mit Markenweinen gebunden, Weine die mittlerweile fast fehlerfrei und überall, zu 3,99 verfügbar sind. Die Kunden wollen dann auch mal etwas besseres. Wenn dann, im LEH auch mal ein VDP Weingut oder eben der Antinori im Laden steht, was braucht der Kunde da noch den Weinfachhandel, wenn da auch nur VDP und Antinori steht. Der ganz schlaue sLEH importiert dann auch noch seine Weine selber und dann sieht es für den Fachhandel ganz alt aus. Und ihr glaubt gar nicht wie gut der Fachhandel von 3,99 Weinen leben könnte, wenn er sie denn mal in guter Qualität anbieten würde.
„Sie alle wollten an einem Ort repräsentativ gemeinsam präsentiert werden. Und weil es diesen Ort in Deutschland nicht gibt, boomt der Online-Weinhandel.“
das ist für mich der hauptgrund- vermehrt online zu kaufen
eine echt gute analyse, lob, lob, lob
und jetzt ab an den herd….
Was heißt LEH? Ist das hier auch eine Geheimloge oder ein Portal für interessierte Weintrinker?
Wenn ich nur Wein & Co les ziehts mit schon die Grausbirne auf. Inkompetente, schnell mal angelernte und dabei noch präpotente Verkäufer, stehend gelagerte Flaschen und das ganze zu völlig überzogenen preisen …
Das hier als den Gral der Weisen anzupreisen…
Ich kann’s mir nur mit einem Dienst für einen treuen Inserenten erklären.
Wann bitte kommt dann der Artikel für Wagner, den Wucherer aus dem Salzkammergut?
Glücklicherweise gibt es sie nämlich immer noch und überall, die kleinen Weinhändler mit einem liebevoll ausgesuchten Sortiment, einer gut sortierten Liste zur verkostung stehender offener Weine und einer Klientel mit sich immer ein kurzweiliges Gespräch über unser aller liebstes Thema fuhren lasst.
Man muss diese Weinhändler halt nur suchen.
Aber unser aller Käpt’n ist mal wieder am polemisieren. Aber hat schon auch recht, wenn er so manchen Weinladen mit einer Sektierer-Loge vergleicht.
genau so sieht es aus in D ! Wein&Co ist ein Beispiel wie es perfekt funktionieren kann, wobei dort zum größten Teil auch nur bekanntes feilgeboten wird.
Überall in D gibts es Biergärten, es wird von einer „Biergartenkultur“ gesprochen. Wenn es gelingt eine ebenso ungezwungene Atmosphäre im Bereich Wein zu generieren ist der Erfolg vorprogrammiert.
Das Produkt Wein zu entmystifizieren wird aber leider noch einige Jahr(zehnte) dauern und bis dahin sind uns viele Kunden für dt. Wein verloren gegangen.
Ja, Herr Würtz, Sie mögen ja bei diesem mitunter „heiligem und wichtigem Getue“ durchaus Recht haben. Aber dieses krampfhafte und aufgesetzt-lustig-lockere Getue von „junggebliebenen“ 40-Plussern in der hiesigen Weinszene empfinde ich ebenso, wenn nicht sogar deutlich fader als den klassischen deutschen Weinmuff. Es sind in letzter Zeit, nach meinem Geschmack, einfach zu viele davon geworden. Wenn ich „wir sind locker, wir sind lustig, wir sind Wein“ auf Knopfdruck brauche, gehe ich lieber auf eine traditionelle Karnevalssitzung.
Lieber Marienkäfer, ich pflege diesen lockeren Umgang und den Spaß am Wein schon so, seit ich angefangen habe mich mit dem Thema zu beschäftigen. Was kann ich dafür, dass ich alt werde! Aber mal ernsthaft: Ich sehe aber nicht so viele, die Sie da beschreiben. Wo ist denn der krampfhaft, aufgesetzt lockere Umgang. Ich sehe nur, hier im web 2.0, einen „Demokratisierungsprozeß“ und ein gleichzeitiges Fallen alter Meinungshoheiten in Sachen Wein. Das ist doch klasse und bringt Abwechslung.
