X
Newsletter
X
X
Login
Passwort vergessen?


Konto erstellen

Montagswunder: Schilcher schmeckt!

Ein bisschen sauer. Darauf muss man vorbereitet sein...
Kommentare
Ähnliche Weine
Ähnliche Artikel
Captains Maat Clemens Mally sitzt verkatert in einem Weinseminar. Doch gleich der erste Wein ist eine Überraschung, ein Schilcher aus der Steiermark. Den kann man sonst nur mit Schutzanzug trinken.
Anzeige

Es ist zehn Uhr früh. Und es ist ein Montag. Die beste Zeit, um ein angeblich interessantes Weinseminar zu besuchen. Hinter dem Pult spricht ein so genannter Experte. Na ja, er hat schon einige Examen über Wein abgelegt. Und auch in London ist er anerkannt. Muss man mehr sagen?
Was mich betrifft, so habe ich schon vor 10 Minuten aufgehört zuzuhören. Irgendwie kommt er mir vor wie der verstorbene Papst Johannes Paul der Zweite. Er nuschelt irgendetwas Unverständliches in sein Mikrophon und begeistert damit alle Zuhörer. Bei Johannes Paul konnte ich das Genuschel wegen seines Alter und seines damals akuten Zahnmangels verstehen. Hier allerdings nicht. Ich muss aufpassen, nicht einzuschlafen.

Meine Müdigkeit kommt nicht von ungefähr. Nach einer wunderbaren Zechtour brennen mir Speiseröhre und Magen. Und auch mein Kopf tut weh. Das kommt wahrscheinlich von den unzähligen Caipirinhas an der Hotelbar. Egal. In Kürze kommt der erste Wein. Ich liebe es, gegen den Kater anzutrinken. Allerdings hätte ich mir in diesem Fall ein angenehmeres Lebenselixier erwartet.

Tatsächlich rosa. Ich weiß nicht, was mich erwartet. Darum nehme ich einfach einen ersten großen Schluck. Gegen den allgemeinen Schmerz. Autsch! Schilcher! Verdammt! Wie sadistisch.

Schilcher? Igitt!

Glauben Sie mir, es gibt selten Schlimmeres als Schilcher, diese steirische „Spezialität“, die man aus einer Traube namens Blauer Wildbacher keltert. In Österreich spricht man auch von der „Steirischen Landessäure“. Bedenkt man nun, dass meine ungeheure Übersäuerung an diesem Morgen von gefühlten tausend Flaschen Riesling herrührt, dann kann man sich vorstellen, wie ich mich in diesem Moment fühle. Und trotzdem? Und trotzdem schmeckt der Wein nicht schlecht. He, gut sogar. Ich nehme einen zweiten Schluck – perfekt.

Tatsächlich geht es bei dem Seminar heute um Roséweine. Die meisten werden jetzt denken, dass es auf diesem Gebiet nichts Interessantes gibt. Das ist Quatsch, denn schon in der Provence gibt es Roseweine von ungeheurer Vielfalt. Von leicht spritzig bis richtig üppig und im Barrique ausgebaut. Weine, die schon mal ein paar Jahre altern können.

Schilcher! Igitt?

Aber lassen wir Frankreich aus dem Spiel und gehen zurück zu dem Wein, den ich hier im Glas habe, der wunderbar mit fettem rustikalen Essen harmonieren könnte und dessen Tiefgang mich jetzt, nach dem dritten Schluck, zu begeistern beginnt.

Weiter auf Seite 2

schilcherc.jpg
Der Steirer. Auch darauf muss man vorbereitet sein…

Dieser Schilcher kommt von einer Familie namens Strohmeier. Die sind auch mir bekannt. Die Strohmeiers machen hervorragende Schilchersekte. Wegen seiner frischen Säure eignet sich die Blaue Wildbacher hervorragend für die Schaumweinproduktion. Besonders interessant sind die ungeschwefelten Sekte (Bio) von Strohmeier. Aber jetzt bleiben wir bei dem Schilcher, den ich hier im Glas habe. Und der mir immer besser schmeckt.

Strohmeiers klassischer Schilcher (dieser hier ist aus dem Jahrgang 2009) ist ein ausgesprochen typischer, sehr traditionell gekelterter Wein. Im Glas ein wunderschönes helles Rot, in der Nase ein sauberer Geruch nach Stachelbeeren und – wie es sich für den Blauen Wildbacher gehört – ein fruchtiger Duft nach frischen Himbeeren.

Stachelbeere ist Ribisel

Noch mal nachgerochen. Also die Stachelbeere ist nicht Stachelbeere, sondern Ribisel. Himbeere und Ribisel. Beide dominieren die Nase. Sonst ist da nichts. Im Mund dann sehr frisch, sehr kantig-knackig, eine sehr rassige, spritzige Säure, auf die man vorbereitet werden muss. Denn mit der Säure auf Du, ist der nächste Schluck nur mehr die reine Freude. Besondere Freude, wenn man auf dem Jausenbrett vor sich ein Stück Bauernbrot mit einer gehörigen Portion Schmalz und Salz liegen hat.

Aber leider bin ich bei einem Weinseminar. Und gleich gibt es die erste Kaffeepause. Und irgendwelches Weißgebäck. Dann bleibe ich eben sitzen und trinke den Schilcher weiter. Ich habe Kopfweh und darf mich nicht viel bewegen.

  • Schilcher Strohmeier 2009 (11,5% Alkohol) für 8,49 Euro.
 

Datum: 4.4.2011 (Update 29.8.2014)
 

Aktuelle Weinempfehlungen