Der Begriff der Nachhaltigkeit macht seit Längerem in allen Gesellschaftsschichten die Runde. Bewusster produzieren, einkaufen und konsumieren ist nicht mehr nur ein Trend, sondern zu einer Überzeugung geworden, die viele Menschen miteinander teilen. Und genauso wenig wie die Begriffe „bio“ oder „regional“ im Kontext des Weinbaus neu sind, ist auch nachhaltiger Wein erst seit gestern in aller Munde.
Nur Biowein ist nachhaltiger Wein
Das größte Missverständnis beim Weinkauf ist wohl, dass Konsumenten sich denken: Ach, schau mal. Das ist ein regionaler Wein und regional ist immer nachhaltig und gut. Den nehmen wir mit. Dass der Wein gut schmecken kann, steht außer Frage. Nachhaltig ist er aber noch lange nicht, nur weil er regional ist. Bei vielen Lebensmitteln mag das anders sein, doch bei Wein ist es besonders wichtig, auf das Bio-Siegel zu achten.
Jede zweite Flasche Wein, die in Deutschland konsumiert wird, stammt auch aus Deutschland. Der Wein hat also keine langen Transportwege hinter sich. Nur 5% dieses Weines allerdings ist Biowein und stammt damit auch aus nachhaltigem Weinbau. Dennoch liegt der nach den Prinzipien des Ökologischen Landbaus bewirtschaftete Anteil an der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland beim Wein höher als bei allen angebauten Produkten. Im Jahr → 2015 lag dieser bei 6,5% der Fläche und beim Wein immerhin bei 8%. Weintrinker scheinen also immer mehr bereit zu sein, in nachhaltigen Wein zu investieren, weshalb auch die Anbauflächen für Biowein in den letzten zehn Jahren stark gewachsen sind. Inzwischen haben sich Weinbauern auf knapp 8.000 Hektar deutscher Weinberge bereits dem nachhaltigen Weinbau verschrieben.
Der Trend findet europaweit große Zustimmung. Der Südtiroler Winzer Alois Lageder, der schon länger dabei ist, kann das bestätigen: Da geht es nicht darum, dass sie einfach nur Trauben liefern. Wir begleiten sie das ganze Jahr und immer mehr stellen jetzt auch auf Bio-Dyn-Anbau um und lassen sich zertifizieren.
Ziel der Biodynamischen Wirtschaftsweise, von der Lageder spricht, ist eine Art Kreislaufwirtschaft: Ein Hof oder Betrieb soll zu einer Art Organismus werden, in dem jedes Organ das andere braucht – so wirken Menschen, Tiere, Pflanzen und Böden zusammen und sind von nichts anderem abhängig.
Wann ist Wein nachhaltiger Biowein?
Natürlich ist Wein nicht erst dann nachhaltig und Biowein, wenn er Teil einer solchen biodynamischen Wirtschaftsweise ist – auch wenn sie das Ideal mancher Bauern oder Winzer sein mag. Vielmehr machen ganz bestimmte Faktoren nachhaltigen Biowein aus:
Die relevanten Bio-Siegel gehen bei Wein übrigens über das bekannte EU-Bio-Siegel hinaus. Relevanz haben neben ihm auch noch:
Nachhaltigkeitsstrategien von Weinbauern
Um nachhaltigen Weinbau zu betreiben, lassen sich für Weinbauern bestimmte Strategien herausstellen, die mehrere Handlungsfelder definieren:
Lohnt es sich, nachhaltigen Wein zu trinken?
Immer mehr Weintrinker fragen sich, ob es sich eigentlich lohnt, nachhaltigen Biowein zu trinken und ob und warum man seine Trinkgewohnheiten umstellen sollte. Diese Frage ist natürlich nicht leicht zu beantworten. Denn grundsätzlich hängt das Ganze von mehreren Faktoren und vor allem davon, worauf man als Weintrinker Wert legt, ab.
Alleine etwa wegen eines besseren Geschmacks zu nachhaltigem Wein zu wechseln ist Unsinn. Denn auch für Biowein gilt: Jeder Mensch hat seinen ganz eigenen Geschmack und muss für sich herausfinden, → welcher Wein ihm am besten schmeckt. Das Urteil sollte dabei nicht von irgendeiner Mode, einem Trend oder vom Urteil eines Experten abhängen. Biowein muss also nicht unbedingt besser, aber auch nicht schlechter schmecken, als irgendein anderer Wein.
Wer sich jedoch für nachhaltig produzierten Wein entscheidet, kann davon ausgehen, dass dieser viele Zusatzstoffe nicht enthält, die in herkömmlichem Wein zu finden sind. Bestimmte Geschmacksrichtungen, die man als Weintrinker eben so kennt, sind daher vielleicht gar nicht herzustellen. Das führt dazu, dass Bioweine oftmals individueller schmecken, als handelsübliche Weine. Kommerziell erfolgreiche Weine werden nicht selten mit önologischen Verfahren aufgehübscht, damit sie auch bei größeren Mengen immer gleich schmecken und Kunden zufriedenstellen. Bei einem Naturprodukt ist derlei gleichbleibende Qualität und ähnlicher Geschmack natürlich nur schwer zu erreichen.
Viel entscheidender ist aber, dass Biowein die Umwelt deutlich weniger belastet. Nachhaltige Praktiken im Weinbau tragen damit zur Erhaltung der Luft, des Wassers und der Erde bei – also im Grunde genau den Elementen, die wiederum den Weintrauben ihren Geschmack geben. Somit bietet die ökologische Weinproduktion Vorteile für die Natur und den Menschen.
Indirekt wirkt sich Biowein auf die Umwelt aus, weil er auf Pestizide, Herbizide und Intensivlandwirtschaft verzichtet. All das schädigt die Umwelt und verursacht beispielsweise das Bienensterben oder belastet das Wasser und macht es damit auch teurer. In direkter Weise wirkt sich Biowein aber auch auf die Gesundheit des Konsumenten aus, denn in herkömmlichen Weinen werden immer wieder schädliche Pestizidrückstände gefunden. Die Entscheidung für nachhaltigen Biowein ist in erster Linie also keine geschmackliche, sondern eine ethische und gesundheitliche.