Spannend! Einige Fragen: warum gibt es keinen, der das Konzept von Wein & Co hierzulande erprobt? Ist der Leidensdruck nicht groß genug? Oder warum versuchen Wein & Co nicht selbst zu expandieren?
Werden wir wirklich einen „Verdrängungswettbewerb“ im Handel erleben oder nur etwas Schrumpfung? Vielleicht gibt es ja nicht nur Jungwinzer die für einen Generationenwechsel sorgen sondern eine Reihe von „Junghändlern“, die die alten Läden mit neuem Leben füllen?
Totgesagte leben manchmal länger.
Lieber Würtz, wo und wer sind „Meinungshoheiten“ in der hiesigen Weinszene? Als ob Scheuersuppmann überhaupt keinen Spaß bei Wein empfinden könnte, oder wie jetzt? Gegen wen muß man sich denn jetzt fröhlich und heiter auflehnen oder gar „demokratisieren“, so wie Sie es schreiben. Erlebt die deutsche Weinszene ihr eigenes Tunesien, Ägypten und Libyen? Vielleicht bin ich ja noch zu jung, um das Anliegen Ihrer lockeren (Wein)Generation zu verstehen.
Lieber Marienkäfer, warum denn gleich so aufgeregt. Wer redet denn von Herrn Scheuermann oder Herrn Supp? Natürlich haben die Spaß am Wein – und wie! Habe ich das in Abrede gestellt? Nein, habe ich nicht. Ich sprach ganz deutlich vom web 2.0 im Kontext mit dem Demokratisierungsprozeß. Früher, vor der 2.0 Zeit, waren Weinpublikationen in gedruckter Form ausschließlich von Journalisten gemacht. Die hatten damit in der Publikationslandschaft die Meinungshoheit. Diese Publikationslandschaft hat sich (web 2.0) nachhaltig verändert. Jeder kann, wenn er möchte und Zeit dazu hat, seine eigene „Weinpublikation“ erstellen. Manche davon werden so stark gelesen und besucht (siehe das Schiff hier), dass aus einer Meinungshoheit (früher) eine Meinungsvielfalt geworden ist. Und die macht Spaß, weil viele dieser neuen „Publizisten“ eine sehr andere Herangehensweise an das Thema haben. Das hatten sie früher auch schon, aber da hat es keiner registriert (kein web 2.0). Und gegen ein wenig Spaß kann doch keiner was haben, erst Recht nicht im Rheinland, oder? Vielleicht hatte ich mich vorhin nicht deutlich genug ausgedrückt, aber ich denke jetzt müßte klar sein, was ich meine.
Ihren Vergleich mit den arabischen Staaten finde ich bei einem so unwichtigen Thema wie Wein übrigens ein wenig…na sagen wir mal… schwierig. Oder war das Satire, respektive Ironie?
Lieber Captain,
Warum kannst Du nicht mal am Samstag vor der ProWein ein wenig Ruhe geben? Blödes Wein2.0… Aber jetzt zum Wein. Du vergleichst Äpfel mit Birnen. Nix gegen den 2006er Villa Antinori, wie Du bei mir nachlesen kannst. Aber wer kraftvolle, beerige Wein mag, der wird von ihm enttäuscht sein. Dem gefällt ein Nero d’Avola von Morgante besser. Und da muss es gar nicht der gute sein, der normale tut es auch. Und der kostet etwa 8€.
