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Menschen im Hotel: Das böse Bett.

Schönes Desing hilft nicht, wenn die Matratze den Rücken killt..
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Der Captain hat gestern in einer fremden Stadt einen über den Durst getrunken. Heute tut ihm der Rücken weh. Schuld daran ist nicht der Suff, sondern die Matratze. Ein Wehklagen ohne Weinempfehlung.
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Es war in Barcelona. Eine schöne Stadt. Donnerstag. Wir müssen umziehen. Vom Fünfsterne-Ritz in ein Vier-Sterne-Haus, das einer spanischen Kette gehört, die das Hotel einst aus staatlichem Besitz kaufen durfte.

Der Grund? Im Ritz hatten Partypeople für Freitag Abend alle Zimmer gebucht. Also kurz die Straßenseite wechseln und im neuen Hotel einchecken, das gerade ein paar Monate lang offen ist. Altbau, entkernt und neu adaptiert. Das wird wohl eine Freude werden.

In den Zimmern hatten sich die bekannten spanischen Designer ausgetobt, die wahrscheinlich alle in Finnland zur Schule gingen. Spärlich verteiltes Interieur, jedoch samt und sonders vom Besten und Feinsten. Da muss das Übernachten wohl ein Vergnügen sein. Muss?

Irrtum. Das Bett gab der Wirbelsäule nach wie Treibsand oder Torfmoor. Die Matratze umhüllte den Körper, um ihn danach mit in den Abgrund zu ziehen. Am Anfang war das alles noch ein eher belächeltes Detail – sollte es sich gar um ein getarntes Wasserbett handeln? Doch nach Mitternacht wurde die Sache ärgerlich.

Der Rücken begann zu schmerzen. Arg. Egal, wohin man sich drehte. Egal, wie man sich zu betten versuchte. Alles half nichts. Nach wenigen Minuten ereilten einem die gleichen Stiche, wie die Stunden zuvor. An Schlafen war nicht zu denken.

Das pöhse Bett.

Der marode Rücken klagte in diesem Bett über seine ganze Lädertheit. Folglich blieb keine andere Wahl, als auf dem Fussboden zu schlafen. Die Hausdame meinte, es handle sich um die modernsten Betten, die am Markt erhältlich wären. Der Hotelmanager bestätigte, dies sei völlig neue Ware, ganz und gar nicht durchgelegen. Es handle sich vielmehr um ein neues Konzept, das mit führenden Schlafexperten erstellt worden sei.

Er zog eine Broschüre heraus, die man übrigens auch im Zimmer hätte vorfinden können, auf der stand eine wissenschaftliche Abhandlung über Schlafzyklen, Bettbeschaffenheit, Matratzengrade usw. Mich hatte dieser wissenschaftlich untermauerte Hokuspokus die Nacht gekostet.

Aber nur mich. Die Briten am Nebentisch des Frühstückraums schwärmten über das „weichste Bett, das sie jemals inspiriert hätte.“ Zu was inspiriert? „Na zu was wohl (kicher)?“

Anruf beim deutschen Hotelverband. Dort gibt es einen Konsulenten für diese Angelegenheiten, einen Mann, der weiss, was einem den Schaf raubt.

In erste Linie ist es der Lärm. In zweiter Linie schon wütet die Matratze. Ein Fünftel der Gäste, so der Mann, würden sich über Rückenschmerzen nach einer Hotelnacht beklagen. So das Ergebnis einer langfristigen Studie.

Freilich sind da auch Häuser der minderen Kategorie darunter. Hotels, die ihre Infrastruktur nur sehr zögerlich erneuern. Doch bemerkenswerterweise auch viele Luxusetablissements, die auf besonders gute Betten setzen. Dort würde aber der umgekehrte Fall beklagt. Die Matratzen sind dort den meisten Gästen zu hart, weil sie eben hochqualitativ sind und aufgrund ihrer Langlebigkeit und Robustheit ausgewählt wurden. Fazit: Die Leute liegen daheim zu weich. Vor allem die Amerikaner und die Briten.

Härte, Härte, Härte!

Was aber, wenn einer daheim zu hart liegt? In Düsseldorf hat man es leicht, denn dort stehen sieben namhafte japanische Hotels. Mit extraharten Futons, denn die Japaner kennen wenig anderes als Härte, Härte, Härte. Anderswo als in Japan und Korea hat es ein Härtefanatiker zunehmend schwer, denn die Hotels kaufen weicher ein als je zuvor. Grund ist auch ein zunehmendes Wellnessempfinden, das harte Bettstätten vermieden wissen will. Soft und light soll es sein, denn das Leben ist hart genug. In der Realität des Vielreisenden heißt das, sich mit Kreuzschmerzen abfinden zu müssen. Heisst es das?

Epilog im Osten. Prag, eine Stadt, die in den letzten zehn Jahren eine ungeheure Anzahl von Hotelbetten aufgestellt bekam. Alles neue Matratzen. Ein altes Hotel, das Pariz. Wunderschön. Und Nepp, irre Summen für alte Zimmer. Aber lauter neue Betten. Und prompt ist jedes einzelne weich wie eine Wolke. Also wieder aufgestanden, nach Mitternacht, wieder mit der Hausdame gesprochen, vielmehr mit ihrer müden Stellvertreterin, und dann mit dem anwesenden Manager. Und der wusste Rat.

Er brachte eine feste Platte aus dem Bankettservice, die er über die Matratze platzierte. Auf das Brett ließ er von der Hausdame eine dünne, etwa drei Zentimeter dicke Sommerdecke legen. Diese Decke wurde mit einem frischen Leintuch überzogen. Auf das Leintuch wurden eine neue Daunendecke und ein Polster geworfen: Fertig war das neue Bett, ein Bett über über dem Bett. Der Manager schwitzte, seine Lösung des Problems sah sehr individuell aus – um es mild auszudrücken. Er wusste, die Konstruktion war eines Fünf-Sterne-Hauses nicht würdig. Es war kein Bett, was da als Bettstatt wartete. Doch es wusste auch, dass er das Problem gelöst hatte.

So gut, wie damals in Prag, schlief ich nie wieder.

 

Datum: 15.9.2013 (Update 29.1.2015)
 

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