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Mitolo: Wahre Größe unterm Schrauber.

Mitolo + Kids. Der Kleine hält da was mit Schraubverschluss in der Hand. Foto: Weingut
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Maat Peter Jakob verkostet Tausende Weine pro Jahr. Für uns trank er einen großen Rotwein aus Australien. Und nimmt das zum Anlass für eine gewagte Forderung: Schraubverschluss für Flaschen, die man weglegen will.
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In den letzten Jahren war die Frage nach dem richtigen Flaschenverschluss ein großes und vieldiskutiertes Thema in der Weinwelt.

Kork oder Schrauber? Darüber wurde mit teilweise religiösem Eifer debattiert. Aber das Thema ist noch viel älter als die Debatten der letzten Jahre. Bereits vor 50 Jahren wurde der Schraubverschluss als Lösung für die Zukunft gesehen*. Und wenn dieses Thema seit 50 Jahren aktuell ist, dann wird ein weiterer Beitrag doch noch in Ordnung sein, oder?

Mir geht es heute nicht um den Verschluss im Allgemeinen. Mich bewegt der Schraubverschluss im Einsatz bei Rotweinen. Hier hab ich ein sehr gespaltenes Verhältnis. Ich hätte gerne, dass die Verschlussfrage umgekehrt gelöst würde. Umgekehrt? Ich erkläre es gerne.

Australien hat die Nase vorn.

In Australien wird der Schraubverschluss seit langer Zeit eingesetzt. Das hat einen recht einfachen Grund. Es ist aufwendig, Korken aus Europa nach Australien zu transportieren. Somit bot sich der Schraubverschluss früh als Alternative an und setzte sich durch. Mittlerweile auch bei Topweinen.

Durch die frühe Nutzung des Schraubers hat man auch eine Menge wissenschaftliche Daten zum Thema gesammelt. Um es kurz zu machen, Wein reift besser und langsamer unter dem Schraubverschluss als unter Kork. Und die Zahl der Weinfehler ist kleiner.

Große Weine = Schrauber, kleine Weine = Kork.

Deshalb verstehe ich nicht, dass noch immer die allermeisten großen Weine, die für viele Jahre – teilweise Jahrzehnte – weggelegt werden, mit dem unberechenbaren Korken verschlossen werden.

Andererseits werden Rotweine, die der Konsument direkt nach dem Kauf trinken soll, mit Schraubverschlüssen versehen. Diese Weine sind geleert, bevor sie sich entwickeln können. Mit Korken hätten sie rasch jene Harmonie entwickelt, die ihnen unter dem Schraubverschluss abgeht.

Ich habe mehrfach erlebt, wie unterschiedlich sich der gleiche Wein unter beiden Verschlüssen entwickelt hat. Jung zu trinkende Rotweine profitieren unheimlich von Korken. Rotweine mit großem Lagerpotential sollten jedoch mit Schraubern verschlossen werden.

G.A.M. von Frank Mitolo.

Wie schwierig und gleichzeitig sinnvoll es ist, große Rotweine mit einem Schraubverschluss zu versehen, möchte ich anhand eines australischen Rotweins zeigen. Der G.A.M. von Frank Mitolo aus dem südlich von Adelaide gelegenen Anbaugebiet McLaren Vale. Jahrgang: 2010. Dieser Wein wurde nach den Vornamen der Kinder von Mitolo benannt: Gemma, Alexander und Marco.

In dieser von maritimem Klima und Sand, Lehm und Ton Böden geprägten Region entstehen gehaltvolle Weine. Besonders die Rhône-Rebsorten Grenache, Syrah (heißt in Australien Shiraz) und Mourvèdre geraten hier vorzüglich. Der Vorwurf, die Weine der Region seien Alkoholbomben, ist auf dem Papier korrekt. Im Glas merkt man nicht nur in diesem Fall, wie falsch das ist.

Steak, Zigarre, Autoreifen.

Wie zeigt sich nun dieser Wein unter dem Schraubverschluss? Wenn man den G.A.M. nach dem Öffnen trinkt, stellt man schnell fest, dass dieser noch überraschend ungestüm und wild ist. Ich schmecke Porterhousesteaks auf einem Holzkohlegrill, eine Zigarrenlounge, das Lager eines Reifenhändlers.

In seiner ganzen Kraft ist dieser Shiraz nur mit einem Steak zu trinken. Es ist sofort klar, dieser Wein ist viel zu jung. Fast wie frisch gefüllt. Unter Kork hätte er sich jetzt schon deutlich harmonischer gegeben.

Lässt man ihn dann aber einfach mal eine Woche in der Ecke stehen, dann bekommt man einen ganz anderen Eindruck.

Nach 1 Woche Schwarzkirschen, Pflaumenkompott, Waldbeermarmelade.

Auf einmal tritt die Vielschichtigkeit dieses Weins in den Vordergrund. Noch immer erinnert er an das erste Angrillen des Jahres. Aber jetzt so charmant wie das für Shiraz üblich ist. Die Frucht kommt in ihrer ganzen Vielfalt hervor. Frische Schwarzkirschen, Pflaumenkompott und eine selbstgemachte Waldbeermarmelade.

Dazu kommt eine kühlende, ätherische Note, die mich an Minze erinnert. Ich fühle mich wie bei einem Barbecue in den sanften Hügeln des McLaren Vale, eine leichte Meeresbrise weht von Aldinga Beach herüber.

Dabei zeigt sich der Wein von einer Dichte, mit jugendlichen Tanninen und einer erfrischenden, feinen Säure, dass man sofort spürt, wie viel Zeit dieser Wein noch verträgt. Denn dies ist ein großer Wein. Ein Wein, den man zur Geburt eines Kindes kauft und bis zum 18. Geburtstag weglegt. Dann ist er dank des Schraubverschlusses perfekt gereift.

Schrauber für die großen Rotweine. Korken für die einfachen, jung zu trinkenden Flaschen. Unsere Kinder werden es uns danken.

 

Datum: 19.4.2014 (Update 5.2.2015)