Die Franzosen haben es leicht. Packen jede noch so banale Tätigkeit in ein elegantes Wort und schon schwingt savoir vivre mit.
Egal, was unsere Nachbarn sagen – in ihrer Sprache hört es sich wunderschön an. Cuvée zum Beispiel. Ein Wort wie eine Melodie. Zu Deutsch: Verschnitt.
Veredeln oder panschen?
Das eine klingt nach veredeln, das andere ein bisschen nach panschen. Vielleicht denken deswegen hierzulande viele Weintrinker, ein reinsortiger Wein sei etwas Besseres.
Bevor ich aber gleich mit einem ganz wunderbaren Tropfen den praktischen Gegenbeweis antrete, noch ein wenig Theorie.
Früher war es üblich, dass in Weinbergen viele verschiedene Rebsorten wuchsen. Egal wie das Wetter war – irgendwas wurde immer reif. Ein paar Sorten waren bei der Lese noch grün, andere perfekt, andere überreif. Am Ende glich sich das aus, der Wein war trinkbar. Heute ist diese Art Weinbau noch in Österreich beim Gemischten Satz üblich.
Klassische Bordeaux-Cuvée: Cabernet Sauvignon + Merlot.
Was man heutzutage unter einer Cuvée versteht, ist aber etwas anderes. Irgendwann gingen die Winzer dazu über, in einem Weinberg nur eine Rebsorte anzubauen und die Weine später erst zu mischen, im Fachjargon: zu verschneiden.
Ein Grund ist nach wie vor der Risikofaktor Wetter. Wird eine Rebsorte nix, können andere das ausgleichen. Ein weiterer Grund ist der unterschiedliche Geschmack. Ich nehme mal die klassische, sogenannte Bordeaux-Cuvée. Die besteht meist aus Cabernet Sauvignon und Merlot.
Cabernet Sauvignon: das Skelett; Merlot: das Fleisch.
Cabernet Sauvignon ist geschmacklich so etwas wie das Skelett des Weins, er gibt ihm Halt und Struktur mit seinen kräftigen Tanninen und der prägnanten Säure. Merlot hingegen mit seinen manchmal verschwenderisch üppigen Aromen von roten und schwarzen Beeren ist das Fleisch. Nicht nur in Bordeaux, auch in Kalifornien ist diese Cuvée verbreitet. Dort heißt sie Red Meritage.
Auf der Flasche, die ich gleich entkorke, steht schlicht drauf, was drin ist: Cabernet Sauvignon. Merlot. Sie kommt vom Jesuitenhof, einem 20 Hektar großen Weingut in Dirmstein in der Pfalz. Der Wein reifte in Barrique-Fässern. Das und sein Geschmack (siehe gleich unten) qualifiziert ihn für unsere Holzfasswoche mit dem Barrique Forum Pfalz.
Holzfasswein rulez.
Das Barrique Forum Pfalz ist eine Art Fasslobby, die gegen das Gerücht antritt, dass Barriqueweine vordergründig nach Holzausbau schmecken. Das Gegenteil ist der Fall – wenn der Winzer sein Handwerk versteht. Sagt das Barrique Forum Pfalz und pickt sich jedes Jahr im Rahmen einer großen Verkostung die besten Beispiele für besonders gelungene Rotweine aus dem kleinen Eichenfass heraus.
Zurück zum Wein. Ich bin gespannt, ob er mich an Bordeaux erinnern wird oder an Kalifornien. Oder ob er etwas ganz eigenes ist.
Brombeere, Cassis, Karamell, Zimt, Lakritze, getoastete Brotrinde.
Mittelkräftig rubinrot schimmert der Tropfen im Glas. Erste Anklänge von Granat verraten, dass er schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat. Die Nase: einfach wunderbar! Eine perfekt gelungene Mischung aus üppiger Frucht und graziler Eleganz. Ich rieche Schwarze Johannisbeere (Cassis, typisch für Cabernet Sauvignon) Brombeere, etwas Himbeere, dann ein paar frische Kräuter: Rosmarin, Majoran, gefolgt von Vanille und ein klein wenig Karamell.
Gaumen: Bamm! Da schlägt die Rotweinbombe zu – aber eine elegante Bombe. Zuerst ist da üppige Frucht, als ob ich in eine Handvoll Brombeeren und Schwarze Johannisbeeren beiße. Dann kommen Karamell, Zimt, Lakritze und eine Note von getoasteter Brotrinde. Nun macht die anfängliche Üppigkeit einer wundervollen Eleganz Platz, die noch im Abgang lange Freude bereitet. Säure und Tannine sind präsent, aber sie verweben sich mit den Aromen und den 14 Volumenprozent Alkohol zu einer beispielhaften Komposition.
Bordeauxtrinker dürfen sich freuen.
Der gelungene Tropfen kann sich durchaus mit Weinen aus Frankreich messen, und zwar in der gehobenen Mittelklasse. Die perfekte Überraschung für eingefleischte Bordeaux-Trinker. Meine Essensempfehlung zu diesem Wein ist ein Rumpsteak mit Bratkartoffeln. Oder ein Irish Stew.