Es wird sich im Fachhandel was ändern müssen, da sind wir uns einig. Ob ein Konzept aus den 80er Jahren, wie das von Wein & Co dafür taugt ist die andere Frage. Die Wein & Co’ler sind wohl nicht der Meinung, sonst hätten sie die seit Jahren angekündigt Expansion nach München bzw. Bayern schon mal durchgezogen. Blöd sind sie ja nicht, die Österreicher…
Und übrigens, wer wissen will, wie die Toskana schmeckt, der muss nicht Villa Antinori von der EDEKA trinken. Für den hab ich kürzlich mal 6 Chianti Classico zusammengestellt. Alles kleine Weingüter und nur im Fachhandel bzw. bei gut sortierten online-Händler zu bekommen: http://michael-liebert.de/weintipps/chianti-classico-6-weine-und-sie-lieben-die-toskana/
Der stationäre Fachhandel ist einfach zu teuer – warum soll ich 2 EUR auf den Flaschenpreis ab Hof bei deutschen Weinen, die eh im VdP-Bereich preislich deutlich angezogen haben (der Guts-Riesling von Wittmann kostete 2010 9 Eur und schmeckt keinen Deut besser als für 11 DM vor gut 10 Jahren) draufzahlen. Also kaufe ich nur Einzelflaschen zur Verkostung. Der Preis zählt – nichts anderes. Insofern sind Versender wie weinhalle oder pinard auch zu teuer, können das aber noch mit Image und Geschwurbel kompensieren.
Würtz-Weine fallen eh unten durch, viel Wirbel um rheinhessischen Durchschnitt.
also wenn wein&co die zukunft ist, dann gute nacht.
standardprodukte (müssen ja nicht schlecht sein) mit… äh …“origineller“ preiskalkulation – gut dass man’s aus tirol nicht weit nach südtirol hat.
und über beratungs“kompetenz“ rede ich schon mal gar nicht..
Und übrigens, wer wissen will, wie die Toskana schmeckt, der muss nicht Villa Antinori von der EDEKA trinken. Für den hab ich kürzlich mal 6 Chianti Classico zusammengestellt. Alles kleine Weingüter und nur im Fachhandel bzw. bei gut sortierten online-Händler zu bekommen: http://michael-liebert.de/weintipps/chianti-classico-6-weine-und-sie-lieben-die-toskana/
FTD – lach! Kein Wunder, dass diese Schülerzeitung unterhalb der Wahrnehmungsgrenze agiert. Wenn, dann bitteschön FT, das Original. Und die lähmen ihre Leser garantiert nicht mit obskuren Kürzeln.
Geht es den kleinen Weinhändlern wirklich schlecht oder wird nur gejammert?
Einen netten Test finde ich übrigens immer wieder, wenn Ihr allesamt männlichen Leser (okay, wie ich) mal Eure Freundin/Frau fragen würdet, in welchen Weinladen sie ALLEIN reingehen würde und warum. Ist sehr aufschlussreich…
Wer sehen will, wie die „neue“ Idee in großem Stil funktioniert, gute Sachen ungezwungen zu verkaufen, sollte mal bei „Pain Quotidien“ (http://www.lepainquotidien.com/) nachschauen. Aus einem Laden in Brüssel entstanden, sind sie jetzt in 19 Ländern präsent. Und das Niveau ist weiter da.
Nicht, dass ich das als generelles Vorbild für die Weinszene ansehen würde. Aber wer sich nur ein Funken für Marketing interessiert, Pain Quot‘ ist meiner Meinung nach ein ideales Studienobjekt.
Liebe Leute
Die Verbindung von Gastronomie und Wein ist in Deutschland halt auch aus gesetzlichen Gründen etwas schwieriger als in Österreich, vielleicht sollte man sich da erst mal schlau machen bevor man einen Artikel schreibt? Ich nenne jetzt nur mal Parkplatzablöse, Gastrolizenz, Toilettenanlage … Und dass in der Gastronomie das große Geld verdient wird mit dem man den Handel sozusagen quersubventionieren könnte sehe ich auch nicht unbedingt. Übrigens gibt es den Versuch dieses Konzept in Deutschland umzusetzen auch schon, siehe z.B. „Villa Vinum“ oder „der Weinkommissar“.
