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Pinot noir: Coach uns mit Koch.

The big Boden. Bei Koch gehen wir mal in die Knie. Und schauen aufs Terroir.
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Captains Gastmaat Werner Elflein kann nicht mit einer oder zwei Flaschen an Bord kommen. Nein, er muss gleich 6 Spätburgunder bringen. Alle von einem Pfälzer Winzer, der noch mehr Überraschungen auf Lager hat.
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Bekannt. Und unbekannt. Der wohltuend zurückhaltende Bernhard Koch zählt nicht zu jenen Winzern, die mehr durch mediales Getöse als durch große Weine auffallen.

Anstatt sich in sozialen Netzwerken breitzumachen, setzt Koch auf die Botschaft seiner Kreationen. Das muss reichen. Und es reicht auch. Unsere Aufgabe ist es, neben den Lauten auch die Leisen zu bemerken. Bitte sehr!

Zwar gehört Kochs 40 Hektar-Betrieb im südpfälzischen Hainfeld schon seit langem zu den ständig erwähnten und immer zuverlässigen Weingütern der Region. Doch seit einigen Jahren legt Bernhard Koch offensichtlich den Turbo-Gang ein. Einmal noch eins draufsetzten. Diesen Alltag zu umgehen, dem sich alle funktionierenden Betriebe gerne ergeben. Da geht doch noch was. Und stimmt – es geht.

Verwirrend ist eventuell nur Kochs riesiges Angebot. In Hainfeld werden viele Flaschen aus velen Sorten gemacht, darunter auch Cabernet Dorsa, Dornfelder und alles weitere Mögliche. Reduktion auf das Wesentliche? Was ist das Wesentliche?

Auf das Wesentliche runterbrechen.

Kochs trockene Rieslinge, meist bis auf ein oder zwei Gramm Zucker pro Liter durchgegoren, also knochentrocken, sind puristische Abbilder ihrer jeweiligen Lagenherkunft. Vordergründige Gaumenschmeichler sucht der auf schnellen Konsum getrimmte Verbraucher hier vergebens. Doch zahlt sich die Geduld mit Kochs Kreszenzen aus. Nach einem Jahr schon öffnen sich die Weine um dann von Jahr zu Jahr zu gewinnen. Nun, das ist ein Satz, der über viele geschrieben wird. Doch letztlich sind es viel weniger Weingüter deren Weine man in die Kategorie „liegenlassen“ einbuchen kann. Manches hat nur ein paar Wochen, manches öffnet sich nie. Und manches öffnet sich unbemerkt.

Ein großes Bravo also den Rieslingen, doch zur Hochform läuft Bernhard Koch vor allem bei seinen weißen und roten Burgunderweinen auf. In der Kollektion der Jahrgangs 2012 und 2011, die ich heute auf den Kombüsentisch gestellt habe, brillieren die „Reservées“ und „Grandes Reservées“ – man beachte die eigenwillige und von der französischen Norm abweichende Schreibweise.

Wirklich Weltklasse: die Pinot Noirs.

Den Vogel schießen jedoch die jüngst gefüllten, im Spitzensegment international als Pinot Noir verschlagworteten Spätburgunder des Jahrgangs 2011 ab. Die sind so beeindruckend, dass wir sie uns nachfolgend ein wenig ausführlicher „auf der Zunge zergehen“ lassen. Also alle an Tisch. Und Mund halten, wenn Gastmaat Elflein knapp und klar doziert.

Als Einstieg in die Welt der Kochschen Pinot Noirs deutet der seine deutsche Herkunft nicht verleugnende, ungemein charaktervolle Spätburgunder „S“ 2012 bereits höhere Ambitionen an, das Wollen nach mehr Frucht, Spannung, Eleganz und Delikatesse. Einfach ein einfach guter Wein. Und weil der Captain immer sehr generös mit Punkte ist, mir heute aber meine eigene Wertung lässt, gebe ich diesem wunderbaren Vertreter der schlanken und delikaten Basis jetzt 84 Punkte. Beim Captain wären das glatte 90. Der Preis: ca. 8,50 Euro.

Endlich vernünftige Punkte.

In transparent hellem Kirschrot zeigt sich der Nachfolger im großem Glas, der Flemlinger Herrenbuckel Pinot Noir 2012. In der Nase dominiert eine deutliche Kirschnote über dezentere Fruchtaromen, die an Himbeere und rote Johannisbeere erinnern. Burgundisch anmutend und von einer durchaus markanten Säure gestützt, entfaltet sich im Mundraum eine reife Schattenmorelle, begleitet von einer zarten, jedoch nicht unangenehmen Bitternis und einer deutlich mentholischen Frische. Die Tannine sind sandig, die moderaten Röstaromen verraten den gekonnten Holzeinsatz. Sehr gute Länge. Ich gebe 87 Punkte, der Captain schüttelt nur den Kopf. Er weiß, dass meine Wertung vielen Leuten gefallen wird. Endlich wieder vernünftig. Der Peis: ca. 14,00 Euro.

