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Merlot III: die coole Packung!

Frank Höhn, Winzer und Kapitän des "Flagship Merlot". Foto: Barrique Forum Pfalz
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Ein unheimlich üppiger, vollmundiger und trotzdem "cooler" Rotwein erzählt uns vom Klimawandel in Deutschlands Weinbergen.
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Der Klimawandel lässt so manchen Winzer unangenehm ins Schwitzen kommen. Andere freuen sich. Deutschlands Weinmacher müssen sich umstellen. Seit den frühen 1990er Jahren ist es in den Anbaugebieten im Schnitt 1,4 Grad wärmer geworden. In manchen Ecken wird es den Trauben schlicht zu heiß und sie bringen nicht mehr die gewohnte Qualität.

Des einen Freud – des andren Leid.

Andernorts fühlen sich die Reben nun pudelwohl und geben tollste Tropfen her, wo sich früher nur mittelmäßige Weine keltern ließen.

Ein Hinweis auf solche (Rotwein-) Lagen, die immer besser werden, kann ihr althergebrachter Name sein: Honigsack, Bienenberg oder ähnliche Bezeichnungen sind fast immer nach Osten ausgerichtet. Das kommt daher, dass die Bienenstöcke, die dort früher einmal standen, immer in Richtung Sonnenaufgang aufgestellt waren. Sobald die Sonne auf den Stock traf, fingen die Bienen mit der Arbeit an.

Ostlagen = zu kühl für manche Traube.

Früher waren diese Lagen nicht so begehrt, weil es den Trauben im Laufe des Tages etwas zu kühl wurde. Heute entgehen diese Weinlagen der Sonnenglut. Die Rebstöcke lagern dann nicht so viel Zucker in den Trauben ein, die Weine werden nicht so schwer und alkoholstark. Das kommt derzeit am Markt gut an.

Ein Betrieb mit solchen Weinbergen liegt in Maikammer in der Südpfalz: das Wein- & Sektgut Immengarten Hof der Familie Höhn.

Keine hohlen Sprüche.

Ihre Reben wachsen auf Böden, in denen sich Kalk mit Buntsandstein mischt. Im Jahr 1894 baute Friedrich Höhn den Betrieb auf, heute führt ihn sein Ururenkel Frank. Der 29 Jahre alte Winzer hat kein Problem mit der Tradition, im Gegenteil. Sie spornt ihn an, ein guter Winzer zu sein: „Mein Töchterlein ist fünf Jahre alt, auch deshalb liegt mein Augenmerk darauf, den Boden gesund und lebendig weiterzugeben“, sagt er.

Solche Sprüche hört man oft von unseren Winzern und man ist bisweilen geneigt, dies als PR-Geschwätz abzutun. Zu oft gehört. Aber ich sage euch: die meisten unserer Weingutsbesitzer meinen es wirklich sehr ernst, wenn sie so etwas aussprechen. Wir sind es, die versaut wurden von dem dummen Zeug in Werbespots.

Zu Experimenten angestachelt.

Frank absolvierte seine Ausbildung im nicht weit entfernten Weinsberg. Das liegt am anderen Rheinufer. Nicht weit rumgekommen. Provinzwinzer könnte man jetzt lästern. Weit gefehlt! Höhn knüpfte während seiner Lehrjahre viele Kontakte zu Kollegen in Südafrika und reiste immer wieder dorthin. Diese Trips weckten seine Lust auf Unkonventionelles. Er begann mit Sauvignon Blanc zu experimentieren, mit Neuzüchtungen wie Cabernet Dorsa und Cabernet Cubin, pflanzte Cabernet Franc und Merlot.

Auf Höhns Top-Merlot freue ich mich als Captain zur See ganz besonders: Denn der Wein heißt Maikammer Heiligenberg Flagship Merlot und er reifte im kleinen Barriquefass.

Was ist die Holzfasswoche?

Genau deshalb trinke ich den jetzt, denn es ist Holzfasswoche in Zusammenarbeit mit dem Barrique Forum Pfalz.

Das Barrique Forum Pfalz ist eine Art Fasslobby, die gegen das Gerücht antritt, dass Barriqueweine vordergründig nach Holzausbau schmecken. Das Gegenteil ist der Fall – wenn der Winzer sein Handwerk versteht. Sagt das Barrique Forum Pfalz und pickt sich jedes Jahr im Rahmen einer großen Verkostung die besten Beispiele für besonders gelungene Rotweine aus dem kleinen Eichenfass heraus. Solche Weine trinke ich hier die ganze Woche lang und erkläre sie. So wie gleich den Flagship Merlot von Frank Höhn.

Für Freunde edler deutscher Rotweine – hier sind übrigens die anderen beiden Merlot-Besprechungen dieser Holzfasswoche:

Jetzt aber endlich auf Frank Höhns Flagschiff…

Dunkler Kakao, Espresso, Cassis, Brombeere, Schwarzkirsche, Lorbeer, Anis.

Seine Farbe ist ein dunkles Rubinrot. In der Nase ist er kräftig und tief. Reife Schwarze Johannisbeere und eingelegte Pflaume wird begleitet von dunkler Trinkschokolade.

Am Gaumen gibt mir dieses Flagschiff erstmal voll einen auf die 12. So dicht, so vehement bedrängt er mich fast wie ein Kickboxer. Erst kommt rechts ein Haken von dunkler Trinkschokolade, dann folgt die linke Gerade vom Espresso. Zackbumm! Dann setzt ein wahrer Hagel verschiedener dunkler Früchte ein: Schwarze Johannisbeere (Cassis), Brombeere, Schwarzkirsche. Den Reste geben mir dann Lorbeer und Anis und machen mich fertig. Aber das ist ein herrliches Gefühl!

Flagschiff mit Kanonen.

Säure und Tannin sind für einen Merlot recht hoch, fügen sich aber wunderbar in die Struktur des Weins ein. Und das ist wohl das Geheimnis dieses gelungenen Weins. Denn er bleibt trotz seiner üppigen Vollmundigkeit total cool. Völlig fertig hängen meine Geschmacksnerven in den Seilen. Aber sie erholen sich rasch, stehen auf, schütteln sich und fragen: noch einen?

Ein Wein mit Wumms. Mit echtem Wumms, wie sich das für ein Flagschiff mit Kanonen gehört. Meine Essensempfehlung zu diesem Adrenalinpaket: Hirschragout oder Ossobuco.

 

Datum: 11.9.2015 (Update 17.9.2015)
 

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