Mich würde es auch mal interessieren, wann der Schreiber hier zum letzten Mal im Fachhandel war? Wo sind denn die dunklen Höhlen? Wo sind die unfreundlichen Verkäufer? Aber solche Polemiken hören sich natürlich immer attraktiv an, die dummen, unmodernen Händler, ist ja auch für viele Einkäufer eine schöne Ausrede, dass man nicht in den Fachhandel geht. Ja es liegt nicht nur am Händler, auch die Verbraucher sollten sich überlegen was sie machen, wenn sie den Fachhandel nicht unterstützen.
Es gibt auch nicht nur das eine richtige Konzept, wie es hier ja auch suggeriert wird, da kommt es auch sehr auf den Ort an und den Standort des Ladens.
Lieber Captain,
hat nicht womöglich der Diskurs um Wein – verkopft, grundsätzlich, prinzipienfest, standpunkttreu – den Diskurs um Adorno (als Synonym für etwas Grundsätzliches, das Leben gesamthaft Berührendes, die Frage nach „richtig“ oder „falsch“, vor allem nach Alternativen und Utopien) abgelöst? Wenn man sich nicht auf die grossen Fragen und Hoffnungen stürzen kann (was ich sehr schade finde), bildet der individuelle Genuss ein Rückzugsgebiet, ein Refugium. Da macht man mit ähnlichen Mitteln und Argumenten halt weiter – vielleicht wirklich typisch deutsch. Finde ich aber authentisch, ehrlich. Wein als Diskussionsthema , das nach allerlei Einsichten über die Hoffnungslosigkeit der Veränderbarkeit von Weltzuständen bleibt – für mich nachvollziehbarer als der Einbruch der Genuss- und Spassideologie auch auf dieses Thema. Ich fände es schade, wenn dieser Ansatz gerade in diesem Forum keinen Platz hätte.
In diesem Forum, auf dieser Seite, wird jeder Richtung Platz gegeben..
Die kleinen Weinhändler haben – so wie die kleinen Weinbauern – zwei Chancen:
Sie sind Universalgenies (eher schwierig)
oder sie suchen sich eine Nische, dort können sie dann besser sein als der große Handel.
Wer seinen Job gut macht und das Ohr am Markt hat bleibt auch attraktiv. Vieles ist hausgemacht und evolutionär. Veränderung gehört dazu und ist das einzig Konstante. Was immer wieder fehlt ist gelebte und ernsthafte Partnerschaft zwischen Erzeuger und Handel. Statt dessen herrscht Ehrgeiz, Eitelkeit und Wachstumswahn auf allen Vertriebsebenen.
Und bitte nicht immer nur in die Urbanen Centren zum schauen gehen, auch auf dem Land gibt es engagierte Konzepte, da ist es manchmal viel schwerer wirklich gute Ideen umzusetzen. Macht es euch alle nur nicht zu einfach……… „Der einzige Beweis für das Können ist das Tun“ (Ebener-Escenbach)
Der Captain wird zum Ahab – ist es der Streß der angespannten Vision, die hinter jeder von lauen Windchen hervorgerufenen Gischt schon Moby Dick vermutet, oder wurde zuviel Treibstoff (womöglich von Antinori) getankt? Wer ruft den Schiffsarzt? Was ist der Klebstoff, der diese ganz unterschiedlichen Diskurse verbindet: wieso soll das Problem muffiger Kleinkrämer (gibt es) ausgerechnet durch tendenziell unterbezahltes, qua Arbeitsanleitung zum ostentativen Optimismus verpflichtetes Personal von Weinhandelsketten gelöst werden, was verleitet zu der traurigen, tausendfach widerlegten Propaganda, die Discounterisierung des Lebensmitteleinzelhandels (deutsche Sprache, lange Wörter) führe zu besserer Qualität, Service, Preisen (im besten Falle während der Verdrängungsphase) usw. usw.
