X
Newsletter
X
X
Login
Passwort vergessen?


Konto erstellen

Was ist nachhaltiger Weinbau?

Die Pfälzer Winzerin Barbara Roth erzeugt nachhaltigen Sekt.
Kommentare
Ähnliche Weine
Ähnliche Artikel
Oft gibt es Missverständnisse, wenn es um nachhaltigen Weinbau geht. Der Captain versucht sachlich aufzuklären.
Anzeige

Der Begriff der Nachhaltigkeit macht seit Längerem in allen Gesellschaftsschichten die Runde. Bewusster produzieren, einkaufen und konsumieren ist nicht mehr nur ein Trend, sondern zu einer Überzeugung geworden, die viele Menschen miteinander teilen. Und genauso wenig wie die Begriffe „bio“ oder „regional“ im Kontext des Weinbaus neu sind, ist auch nachhaltiger Wein erst seit gestern in aller Munde.

Nur Biowein ist nachhaltiger Wein

Das größte Missverständnis beim Weinkauf ist wohl, dass Konsumenten sich denken: Ach, schau mal. Das ist ein regionaler Wein und regional ist immer nachhaltig und gut. Den nehmen wir mit. Dass der Wein gut schmecken kann, steht außer Frage. Nachhaltig ist er aber noch lange nicht, nur weil er regional ist. Bei vielen Lebensmitteln mag das anders sein, doch bei Wein ist es besonders wichtig, auf das Bio-Siegel zu achten.

Jede zweite Flasche Wein, die in Deutschland konsumiert wird, stammt auch aus Deutschland. Der Wein hat also keine langen Transportwege hinter sich. Nur 5% dieses Weines allerdings ist Biowein und stammt damit auch aus nachhaltigem Weinbau. Dennoch liegt der nach den Prinzipien des Ökologischen Landbaus bewirtschaftete Anteil an der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland beim Wein höher als bei allen angebauten Produkten. Im Jahr → 2015 lag dieser bei 6,5% der Fläche und beim Wein immerhin bei 8%. Weintrinker scheinen also immer mehr bereit zu sein, in nachhaltigen Wein zu investieren, weshalb auch die Anbauflächen für Biowein in den letzten zehn Jahren stark gewachsen sind. Inzwischen haben sich Weinbauern auf knapp 8.000 Hektar deutscher Weinberge bereits dem nachhaltigen Weinbau verschrieben.

Der Trend findet europaweit große Zustimmung. Der Südtiroler Winzer Alois Lageder, der schon länger dabei ist, kann das bestätigen: Da geht es nicht darum, dass sie einfach nur Trauben liefern. Wir begleiten sie das ganze Jahr und immer mehr stellen jetzt auch auf Bio-Dyn-Anbau um und lassen sich zertifizieren.

Ziel der Biodynamischen Wirtschaftsweise, von der Lageder spricht, ist eine Art Kreislaufwirtschaft: Ein Hof oder Betrieb soll zu einer Art Organismus werden, in dem jedes Organ das andere braucht – so wirken Menschen, Tiere, Pflanzen und Böden zusammen und sind von nichts anderem abhängig.

Wann ist Wein nachhaltiger Biowein?

Natürlich ist Wein nicht erst dann nachhaltig und Biowein, wenn er Teil einer solchen biodynamischen Wirtschaftsweise ist – auch wenn sie das Ideal mancher Bauern oder Winzer sein mag. Vielmehr machen ganz bestimmte Faktoren nachhaltigen Biowein aus:

  • Äußerlich trägt nachhaltiger Wein das EU-Bio-Siegel. Trägt er das nicht, kann nicht zuverlässig davon ausgegangen werden, dass der Wein auch wirklich aus nachhaltigem Weinbau stammt.
  • Bei Ökologischem Weinbau wird darauf geachtet, dass die Ökosysteme der Weinberge erhalten bleiben und gefördert werden. Die Bioweinherstellung schont nur auf diese Weise Klima, Umwelt und die Artenvielfalt.
  • Damit Schädlinge abgewehrt werden können und die Bodenqualität nachhaltig verbessert wird, setzt Biowein ausschließlich auf robuste Rebsorten und geeignete Nützlinge. Pestizide und Gentechnik werden ganz klar nicht eingesetzt – im konventionellen Weinbau kann es da ganz anders aussehen.
  • Beim ökologischen Weinbau wird so gut wie möglich auf synthetische Dünger verzichtet. Ausgesuchte mineralische und organische Dünger, wie etwa Pflanzenkompost oder Gesteinsmehle sind dagegen erlaubt.
  • Beim nachhaltigen Weinbau mit Bio-Siegel sind kupferhaltige Pflanzenschutzmittel zwar zugelassen, aber trotzdem unumstritten. Denn sie schaden dem Boden und widersprechen im Grunde genommen den Ideen einer ökologischen Landwirtschaft. Sie sind jedoch ein zuverlässiges Mittel gegen Pilzkrankheiten, weshalb man sie in Einzelfällen bei starkem Befall der Weinreben mit Falschem Mehltau einsetzt – der Wein bleibt dabei Biowein.
  • Um Wein als Biowein auszeichnen zu dürfen, muss dieser außerdem weniger Schwefel (Schwefeldioxid) enthalten als herkömmlicher Wein.
  • Zu genannten Kriterien kommen weitere Detailregelungen hinzu. Die teilweise Entalkoholisierung ist zum Beispiel bei Biowein verboten.

