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Gestatten: Ich bin Kayser, der Verführer

Das ist Frank Kayser, Kellermeister im Weingut Hirth. Foto: Weingut
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Wirkungsvoller (und viel günstiger) als Parship: Chardonnay vom Weingut Hirth in Württemberg.
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Der Eigentümer lässt machen

Diese Tage kam ein deutscher Chardonnay auf den Markt, von dem man länger nichts gehört – tschuldigung – getrunken hat.

Ein Chardonnay vom Weingut Hirth in Obersulm in Württemberg. 10 Jahre lang führte Helmut Hirth das familieneigene Gut. Dann ging er auf Urlaub und kehrte nicht mehr zurück. Dazu unten mehr. Und auch zum Chardonnay.

Der Mann ist in der deutschen Winzerszene nicht irgendwer. Helmuth Hirth aus Obersulm kam in der Welt herum. So steht’s zumindest in der betulichen Hamburger Zeitschrift Merian , aus der wir völlig ungeniert zitieren:

„Als Hirth Ende der 1990er Jahre nach Aufenthalten in Neuseeland, Australien und Berlin in sein Heimatdorf zurückkehrte, war es vor allem in den Winzergenossenschaften noch üblich, möglichst viel Ertrag zu erzeugen. Die Weinberge wurden ausgebeutet, die Weine als gesichtslose Konfektionsware auf den Billigmarkt geworfen. Der dickköpfige Hirth begann eine Art Glaubenskrieg gegen diese Immer-mehr-und-billig-Mentalität. Qualität, dafür stieg er auf die Barrikaden und davon wollte er die anderen überzeugen. Er redete, argumentierte, polterte und erzeugte vor allem Weine, die bewiesen, dass es auch ganz anders geht.“

Na also. So was lesen wir ja gerne. Also noch mal copy & paste, die Quelle erwähnt (Merian/Rainer Schäfer) und etwas gekürzt: „Hirth hat seine Winzerkollegen geärgert und provoziert, um die seiner Meinung nach fehlende Qualität ihrer Weine anzuprangern. In seiner Heimatgemeinde Obersulm-Willsbach in Württemberg ist Helmuth Hirth wegen seiner provokanten Gesten und Sprüche berüchtigt. Anti-Schwabe hat man ihn geschimpft und als Rebellen, so manche Diskussionsrunde schlitterte am Rande eines Eklats entlang. Aber Helmuth Hirth kann Mittelmäßigkeit nicht ertragen und die meinte er in der Arbeit vieler Winzer zu erkennen.“

„Anti-Schwabe“ also. Und „Eklat“. Das hört wir von der Presse gerne. Streit bringt immer Auflage bzw. Klicks. Aber das ist ein anderes Thema.

Dieser Hirth scheint also eine kleine Rabiatperle zu sein. Also jemand, der eine Meinung hat und die Persönlichkeit, seine Meinung zu vertreten. Hirth krempelte das elterliche Weingut um, wo man bis dahin nur „ehrliche Zechweine“ in der Besenwirtschaft ausschenkte. Hirth holte sich Frank Kayser als Kellermeister. So entstanden neue Weine, biologisch hergestellt und in neue Flaschen gezwängt, die Design-Etiketten bekamen. Alles brutal modern in einer Gegend, die sich der Tradition hingibt.

Hirth übergab 2010 an Kayser und beruhigt sich seitdem irgendwo. Kayser hat jetzt vom Keller bis unter den Dachstuhl das Sagen im Betrieb. Hirth-Weine sind also Kayser-Weine.

Und jetzt – nach zwei Jahren Pause – ist Hirths bzw. Kaysers Chardonnay wieder da. Warum Pause? Wir haben nachgefragt.

Frank Kayser: “Nach dem 2012er-Jahrgang kamen zwei qualitative und quantitative eher kleinere Jahrgänge, die leider keinen Chardonnay hervorbrachten, den man hätte ins Holzfass legen, reifen lassen und abfüllen können. Deshalb war unserer einzige Konsequenz: Pause für den Chardonnay anstatt die gewohnte Hirth-Qualität nicht halten zu können.”

Und wie isser?

Eine Bombe von Wein. Sorry, das könnte missverstanden werden. Sogar doppelt. Denn dieser Chardonnay ist nicht nur ein friedliches Produkt sondern hat magere 12 Volumenprozent Alk. Und ist dermassen vollmundig, dass es mich umhaut. So war das mit der Bombe gemeint. No worries!

Ein echter Verführerwein. Ich habe ihn gerade probiert. Ich meine Verführung von der alten Sorte. Ins Bett trinken. Ist das jetzt sexistisch? Ja. Egal. Klickt und lest hier, wie mir der Chardonnay trocken vom Weingut Hirth geschmeckt hat:

Ich trank überigens auch noch eine Flasche Riesling. Das ist aber schon eine Weile her. Riesling bei den Schwaben? Richtig gehört, warum nicht? Das Terroir bringt´s ja. So richtig gekonnt hat es halt noch keiner. Aber wenn die das in Rheinhessen können, warum nicht auch hier…?

Und weil wir schon dabei sind – zur Abrundung eine Flasche Hirth-Lemberger mit einem klaren Bekenntnis zur deutschen Holzwirtschaft.

Wie unser treuer Weintester Thomas C. Golenia vor Jahren schon sagte: Dieses Weingut sollte man weiter beobachten.

 

Datum: 29.3.2016 (Update 30.3.2016)
 

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