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Pinot? Sicher! Aber bitte Elsass. Und kalt.

Serviervorschlag des Ersten Offiziers. Der Captain wirft da noch zwei Eiswürfel rein...
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Der Gelbwurz-Streit vom Vormittag hat sich in den Nachmittag gerettet, der Captain und sein Erster befetzen sich, ob man Pinot Noir kalt trinken darf. Der Captain sagt ja. Und der Erste killt einen Elsässer.
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Gelbwurz. Überall Gelbwurz. Der Erste Offizier kann nicht verstehen, dass der Captain heute Vormittag soviel Gelbwurz in Riesling und Spätburgunder gerochen hat. Dass die Note von der Mineralik der Weine des Rheinterrassenhofs kommt, das scheint beiden klar. Doch die Gelbwurz? Das kann der Erste nicht nachvollziehen. Und der Schiffsjunge auch nicht.

Egal. Die Gelbwurz ist kein Thema mehr, denn jetzt streiten Erster und Captain über Spätburgunder. Besser gesagt über Pinot Noir. Der Captain behauptet, dass die Franzosen links des Rheins keinen guten Pinot Noir zusammenkriegen und folglich das einzig Richtige tun: den Wein kalt saufen. Anders schmeckt der nicht.

Für den Ersten eine reine Provokation und ein weiterer Beweis der gigantischen Ignoranz, die der Captain mit dem Alter entwickelt. Immer mehr ähnelt er den hanseatischen Menschenfeinden, die nur mehr von Mildgestimmten hofiert werden. So wird es dem Captain dereinst auch mal gehen, denn der 50. Geburtstag ist nicht mehr weit.

Erster: Alter Trottel!
Captain: Was denn? Du weißt, ich habe Recht.

Erster: Hast du nicht!
Captain: Doch, habe ich schon, nenn mir doch einen guten Elsässer Pinot Noir bitte. Einen, den der Franzmann selber ernst nimmt?

Erster: Klar! Den Pinot Burlenberg von Marcel Deiss.
Captain: Logo, jetzt kommst du mir mit einem Ausnahmewinzer, den sich niemand leisten kann. Würde mich nicht wundern, wenn das wieder so ein Amphorenscheißdreck ist.

Erster: Der kommt aus dem Barrique…
Captain: … noch besser, eine Parker-Marmelade…

Erster: Und da ist auch Grauburgunder drin.
Captain: Aha, ein Rumgepansche.

Erster: Was weißt denn du? Gar nichts! Du weißt nichts, kennst nichts, willst nichts kennen!
Captain: Doch! Ich will Fassproben vom Coche-Dury 2009er Mersault bitte. Der einfache reicht mir. Ich verzichte auf Lagenweine.

Erster: 125 Euro pro Flasche übrigens. In der Vorbestellung.
Captain: Weiß ich, ich habe 12 bestellt.

Zahlmeister (aus dem Hintergrund): Heilige Scheiße, ich habe jetzt das ganze Geld für die teuren Gemälde ausgegeben, die wir in die Schiffsmesse hängen.
Captain: Wir haben Kredit beim Händler, keine Panik.

Erster: Pinot also nur kalt, sagt der Meister?
Captain: Ja, wenn er aus dem Elsass kommt. Vom Kaiserstuhl und aus der Ortenau, da kann er schon 16-18 Grad haben.

Erster: Wie gnädig. Und wie kalt nochmal?
Captain: 8 Grad.

Erster: Du spinnst ja.
Captain: Nicht nur das, ich tu mir in den Hugel auch noch einen Eiswürfel rein.

Erster: Sag ich ja, du hast sie nicht alle.
Captain: Ich finde das einfach großartig. Kalt ist der Pinot der beste Sommerwein, den ich kenne. Da kommt die Kirsche raus. Und ein bisschen Rauch. Herrlich! Am liebsten würde ich mir noch einen Schuss Cola reintun.

Erster (rennt jetzt kreischend in der Kombüse herum): Ich sage ja, der Typ spinnt!
Captain: Ruhe jetzt, nimm ein Stück vom bretonischen Schinken!

Weiter auf Seite 2

Erster: Du Bobo-Trottel, kannst dir deine Weine zukünftig selber aufmachen.
Captain: Wie, denkt der Herr Offizier, soll der Herr Captain seinen Pinot denn trinken?

Erster: 12 bis 14 Grad. Aber doch nicht acht. Und schon gar nicht mit einem Eiswürfel runterkühlen auf sechs Grad.
Captain: Aha. Und was soll das bringen?

Erster: Ich lass mir Kälte in einem schlechten Jahr noch einreden. Das macht den Pinot tatsächlich besser. Aber 2009 war ein hervorragendes Jahr. Da ist das ein Frevel. Der Wein soll ruhig kalt sein. Aber derart kalt verliert er alle seine Aromen. Das ist Quatsch.
Captain: 12-14 Grad. So warm trinke ich einen großen Riesling. Aber keinen von Natur aus immer etwas dünnen Pinot aus dem Elsass.

Erster: Von Natur aus immer dünn also? Ich sehe, du hast keine Ahnung. Schon mal die 2009er gekostet?
Captain: Ja sicher. Den von Aldi Süd. Gar nicht schlecht.

Erster: Dann probier mal den da.
Captain: Ah, von der Kellerei Turckheim.

Erster: Ja, ich finde den hervorragend
Captain: Na mal sehen. Wie viel Grad hat er?

Erster: 14.
Captain: Zu warm.

Erster: Jetzt koste mal und halt die Klappe.
Captain (trinkt): Hmm. Im der Nase natürlich Kirsche, Speck, dann Ginseng…

Erster: Ginseng?
Captain: Ja. Auch etwas Genmaicha-Tee. Und dann…

Erster: Wenn Du jetzt Gelbwurz sagst, dann dreh ich mich um und geh.
Captain:… und dann noch etwas Weihrauch. Aber die Frucht dominiert. Und sehr schön, sauber, mit Druck im Hintergrund. Und ich schmecke auch etwas Holz. Sollte etwas leichter sein, ist aber ganz hervorragend. Ist das teuer?

Erster: Nee, kostet 10,30 Euro.
Captain: Geht ja. Der vom Aldi kostet vier. Ich tu mir trotzdem ´nen Eiswürfel rein.

Erster: Du bist nicht zu retten.
Captain: Und dann zünde ich mir noch ne Zigarre an, denn der Wein passt fantastisch zu Terrasse und Havanna. Ich bin zufrieden mit dir. Der Offizier kann Feierabend machen, wenn er will.

Erster: Weist du was?
Captain: Nein. Sprich es besser nicht aus.

  • Von Marcel Deiss gibt es den ganz hervorragenden und sehr seltenen Pinot Burlenberg für 29,50 Euro.
  • Pinot Noir Les Cerilles 2009, Domain Turckheim, für 10,30 Euro

 

Datum: 25.5.2011 (Update 2.9.2014)
 

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