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Mosel: Drei Ringe sollt ihr sein.

Wie, was, wo drei Ringe? Lauterbach erklärt uns das. (Foto:Dreamstime)
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Frischmaat Stefan Lauterbach war wieder an der Mosel unterwegs. Und faselt im Juristendeutsch irgendwas von komischen drei Ringen. Doch bevor der Schiffsarzt geholt wird, lassen wir ihn sich erklären.
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Moselfans kennen sie – die Ringe! Nein, gemeint sind nicht die Ringe der Macht. Von denen gab es bei Tolkien übrigens zwanzig. Sondern die drei Versteigerungs-Ringe der Mosel. Säuberlich geordnet nach ihrer Größe: Der Grosse Ring, der Kleine Ring und der Klitzekleine Ring. Ja, die heißen wirklich so.

Für viele Weingüter ist die Versteigerung die Möglichkeit, Imagepflege zu betreiben. Momentan hat die Bedeutung der Versteigerungen an der Mosel aber eher abgenommen. Aber es gibt sie noch, die Versteigerungen, in denen meist lieblicher Spitzenweine versteigert werden. Und es gibt die Rekordmeldungen, dass 27 Liter einer raren Trockenbeerenauslese aus dem Jahr 1999 für insgesamt 220.668,84 Euro ihre Eigentümer wechselten. Das sind auf den Liter (!) gerechnet stolze 8.172,92 Euro. Wer denkt bei diesen Preisen noch an die sauteuren Bordeauxgewächse wie die von Château Pétrus?

Weinersteigerungen haben in der Weinwirtschaft eine lange Tradition. Die berühmteste ist wohl die Versteigerung bei den Hospices de Beaune im Burgund, wo seit mehr als 150 Jahren fassweise Spitzenweine unter den Hammer geraten. Der Versteigerungserlös für die Spitzencuvée „La Pièce du Président“ kommt als Spende karitativen Zwecken zu Gute: Über den letztjährigen Rekorderlös von 400.000 € für gerade einmal 500 Liter Wein konnten sich Krebsstiftungen freuen.

Klassisch kommerziell ausgerichtet sind in der Regel die Weinversteigerungen, die seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert in Deutschland stattfinden. An der Mosel haben sich diverse Versteigerungsringe etabliert, die ihre Weine fuderweise unter das interessierte Volk zuschlagen ließen. Dabei waren die Hauptabnehmer Gaststätten und Händler – privaten Sammlern waren die nicht einmal gefüllten 1000 Liter Wein dann meist doch etwas zu viel. Von der Menge her.

Aber zurück zu den Ringen. Der Kleine Ring ist der älteste existierende Versteigerungsring. Die „Vereinigung der Weinbergsbesitzer der Mittelmosel“ war 1899 von sechs Weingutsbesitzern gegründet worden. Zweck war es, „selbst gezogene und selbst gekelterte Weine in Berncastel zur Versteigerung zu bringen“. Angelehnt an den ursprünglichen Versteigerungsort Bernkastel hat sich diese Vereinigung in den Bernkasteler Ring unbenannt. Darunter ist er heute noch bekannt.

In erster Linie finden sich hier Vertreter aus zweiter Reihe der Winzer – solide, klassisch wirtschaftende Betriebe mit zumeist gutem Preis-Genuss-Verhältnis. Die zuverlässigen Erben von Beulwitz, die skurrilen Gebrüder Merkelbach oder der ambitionierte Rebenhof aus Ürzig zum Beispiel. Allerdings findet man nur selten echte Ambitioniertheit – das unbedingte Streben nach Perfektion. Allen voraus beim so großartigen wie ruhelosen Markus Molitor.

Der Grosse Ring (schreibt sich wirklich so, den internationalen Kunden sei Dank) wurde neun Jahre später als „Trierer Verein von Weingutsbesitzern der Mosel, Saar und Ruwer“ gegründet. Auch der wollte kräftig auktionieren. Kein Wunder – er stellte einen Zusammenschluss bereits bestehender Versteigerungsringe weltlicher und kirchlicher Weingüter dar. Und umfasste bei seiner Gründung 56 Mitglieder. Was im Vergleich zu dem Bernkasteler Ring schon ziemlich groß war.

Die heutige Mitgliederliste des Grossen Rings liest sich wie ein Who Is Who des Moselweins: Egon Müller zu Scharzhof, J.J. Prüm, Fritz Haag. Um nur die wichtigsten zu nennen. Bei restsüßen Weinen werden hier die Maßstäbe gesetzt. Was sich oft an der selbstbewussten Preisgestaltung ablesen lässt. Bei der seltenen Neuaufnahme von ambitionierten Betrieben zeigt man sich zurückhaltend. Passiert sie doch, findet man mittlerweile hervorragende trockene und feinherbe Rieslinge von Clemens Busch, bei Roman Niewodniczanski (Van Volxem), bei Reichsgraf von Kesselstatt oder bei Showman Günther Jauch (Von Othegraven). Auch bei diesen Betrieben wird eine mehr oder minder selbstbewusste Preisgestaltung gepflegt.

Und da wäre noch der Klitzekleine Ring! Der ist ein Zusammenschluss von elf befreundeten Betrieben in der Umgebung von Traben-Trarbach. Und da hakt die Story schon. Dennn den Klitzekleinen Ring gibt es noch nicht einmal seit einer Dekade, und versteigert hat er m.E. noch nie. Vielmehr kooperieren die Mitgliedsbetriebe im Bereich der Vermarktung. Und erzeugen gemeinsam einen Wein namens „Bergrettung“. Und einzeln eine Reihe von Rieslingen, die gerade im trockenen Bereich mit zum Besten zählen, was an der Mosel erhältlich ist. Wer neue, ambitionierte Betriebe mit Humor und ein wenig Verrücktheit finden will, ist hier richtig. Was sich bereits an der sarkastisch anmutenden Namenswahl ablesen lässt.

Frischmaat Lauterbach empfiehlt je Ring einen typischen Vertreter:

  • Grosser Ring: Riesling Scharzhof feinherb 2010 (10,5% Alkohol) von Egon Müller für 17,50 Euro.
  • Bernkasteler Ring: Riesling Alte Reben Saar 2008 (12,5% Alkohol) von Markus Molitor für 15,95 €.
  • Klitzekleiner Ring: Riesling Kröver Steffensberg trocken 2010 von Ingmar Püschel für 12,00 €.
 

Datum: 10.10.2011 (Update 17.9.2014)
 

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