Weißt du eigentlich, wie der teuerste Wein der Welt heißt?
Der teuerste Wein heißt LIBER PATER und sein Macher ist Loïc Pasquet, der sein Weingut in der Appellation Graves (Bordeaux) 2005 übernahm und die Weingärten mit einem Maultier bearbeitet.
Loïc ist entweder ein Genie oder ein Scharlatan. Oder beides. Er hasst Robert Parker und alles, was er angerichtet hat, und sagt über die Weinwirtschaft wunderbare Sachen wie: „Dieses System wird immer industrieller. Wein wird das gleiche Schicksal erleiden wie Käse. Diese Weine werden technisch gut gemacht sein, aber sortenrein und seelenlos. Wir müssen gegen die Uniformität kämpfen und den Geschmack bewahren.“
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Pasquets Rebfläche umfasst nur 2,5 Hektar. Er füllt lediglich 1.200 Flaschen ab. Außer den üblichen Klassikern der Region verwendet Loïc Pasquet alte Rebsorten, von denen die meisten noch nie gehört haben, und bekommt deshalb regelmäßig Stress mit der Weinbehörde: Castets, Tarney-Coulant und Pardotte.
Und er nutzt Anbaumethoden, die (angeblich) bewirken, dass seine Weine wie Claret aus der Zeit um 1855 schmecken, als Napoleon III. die Bordeaux-Klassifizierung etablierte. Das war kurz bevor die Reblaus (Phylloxera) über Europa kam.
Im September 2019 brachte Pasquet 240 Flaschen seines 2015er Jahrgangs zu einem Preis von 30.000 Euro pro Buddel auf den Markt und machte ihn damit zum teuersten Bordeaux der Welt.
Für diesen Wein verwendete Pasquet erstmals ungepfropfte (wurzelechte) Rebstöcke, deren Vorfahren die Reblaus-Seuche überlebt hatten. Die Cuvée wurde maischevergoren und dann für zweieinhalb Jahre in Amphoren ausgebaut. Kein Holz!Von diesem Jahrgang wurden nur 550 Flaschen produziert.
Bei der Vermarktung seiner Weine folgt der gelernte Ingenieur den Gesetzen des Luxusmarktes und liefert hauptsächlich nach China und Russland.
Seinen Kunden gefällt die Erzählung, dass die großen europäischen Weine vor der Reblaus intensiver und echter geschmeckt haben und ihre Charakteristika durch Transplantation (Aufpfropfen) europäischer Edelreben auf resistente amerikanische Wurzeln verloren gingen.
Demnach ist Liber Pater eine önologische Zeitmaschine. Überprüfen kann das keiner. Pasquets Kühnheit wird nicht nur mit Ruhm belohnt, sondern auch mit Wut. 2015 verwüsteten Unbekannte einen Teil seiner Rebanlagen.
Apropos Vandalismus: Der Captain greift zu einem anderen Bio-Wein urwüchsiger Herkunft, der knapp 15 Euro kostet, also keinem Vergleich zum Liber Pater 2015 standhält. Aber sein Name klingt ähnlich poetisch wie Pasquets Superwein und heißt → Senza Vandalismi Cesanese del Piglio von Abbia Nòva.
Das Weingut Abbia Nòva liegt etwa 30 Meilen östlich von Rom und ist das Projekt der Cousins Daniele und Pierluca Proietti.
Sie bewirtschaften 7 Hektar Weinberge, die größtenteils von Danieles Vater geerbt wurden, mit einheimischen Rebsorten der Region – wie zum Beispiel Cesanese, der jetzt in meinem Glas schwimmt: Im Glas mittleres Rot mit violetten Reflexen und leicht transparent. In der Nase feinwürzig und nach Kirschgelee. Dann Rotweincreme von Oetker (ein Klassiker) und Gartenkräuter. Im Mund saftig, herrlich rotbeerig und mild bei sanften 13,5% Vol. Kein lauter Wein, aber ein saftiger Spaßmacher, der sich an den Gaumen anschmiegt. Ich schmecke Schattenmorelle, Orangenschale und ein bisschen Earl-Grey-Tee. Ehrlicher Rotwein und geradeaus wie ein Sportsfreund, den man einfach mag.
Die beiden zärtlichen Cousins praktizieren biodynamischen Weinbau. Der komplette Verzicht von Spritzmitteln und Kupferpräparaten ist für sie selbstverständlich.
Bis vor kurzem galt das Anbaugebiet Latium als minderwertige Herkunftsregion. Hauptsächlich wurden Trebbiano und Malvasia angebaut, um langweilige Weißweine für die Kneipen Roms zu produzieren.
Dann geriet Latium durch die Investitionen weinverrückter Menschen (ein Beispiel ist der reiche deutsche Industrielle Anton Börner) in den Fokus der Weinkenner. Erloschene Vulkane prägten durch mineralische Auswürfe den Untergrund. Sie ermöglichen ehrgeizigen Winzern die Herstellung komplexer Weine.
Es ist durchaus möglich, dass Cesanese der Rotwein des antiken Rom war, denn die Traube ist recht alt und existierte bereits in vorrömischer Zeit. Es gibt nur noch etwa 1.500 Hektar Cesanese-Weinberge um Rom und in der Provinz Frosinone in Lazio. Cesanese del Piglio gilt als bester Wein aus dieser Rebsorte.
Vielleicht war es nur Einbildung, aber als ich diesen Wein im Mund hatte, spürte ich viel ungebrochene Kraft. Das ist kein hochkomplexer, aber sehr lässiger Wein.