Die relevanten Bio-Siegel gehen bei Wein übrigens über das bekannte EU-Bio-Siegel hinaus. Relevanz haben neben ihm auch noch:

  1. Das Ecovin-Siegel
  2. Das Bioland- oder Naturland-Siegel
  3. Das → Demeter-Siegel
  4. Das Bio-Austria-Siegel

Nachhaltigkeitsstrategien von Weinbauern

Um nachhaltigen Weinbau zu betreiben, lassen sich für Weinbauern bestimmte Strategien herausstellen, die mehrere Handlungsfelder definieren:

  • Vermeidung von CO2 -Emissionen: Damit beim Weinbau weniger Umweltbelastungen entstehen und vor allem weniger CO2 ausgestoßen wird, sollten Weinbauer gewisse Dinge beachten. Der wichtigste Punkt: Bei Umbau- bzw. Neubaumaßnahmen sollten Weinbaubetriebe ihre Energieversorgung bei den Heizungsanlagen vollständig auf erneuerbare Energiequellen umstellen. Die Ausrichtung der Förderprogramme der Zukunft sollte auf ganzheitlichen und autarken Energiekonzepten liegen.
  • Logistik und Verpackung: Durch alternative Verpackungsformen gilt es, einen mittelfristigen Ersatz für die Literflasche zu finden. Die Reduzierung des Glasgewichtes bei Bocksbeutelfalschen ist ebenso erstrebenswert.
  • Ökologie und Biodiversität: Die Fortentwicklung des ökologischen Weinbaus, Förderung der Biodiversität in den Rebflächen, Prüfung nachhaltiger Erzeugungsverfahren, Begrünungsmanagement und Erosionsschutzmanagement in Steillagen sorgen für ökologisch verantwortbaren Weinbau.
  • Bewässerung: Angestrebt werden sollte eine Entwicklung von Bewässerungskonzepten unter Nutzung des Oberflächenabflusses bei gleichzeitig vorbeugendem Hochwasserschutz.
  • Soziale und ethische Verantwortung: Als soziale Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft sollte eine Bewirtschaftung der Steil- und Terrassenanlagen erfolgen. Durch einen Erzeugungskodex muss eine klare Abgrenzung zur Industrialisierung der Weinherstellung erfolgen.

Lohnt es sich, nachhaltigen Wein zu trinken?

Immer mehr Weintrinker fragen sich, ob es sich eigentlich lohnt, nachhaltigen Biowein zu trinken und ob und warum man seine Trinkgewohnheiten umstellen sollte. Diese Frage ist natürlich nicht leicht zu beantworten. Denn grundsätzlich hängt das Ganze von mehreren Faktoren und vor allem davon, worauf man als Weintrinker Wert legt, ab.

Alleine etwa wegen eines besseren Geschmacks zu nachhaltigem Wein zu wechseln ist Unsinn. Denn auch für Biowein gilt: Jeder Mensch hat seinen ganz eigenen Geschmack und muss für sich herausfinden, → welcher Wein ihm am besten schmeckt. Das Urteil sollte dabei nicht von irgendeiner Mode, einem Trend oder vom Urteil eines Experten abhängen. Biowein muss also nicht unbedingt besser, aber auch nicht schlechter schmecken, als irgendein anderer Wein.

Wer sich jedoch für nachhaltig produzierten Wein entscheidet, kann davon ausgehen, dass dieser viele Zusatzstoffe nicht enthält, die in herkömmlichem Wein zu finden sind. Bestimmte Geschmacksrichtungen, die man als Weintrinker eben so kennt, sind daher vielleicht gar nicht herzustellen. Das führt dazu, dass Bioweine oftmals individueller schmecken, als handelsübliche Weine. Kommerziell erfolgreiche Weine werden nicht selten mit önologischen Verfahren aufgehübscht, damit sie auch bei größeren Mengen immer gleich schmecken und Kunden zufriedenstellen. Bei einem Naturprodukt ist derlei gleichbleibende Qualität und ähnlicher Geschmack natürlich nur schwer zu erreichen.

Viel entscheidender ist aber, dass Biowein die Umwelt deutlich weniger belastet. Nachhaltige Praktiken im Weinbau tragen damit zur Erhaltung der Luft, des Wassers und der Erde bei – also im Grunde genau den Elementen, die wiederum den Weintrauben ihren Geschmack geben. Somit bietet die ökologische Weinproduktion Vorteile für die Natur und den Menschen.

Indirekt wirkt sich Biowein auf die Umwelt aus, weil er auf Pestizide, Herbizide und Intensivlandwirtschaft verzichtet. All das schädigt die Umwelt und verursacht beispielsweise das Bienensterben oder belastet das Wasser und macht es damit auch teurer. In direkter Weise wirkt sich Biowein aber auch auf die Gesundheit des Konsumenten aus, denn in herkömmlichen Weinen werden immer wieder schädliche Pestizidrückstände gefunden. Die Entscheidung für nachhaltigen Biowein ist in erster Linie also keine geschmackliche, sondern eine ethische und gesundheitliche.

 

Datum: 4.1.2018 (Update 12.10.2020)
 

Ähnliche Weine

 

Ähnliche Artikel