Anfangs weniger fruchtbetont erscheint mir der nächste Pinot, der Hainfelder Kirchenstück Pinot Noir. Aus 2011.

Der Kirchenstück benötigt zur Entfaltung mehr Luft als der Herrenbuckel. Der Holzeinsatz ist zudem deutlich spürbarer und die ätherische Komponente bereits früher in der Nase wahrnehmbar.

In der Nase steht diesmal reife Himbeere im Vordergrund, dazu gesellen sich rote Johannisbeere und Wassermelone. Auf der Zunge recht elegant und vom Anfang bis ins Finale in sich schlüssig. Wieder mit sandigen Tanninen. Hervorragende Länge. Ich gebe 91 Punkte, der Captain würde hier auch nur mehr zwei drauflegen. Wir nähern uns also an. Der Preis: ca. 28,00 bis 30,00 Euro. Beim Weingut vorbestellen.

Spätestens beim Hainfelder Letten Pinot Noir Reservé 2011 grüßt das Burgund. Und es grüßt unmissverständlich. Der Holzeinsatz lässt sich fast schon als kunstvoll bezeichnen, die Barriquenoten stehen der frühen Öffnung geschuldet noch ein wenig im Vordergrund, signalisieren jedoch, dass sie sich mit etwas Reife bestens zu integrieren gedenken. Dichtes Bukett, ein Konglomerat roter Beerenfrüchte, sehr ausgeglichen – auch im Hinblick auf die Säurestruktur – und in sich ruhend. Mit feinkörnigen Tanninen. Enorme Komplexität, Tiefe und Länge. Muss unbedingt reifen! Ich gebe 93 Punkte, der Captain signalisiert einen mehr. Na also, geht ja. Der Preis? Steht noch nicht fest. Der Wein ist noch nicht im Verkauf. Vorzubestellen dirket im Weingut. Das gilt auch für die nächsten beiden Pinots.

Was will er dafür? Man muss wohl fragen und bitten.

Auffallend beim Pinot Noir Reservé H. E. 2011 – „H. E.“ ist ein kryptischer Hinweis auf den für Bernhard Koch tätigen Weinfachberater Hans Erich Dausch – ist zunächst die stärkere Kirchenfensterbildung im Glas. Keine Angst, das hat nichts mit Religion zu tun.

Eine Spur ätherischer als sein Pendant aus dem Hainfelder Letten, duftet diese eindringliche Lagencuvée vor allem nach Nougat und Karamell und setzt sich in punkto Feinheit und Komplexität im direkten Vergleich knapp durch. Die wahrnehmbare Bitternis dürfte sich im Laufe der Flaschenreife in Wohlgefallen auflösen. Nach längerem Luftkontakt kommt mehr und mehr eine reife Kirsche zum Vorschein. Feinkörnige, leicht pelzige Tannine. Ein Wein mit großer Zukunft, ein Wein, der große Freude macht. Ich sage 94 Punkte, der Captain nickt. Die Preiskategorie wird wohl jene des Kichenstück sein. Also um die 30,00 Euro.

Sehr verschlossen zeigt sich der für eine lange Reife ausgelegte, nun final verkostete Hainfelder Letten Pinot Noir Grande Reservé 2011, der Top-Pinot von Koch. In der Nase noch ein wenig Holz und viel Walderdbeere. Da muss Luft ran. Nach drei Stunden Karaffe bereichern Himbeeraromen das Bukett. Die Struktur ist ganz auf Feinheit und Eleganz angelegte, seidig-samtige Tannine streichen über die Zunge. Wirklich herausragend sind aber Länge und Tiefe. Der Wein ist für eine halbe Ewigkeit gemacht. Oder was wir uns drunter vorstellen. Letztlich jetzt schwer zu beurteilen, es wird Jahre brauchen, bis dieses Potenzial glänzt. Dass es da ist? Keine Frage. Ich würde 96 Punkte prognostizieren, der Captain lächelt müde. Er denkt nicht daran, den Wein jetzt schon zu bewerten. Vielleicht in drei Jahren. Aber das Schiff sollte ein paar Flaschen bunkern. Denn das kann noch heiter werden.

 

Datum: 15.10.2013 (Update 30.1.2015)
 

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