Es ist das Ressentiment, das die Diskurse zu dieser schrecklichen Pampe verklebt, vielleicht nicht das Ressentiment des Captains, aber doch das des anvisierten Klientels. Da beschwert sich doch ernsthaft einer, ein Winzerwein koste 2 Euro mehr als beim Winzer – der Rohertrag des kleinen Weinhandels ist auf dem Niveau des Buchhandels, soll er sich mal nach der Preiskalkulation im Bekleidungs- oder Schuhandel oder bei der Autoindustrie erkundigen, manometer. Und wie sollen, bitteschön, die handwerklich gemachten Weine der 5-20 Hektar-Winzer zur Mengen-, Distributions- und Preislogistik von Weindiscountern passen können? Zu deren Weinen gibt es keine Winzer mehr, die man besuchen könnte.
Es ist das größtenteils von Männern (mich eingeschlossen) veranstaltete, muffige, kennerschaftliche, distinktionsgewinnlerische Milieu der deutschen Weinszene (das blüht vor allem in den Teilen, in denen es keine gewachsene Alltagsweinkultur gibt) das mal durchlüftet gehörte. Auch auf eurer Pequod müffelt es gehörig – ihr werdet von den wendigen Fregatten des anderen Geschlechts überholt werden. Bemüht euch ein wenig, dann werden ihre Besatzungen vielleicht mal zu einem freundlichen Entern ansetzen, oder es wird eine echte Meuterei geben, falls ihr nicht in den Weiten des Meeres verschwindet, ihr seid gefährlich nah am Bermuda Dreieck, da werden auch Socken gewaschen…
In apokalyptischem Frohsinn – ein kleiner Weinkrämer
Nichts dagegen geentert zu werden. Und Sie sind auch an Bord und lesen fleißig, nehmen sich sogar die Zeit, den meist gelesenen (ein paar tausend Mal) Artikel des letzten Monats sehr spät mit einem amüsant-intelligenten Kommentar zu versehen. Trotzdem bleibe ich dabei: Ein Weinladen darf nicht dunkel und muffig eine Art Geheimwissenschaft transportieren, sondern muss sich hell, transparent und mit kleiner, guter Gastronomie dem Frohsinn des Lebens ergeben. Ich kann nur raten, zu diesem Zweck nach Österreich oder Italien zu fahren. Nicht nach Frankreich, denn dort ist es auch dunkel und muffig. Das hat aber seine Gründe. Und seine Wahrheit..
…habe heute von einem dicken Weinhändler vernommen, dass Umsatzrückgang von 18% derzeit. Normalerweise rechnet man mit 10% plus im Jahr. Und den gibt es schon sehr sehr lange. Sieht somit für 2011 schwierig aus. Kann es derzeit in diesem Ausmaße aber nicht bestätigen.
ist eher eine Ausnahme, was ich so höre..
….finde die Diskussionen und Ansichten hier sehr interessant. Ich finde, dass das Weinbusiness als sehr einfach und bequem eingestuft wird. Quasi, mache einen Laden auf und verkaufe ein bisschen Wein und dir geht es gut. Jeder hat tolle neue Vorschläge, aber der Alltag sieht ein wenig schwieriger aus.
Mir geht zur Diskussion mit den Ketten und dem Einzelhandel ein Aspekt ab, der für mich persönlich sehr wichtig ist.
Da viele Weinfreunde keine optimalen Lagermöglichkeiten haben, sind sie auf den Fachhandel angewiesen, wenn sie reife Weine konsumieren wollen.
Man kriegt in den Ketten und im LEH einfach keine gut gelagerten gereiften Weine.
Der vorletzte Jahrgang wird abverkauft, weil Platz her muss für den aktuellen.
Auch hier gibt es in Östereich vorbildliche kleine Vinotheken, wo der Liebhaber fündig wird (z.B. http://www.weinundwachau.at)
Möchte ehrlich gesagt wissen, welcher „kleiner“ Weinfachhändler sich über 5-10 Jahre gereifte Sachen aufbauen soll? Wenn man es anbietet ist es vorher weg. Lotto spielen?
