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Moselbrücke: der Widerstand wächst

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Man kann sich das gar nicht vorstellen: eine hohe, hässliche Brücke über Deutschlands schönster Weinregion. Doch genau die wird gebaut. Eine nutzlose Straße, die keiner braucht. Der Widerstand wächst. Und die Region beginnt aufzuwachen.

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Man muss nur die besten Weinkritiker der Welt fragen, Hugh Johnson, Jancis Robinson und auch der in Berlin lebende, weltweit bekannte Rieslingexperte Stuart Pigott konnten es anfänglich gar nicht fassen, dass diese Nachricht kein Scherz sein sollte. Es ist aber kein Scherz: an einer der landschaftlich schönsten Stellen an der Mosel will das Land Rheinland-Pfalz eine Autobahnbrücke errichten, ein Monstrum über die Mosel. Genau dort, wo die besten Weine wachsen. Genau dort, wo die Landschaft richtig romantisch und schön ist. Ein Weltkulturerbe wird zerstört.

Und es ist tatsächlich unglaublich, dass sich an der Mosel kein breiter Widerstand gegen das Projekt regt, dass viele Winzer und Hoteliers die wahre Dimension dieser Bedrohung nicht begreifen, dass keine politische Partei (auch die Grünen nur halbherzig) dieses Bauvorhaben aufgreifen. Und sei es, um daraus politisches Kapital zu schlagen. Einzig Lafontaines Linke stellt sich gegen das Projekt. Die Kryptokommunisten Seite an Seite mit eher konservativen Winzern. Das kann´s doch nicht sein?

Ist es aber. Und man muss sich fragen, wer den Leuten an der Mosel den Schneid abgekauft hat. Es ist wie eine kollektive Lähmung. Viele, die man fragt, meinen nur: „Da kann man nichts machen“. Falsch.

Denn noch steht keine Stütze, noch ragt kein Pfeiler in den Himmel. Noch ist es möglich, dagegen aufzustehen. Doch in Deutschland scheint das kein Thema zu sein.

Man stelle sich nur vor, die regionalen Regierungen planten eine Brücke durch die besten Lagen in Bordeaux und Burgund. Oder durch die Schlossgärten der Loire. Oder durch die österreichische Wachau. In all diesen Regionen würde es einen Volksaufstand geben. In Deutschland bleibt alles ruhig. Leider.

Der Captain kann auch Stuart Pigott gut verstehen, der in einem Video hohen zivilen Ungehorsam einfordert. Das klingt hart, doch der Brückenbau ist eine schwer rückgängig machbare Beschädigung. Irgendwie scheint das keinem klar.

Das liegt auch daran, dass die Landesregierung die Anwohner mit einem Mosel-Märchenpark ködert, der nahe der Brücke errichtet werden soll. Die Straße, einst als Zubringer zu den Häfen Antwerpen und Rotterdam gedacht, soll noch mehr Touristen an die Mosel bringen. Warum sollen die Hoteliers da dagegen sein?

Erspart ihnen das Projekt auch das Nachdenken, warum die Mosel so verstaubt daherkommt? Im Vergleich mit der landschaftlich ebenso einzigartigen österreichischen Wachau, wirkt die Mosel touristisch dramatisch rückständig. Viele alte Leute in vielen alten Betten. Oft sehr billige und schlechte Restaurants. Die Mosel ist eine Sackgasse.

Die neue Straße bringt noch mehr Busse statt exklusiv anreisende Touristen, noch mehr Billigtourismus überfällt die Landschaft. Wer auf so etwas setzt, verspielt die Zukunft. An der Mosel geht es mehr, als nur um den Brückenbau. Das wissen auch viele der besten Winzer hier, die ihre Gegend endlich auch im touristischen Aufwind sehen wollen.

Letztes Wochenende gab es eine neue Informationsveranstaltung zur Lage. In dem Video sehen Sie die Rede des britischen Weinkritikers Hugh Johnson, einer der wichtigsten Meinungsmacher der Branche. Es sagt in klaren Worten (und in einfachem Englisch), was die Region zu verlieren hat. Sehr viel. Vielleicht geht der Politik als Auftraggeber endlich ein Licht auf. Die Kanzlerin jedenfalls hat auf Anfragen der ihr schon politisch sehr verbundenen Winzer nicht geantwortet.

 

Datum: 18.9.2009 (Update 21.9.2009)
 

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