Extreme Wetterlagen mit Hagel, Hitze und Gewitter, die sich häufen, feucht-warme Sommer mit heftigem Pilzbefall sowie generell reifere Trauben. Für Moselwinzer Jan Matthias Klein und viele seiner Kollegen gibt es keinen Zweifel: Der Klimawandel im Wingert ist weder Gerede noch Hirngespinst, sondern handfeste Wirklichkeit.
Doch Klein wollte nicht ins Wehklagen verfallen, sondern was tun, um die Realität zu meistern. Seit einigen Jahren baut der Ökowinzer in der Lage „Paradies“ (gehört zur berühmt-berüchtigten Großlage Nacktarsch) Rebsorten aus Portugal an. Warum gerade an diesem Flecken Erde? Hier ist es immer wärmer, kommentiert der Betriebsinhaber knapp seine Entscheidung.
Klein nahm die Weine aus Lusitanien genauer unter die Lupe: Ich probierte erst mal die ganzen guten Weißweine von da. Dann fiel die Entscheidung: Klein ließ sich 700 Weinstöcke der Rebsorten Arinto (ähnelt wegen ihrer feinen Säure dem Riesling) und Fernão Pires (aromatisch und säurestark) schicken, ganz normal per Post und Gott sei Dank ohne Transportschaden. Im Herbst 2018 waren die Trauben so weit, dass sich aus ihnen Wein keltern ließ. Der Winzer ist stolz wie Bolle auf seine Pionierarbeit: Selbstverständlich ist es auch spannend, der erste in Deutschland zu sein, der diese Sorten anbaut.
Und wie schmeckt Kleins Mosel-Naturwein PortuGeezer? Hier steht’s: Bei dieser Cuvée genügt ein flüchtiger Blick: Trüb und ansonsten tiefgolden bis orange liegt der Wein im Glas. Vom Boden her perlt fein Kohlensäure auf – ein weiterer Naturwein, mit dem der Winzer nach den gleichfalls weißen Cuvées „Madcap“ und „Little Bastard“ diesen Teil seines Schaffens weiter ausbaut. Verglichen mit anderen Gesellen aus der Naturwein-Schublade, wirkt der „PortuGeezer“ aromatisch klar und nicht annähernd so wild. Die Säure kommt freundlich daher und beißt nicht. Etwas Muskat-Aroma und vor allem viel Saftigkeit von frischen grünen Äpfeln sorgen dafür, dass beim Trinken keine Langeweile aufkommt. Kleins Moselwein mit portugiesischer Seele eignet sich als Speisenbegleiter zu Ratatouille oder zum gedünsteten bzw. leicht angebratenen Fisch. Auch zum Barbecue ist dieser zugängliche Naturwein einen Versuch wert.
Aufstocken darf er auch noch, natürlich streng im Rahmen des Gesetzes. Die Versuchsgenehmigung beschränkt sich auf 1.000 Rebstöcke. Es war übrigens nicht zum ersten Mal, dass sich ein Mitglied der Familie Klein, die den Staffelter Hof zu Kröv seit Generationen bewirtschaftet, an etwas Neues wagt. Schon vor Jahren experimentierte Vater Gerd mit dem Anbau von Frühburgunder.
Die Kultivierung von Reben aus Portugal ist nicht die einzige Maßnahme, mit der Jan Matthias Klein dem Klimawandel begegnet: Wir entblättern den Riesling sehr spät, um ihn vor Sonnenbrand zu schützen und führen darüber hinaus keine grüne Lese durch, um Erträge weiter zu reduzieren. Außerdem arbeiten wir mit kleinerer Laubwand, die höher vom Boden entfernt anfängt.
Dass ein übergroßes Maß von Sonnenschein und Hitze dem Riesling den Garaus bereiten könnte – davon hält Jan Matthias Klein gar nichts: Das ist völliger Unfug. Solange selbsternannte Cool-Climate-Regionen wie das Clare Valley in Südaustralien behaupten können, den besten Riesling zu machen, haben wir an der Mosel noch gut lachen.
Beim Thema Moselwein mit portugiesischer Seele hält sich Ökowinzer Klein alle Optionen offen: Momentan sind keine weiteren Sorten geplant, aber spannend finde ich auch Viosinho, Sercial und Loureiro.