Legendäre Verwandtschaft
Der Château Rayas ist die große Legende des Anbaugebiets Châteauneuf du Pape an der südlichen Rhône. Ein reinsortiger Grenache, der bei all seiner gigantischen Kraft immer sehr kühl und mineralisch ausfällt. Und locker 50 Jahre alt werden kann. Ein altmodischer und auf lange Reife angelegter Wein. Ein Saft, der sich positiv von anderen Kraftprotzen abhebt. Ein Exot, ein Faktotum ewig gültigen Könnens. Einziger Nachteil: Eine Flasche des sehr gelungenen Jahrgangs 2007 kostet derzeit 700 Euro.
Nein, das können sich die wenigsten Weinfreunde leiten. Aber es gibt eine Alternative von derselben Winzerfamilie Reynaud: Der kleinere Château des Tours (eine Cuvée aus Grenache und Syrah) teilt in Ansätzen den eigenwilligen Stil seines Schwesterbetriebs Château Rayas und kostet nur einen Bruchteil.
Emmanuel Reynaud, der Urenkel des Gründers und seit 1997 Besitzer dieser Weingüter, lebt privat im Hauptgebäude von Chateau de Tours, rundherum erstrecken sich die Weinberge. Der Großteil der Reben ist älter als 60 Jahre und liefert entsprechend geringe Erträge. Als Boden dient sandiger Lehm, der von Kieseln und Kalkbrocken durchsetzt ist.
Sehr fein: Zweitwein
Der Château de Tours Reserve zeigt erfreulicherweise schon jetzt eine schöne Trinkreife, obwohl er nicht mal vier Jahre alt ist.
Kein großes Brimborium machen. Aufmachen und genießen. Die Luft, die er im Glas bekommt, reicht, um die letzten Ecken abzuschleifen.
In der Nase eine satte, süße Kirsch- und Himbeerfrucht, dazu Tannennadeln, Harz und schwarze Oliven. Ein saftiger, runder, geschmeidiger Wein, der tatsächlich verblüffend viele süße Aromen zeigt. Beim zweiten Atemholen dann Herzkirschen, Anis, Kreuzkümmel, aber auch Geräuchertes. Eine frische Säure schnürt den üppigen Saft zu einem schönen Paket. Perfekt zu allem Gegrillten. Ich spreche ausdrücklich nicht nur von Fleisch, sondern auch von gegrilltem Gemüse. Da darf der Wein gerne auch gut gekühlt ins Glas. Warm wird er von ganz allein.
Ein klarer, aromatisch ausgeprägter Rhônewein, der eine beeindruckende Akribie bei der Weinbereitung zeigt. Präzision und Klarheit wie beim großen Bruder namens Rayas. Nur für ein früheres Trinkvergnügen vinifiziert. Aber auch mit einer Reife von 10 und mehr Jahren sollte er noch eine gute Figur machen. Bitte mit Genuss austrinken. Dazu wurde dieser Wein schließlich gemacht.