In Österreich kenne ich eine Reihe von Vinotheken, wo das offenbar hervorragend funktioniert.
Die Herren Gottwald (Wein & Wachau), Fohringer, Ruff (Böhle), etc. haben noch dazu die unterschiedlichsten Backgrounds (Elektrounternehmer, Ex-Sommelier von Lisl Wagner-Bacher, usw.).
Und man muss ja nicht gleich so viele Weine wie Rudolf Gottwald einlagern.
Buonasera aus Sizilien….ein lieber Kollege hat mir den Artikel gestern zugeschickt und bei einem Wein am Etna habe ich mir den mal durchgelesen. Vorab – Hallo Bernd, Gruss nach Frankfurt! Ich bin viele Jahre durch Deutschland und Österreich gefahren, Vertrieb für Winzer und kleine Manufakturen, da habe ich viel gesehen.
Ja und Nein – muss ich sagen. Ich wohne seit 2004 auf Sizilien und bin ca. 10 Jahre im Weinhandel tätig, mein Laden ist in Mainz und auf Sizilien spezialisiert – schon seit Jahren bin ich der Meinung, dass eine Enoteca und Antipasti / einfache schnelle Gerichte und ein Glas Wein die Zukunft sind, und das eben zu guten Preisen. Das ist schon mal das erste Problem in Deutschland, die Kalkulation im Restaurant ! Der Kunde bekommt das Weintrinken abgewöhnt. Erst gestern hatte ich wieder ein Gespräch in Caltagirone und Chiaramonte Gulfi über unseren Wasserpreis im Restaurant, mehr möchte ich nicht hinzufügen !
Also es gibt herausragende Nero d’Avola und da muss man doch sehr unterscheiden. Ein Antinori ziehe ich auf keinen Fall einem extrem guten Nero vor, der von einem Familienweingut kommt wo im Weingut noch eine Winzerseele ist und kein Key Account Manager der die Gruppen im Stundentakt durchzieht. Aber es gibt auch die Nero’s, die halt durch den günstigen Einkauf einfach wie Lambrusco, Chianti und Montepulciano in der Gastro seinen Platz hat. Weinkenner die sich zuprosten und meinen das ist der richtige Geschmack 😉 wenn ich jeden Monat sehe wie sich die Leute mit Komplimenten überhäufen wenn es einen Wolfsbarsch oder Dorade vom Grill gibt, natürlich Aquakultur, voll von Antibiotika, absolut kein Eigengeschmack, dann noch eine so grottenschlechte Olivenöl-Zitronen-Origanomischung drüber, ob man es überhaupt Olivenöl nennen darf ! Kunden kommen in den Laden und wollen Lugana, der ist aber ausverkauft, was macht der Kunde, er geht du kannst bei vielen nicht mal auch nur einige Vorschläge machen.
Man kann es drehen und wenden wie man will – der Mainstreamgeschmack überwiegt halt mal und wenn ich Etna Rosso präsentiere, dann sind die meisten eben nicht so begeistert, und wenn ich mit Nocera komme wird’s nochmal lustiger am Tisch….die Industrieweingüter und Globalplayer trimmen ihre Weine immer auf den gleichen Geschmack, der Kunde darf nicht enttäuscht werden, egal in welchem Jahr, darum ein Hoch auf diese Coca Cola Gesellschaft.
Wein ist subjektiv und jeder muss das für sich entscheiden und letztendlich trinken. Den besten Wein gibt es nicht, das ist alles Ansichtssache, er muss nur handwerklich gut gemacht sein, dann entscheidet dein Gusto ! Also, in diesem Sinne nochmal Saluti aus Sizilien Vielleicht sieht man sich mal auf Sizilien bei einem guten Glas Nero oder auch ein Inzolia. 😉