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Achtung, falscher Bordeaux!

Mein Prinz aus Bordeaux! Oder doch nicht...?
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Verkoster Felix Eschenauer trank einen Bordeaux aus Südafrika, der ihn immer wieder in die Falle lockt. Denn er ist eine perfekte Imitation.
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Wieder mal ein Abstecher in die so genannte Neue Welt. In diesem Begriff schwingt stets ein Hinweis auf die Machart mit. Meist wird die Alte Welt als Hort der Tradition und des Handwerks gesehen, die Neue Welt hingegen als Urquell böser Technologien. Riesige Weinfelder, gesichtslose Weinfabriken und von jedem Jahrgang zig Millionen Flaschen für den Supermarkt. Aber das sind alles keine Argumente gegen guten Wein aus der Neuen Welt.

Der einzige Grund, Weine aus der Neuen Welt rundherum abzulehnen, ist ihr Transportweg. Das kann man gelten lassen. Doch deshalb auf ewig regional trinken – wer will das ernsthaft tun? Einer der ersten Überseeweine, den ich je trank, heißt Paul Sauer. Kein Witz.

Der Rotwein stammt aus Südafrika und gehört zu den großen Klassikern. Dank eines guten Freundes, ein echter Liebhaber südafrikanischer Weine, kenne ich jetzt einige reife Flaschen des Paul Sauer und bin begeistert. Immer wieder und je mehr ich von diesem Wen trinke. Und verblüfft bin ich auch. Denn obwohl ich den Stil eigentlich ganz gut erschmecke, verorte ich die Cuvée meistens im Médoc. Im Bordelais. In Frankreich. Nicht in Südafrika. Na ja, da wird er halt keine besonders guten sensorischen Fähigkeiten haben, der Eschenauer. Das könnte man mir an die Birne werfen. Ich sage aber: ausprobieren! Und selber auf die Nase fallen.

Denn dieser Wein ist eine böse Stolperfalle – eben eine klassische Bordeaux-Blend.

Der Paul Sauer kommt aus dem Hause Kanonkop. Der Name des Weinguts klingt wie eine sehr martialische Angelegenheit, die auf die Ursprünge des Weinbaus in der niederländischen Kolonial-Zeit anspielt. Er verweist aber nur auf die sehr zivile Nutzung einer alten Kanone. Diese kündigte einst in Kapstadt einlaufende Schiffe an, damit die Bauern der Umgebung Zeit hatten, sich in den Hafen zu begeben um den Seeleuten ihre Waren feilzubieten.

Paul Sauer, der ehemalige Besitzer von Kanonkop, ist der Namensgeber für den wohl spannendsten Bordeaux außerhalb Frankreichs. Die Cuvée ist Jahr für Jahr anders zusammengesetzt, der Cabernet Sauvignon macht aber stets den Hauptanteil (zwischen 65 und 80 Prozent) aus. Den Rest teilen sich Cabernet Franc und Merlot. Eine Besonderheit – und für mich die Erklärung für das große Entwicklungspotential – ist die lange Reife im Barrique. Ganz an den großen französichen Vorbildern orientiert, dauert diese Phase bei Kanonkop rund 24 Monate.

Der legendäre 1995er Paul Sauer gewann die renommierte „Pichon Longueville Comtesse de Lalande Trophy“ (geht´s vielleicht noch länger?) für den besten Rotwein-Blend des Jahrgangs. Und in eine Reihe mit anderen hervorragenden Franzosen gestellt, wird mit jedem Schluck Paul Sauer schnell klar, warum er diese Auszeichnung verdient.

Ein kürzlich getrunkener 1997er zeigt erst jetzt Trinkreife und schlägt sich deutlich besser, als die meisten Médoc-Weine aus diesem Jahr. Kanonkop beschreibt deswegen auf dem Rücketikett die Reifekurve des Weins. Eine Angabe, auf die man sich getrost verlassen kann. Von den 14 Volumenprozent Alkohol darf man sich nicht abschrecken lassen, sie wirken nicht allzu belastend.

Der Geruch ist erdig, dunkel und würzig. Eine Wolke Waldboden, besser noch = ein von der Sonne beschienener Waldboden. Dann Brombeeren, schwarze Johannisbeere, rostiges Eisen, rohes Rindfleisch, Nelke und eine Spur Butterkuchen. Am Gaumen noch eine gewisse Härte und grobes, kräftiges Tannin. Dieser Paul Sauer ist alles, nur kein weichgespülter Riese. Eher kühl und würzig, von einer feinen Säure unterlegt. Vielleicht ein etwas wärmerer Stil, als jener der 1990er Jahre. Oder es fehlt einfach nur an Jahren. Fazit: Der Paul Sauer von Kanonkop ist ein schöner Bordeaux, der tausende Kilometer vom Bordelais entfernt gekeltert wurde.

Man kann derartige Weine als Imitate auch negativ darstellen. Ein wesentliches Argument für diesen Wein ist jedoch sein Preis. Für so wenig Geld bekommt man nur sehr schwer so einen guten Wein aus dem Bordelais. Und das ist der Punkt.

 

Datum: 28.3.2020
 

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