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Hilfe! Mein Wein riecht nach Pferdestall

Was ist das - Böckser, Stinker oder Brett? Foto: Getty
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Der gemeinste Feind des Weintrinkers hört auf den Namen 2,4,6-Trichloranisol (Kosename: TCA) und riecht unangenehm nach feuchter Pappe oder nassem Hund. Dieser kleine Scheißer ist das Abbauprodukt eines Pilzes in Flaschenkorken. Aber auch Weine mit Schraubverschluss können mit TCA kontaimiert sein. TCA ist leider hochwirksam. Ein Tausendstel Gramm reicht aus, um einen kleinen See – einen Meter tief und so groß wie ein Fußballfeld – nach Kork schmecken zu lassen.

TCA ist der häufigste Weinfehler. Es gibt aber noch eine ganze Reihe anderer Übel, die uns den Weingenuss verleiden können. Einer davon ist Essigstich. Essigsäurebakterien siedeln sich schon im Weinberg auf den Beeren an, wenn deren Haut verletzt ist. Das kann durch hungrige Wespen, die Kirschessigfliege, Hagelkörner oder bei der Ernte passieren. Schlechte Hygiene im Weinkeller oder angefaulte Beeren tun ein Übriges.

Essigsäurebakterien können im Wein noch einen anderen unangenehmen Geruch verursachen: Klebstoff. Den findet man heutzutage aber nur noch selten. Bemerkt ihn der Kellermeister rechtzeitig, bekommt er ihn mithilfe von Aktivkohle wieder raus. Allerdings geht diese Maßnahme zu Lasten anderer, erwünschter Aromen.

Weine können auf zwei Arten ausgebaut werden: Oxidativ oder reduktiv. In beiden Varianten finden sich gelegentlich Fehltöne. Oxidativ heißt, dass der Wein mit einer dosierten Menge Luft in Kontakt kommt, während er reift. Das fördert die Aromenvielfalt. Luft dringt durch die Poren von Holzfässern oder Betonbehältern und verursacht mit den Jahren schöne Noten von angeschnittenem Apfel, Rosinen, Sherry oder Petrolnoten. Alles gewollt. Nicht gewollt hingegen ist oxidierter Wein. Das geschieht, wenn der Luftkontakt zu intensiv ausfällt oder der Kellermeister zu wenig Schwefel zugibt, um den Wein vor Sauerstoff zu schützen. Dann riecht und schmeckt schon junger Wein flach, schal und nach lange liegen gelassenen braunen Äpfeln. Also: Oxidativ = gut. Oxidiert = schlecht.

Geruch und Geschmack von oxidativ ausgebauten und gereiften Weinen sind Ansichtssache. Manch einer mag einen 20 Jahre alten Riesling sofort in den Ausguss kippen und als verdorben bezeichnen. Andere stehen auf diese leicht bittersüße Würze von Honig, Harz oder Öl.

Beim reduktiven Ausbau vermeidet der Kellermeister den Kontakt des Weins und die Reaktion mit Luft. Damit will er Frische und Fruchtaromen des jungen Tropfens bewahren. Wenn euch aber nach dem Öffnen so einer Flasche statt Stachelbeere, Holunderblüte oder grünem Apfel der Mief alter Wäsche in die Nase zieht, dann ist das zwar unangenehm, gilt aber nicht als Weinfehler. Der Geruch verschwindet nach ein paar Minuten. Tut er das nicht und stinkt der Wein weiterhin nach nasser Wolle, Knoblauch, Kohl, verbranntem Gummi oder Ziegenstall (Beispiele), dann hat er einen Böckser. Der entsteht durch schwefelhaltige Substanzen im Wein.

Die Geister scheiden sich oft an einer Duftnote namens Brettanomyces bruxellensis, kurz Brett. Das ist ein Hefestamm, der bei unsauberen Geräten und schlecht gereinigten Holzfässern auftritt. Ist ein Weinkeller mal von Brett befallen, wird der Winzer die kleinen Stinker kaum wieder los. Folge: Die Weine riechen mehr oder weniger stark nach Pferdestall. Ist der Geruch dezent, gefällt er dem einen oder anderen sogar und kann zur Komplexität des Weins beitragen.

Manchmal kommt es vor dass Weine nach dem Abfüllen weiter gären und Kohlensäure entwickeln – unangenehm. Das passiert, wenn etwas Hefe und Restzucker in die Flasche geraten. Nur bei manchen meist simplen Weinen ist ein leichtes Prickeln gewollt, das lässt sie frischer wirken.

Nun gibt es Weintrinker, die haben noch nie in ihrem Leben einen fehlerhaften Wein im Glas gehabt. Sagen sie jedenfalls . Dies muss nicht bedeuten, dass sie zu wenig einfühlsam sind, um solche Fehler zu erkennen. Was jeder einzelne wahrnimmt, hängt mit seinen individuellen Sinnen zusammen. Der eine riecht TCA (Kork) bereits bei sehr geringer Konzentration, für den anderen ist der Wein fehlerfrei. Ein feines Näschen ist also nicht immer von Vorteil.

 

Datum: 18.12.2017 (Update 28.3.2020)
 

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