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Bordeaux: köstliches Mauer-Blümchen

Peer Pfeiffer von Château Batailley.
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Meine Überschrift ist natürlich etwas zugespitzt. Einen Cinquième Cru als Mauerblümchen zu bezeichnen ist gewagt. Vielleicht sogar unverschämt. Aber wie soll ich euch sonst in meine Welt der abgehobenen Weingranaten ziehen, wenn nicht mit solchen kleinen Tricks? Château Batailley ist eines der wenigen klassifizierten Bordelaiser Güter, das noch einem Familienunternehmen gehört und nicht von einem Großkonzern aufgekauft wurde.

Die Familie Castéja, deren Wein-Reich unter dem Namen Borie-Manoux firmiert, besitzt 10 Weingüter, darunter auch die bekannten Châteaux Trotte Vieille und Lynch-Moussas. Daneben betätigen sie sich vor allem als Négociants, also Weinhändler. Ein netter Österreicher ist Exportchef der Gesamtgruppe: Peer Pfeifer, der uns oben freundlich anlacht.

Batailley steht ein bisschen im Schatten der berühmten Bordelaiser Châteaux. Dabei ist es mit knapp 60 Hektar eines der größten im Pauillac und vereint alle typischen Eigenschaften dieser Appellation. Zwar erreichen die Weine niemals die absolute Noblesse eines Lafite oder die nicht enden wollenden Abgänge großer Moutons. Aber ihre kraftvolle Eleganz, die sie in der Regel nach 10 Jahren Kellerreife erreichen, macht diese Flaschen für Bordeaux-Insider trotzdem zu beliebten Sammelstücken. Zumal sie preislich im leistbaren Rahmen bleiben.

Château Batailley ist kein Schnäppchen, aber ein Preis-Leistungs-Bringer auf mittlerem Niveau. Ein trinkreifes Exemplar ist schon für 60 Euro zu bekommen.

Der Betrieb ist einer der ältesten Weingüter im Médoc. Sein Name leitet sich von bataille ab, also „Schlacht“, da hier eine der großen Keilereien des Hundertjährigen Krieges stattgefunden hat. 1855 wurde das Château neben 17 weiteren Weingütern auf Geheiß Napoleons III. zum 5. Gewächs (Cinquième Cru) erhoben. Es war der Versuch einer Klassifikation nach Preis und Qualität, die den Konsumenten die Auswahl erleichtern sollte. Dabei wurde als Bemessungsgrundlage grob gesagt der über die letzten 100 Jahre erzielte Marktpreis für den vom jeweiligen Weingut erzeugten Wein herangezogen. Über 160 Jahre danach hat diese Art der Bewertung nur mehr wenig Gültigkeit.

Heute werden auf den Pflanzungen von Batailley vier Rebsorten angebaut: Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc und Petit Verdot. Der Wein ist ein edler, typischer Pauillac mit ausgeprägten Noten von Cassis. Ich sage, Batailley ist ein Muss für alle Bordeauxfans oder solche, die es noch werden wollen. Aus einem ganz bestimmten Grund: Batailley verkörpert wie kaum ein anderes Gut den klassischen Bordeaux vor der Zeit des einflussreichen Großkritikers Robert Parker, dessen Opulenz-Diktat sich nur wenige entziehen wollten. Mit gemäßigtem Holzeinsatz und eher geringen Merlotanteilen in der Cuvée. Einige blieben damals standhaft. Neben Batailley zum Beispiel auch Léoville Barton.

Einer, der Batailley prägte wie kaum eine anderer, war der bekannte Bordelaiser Weinprofessor Denis Dubourdieu, der im Sommer 2016 verstarb. Mit wissenschaftlicher Akribie widmete sich der Pflanzenfachmann Dubourdieu den Weinbergen des Hauses und führte moderne und schonendere Arbeitsmethoden ein. Ein Großteil der Chemikalien wurden aus den Depots geworfen und der Ertrag strengstens reduziert. Ein neuer doppelt so großer Keller ermöglicht heute die Vinifikation einzelner Parzellen. Innerhalb weniger Jahre lehrte Dubourdie die Weinarbeiter neue Beschneidungstechniken, die die Belüftung der Trauben begünstigten, was wiederum Einfluss auf den Reifezeitpunkt hat. Nach der Gärung bleibt der Wein noch einen Monat lang auf den Häuten liegen. Und das bei viel Wärme: 31 Grad! Eigentümer Philippe Castéja erklärt: So bekommen wir die Tannine auf sanfte Tour in den Griff und verleihen dem Wein Körper und Struktur.

Und so schmeckt dieser feine Klasse-Bordeaux: Im Glas satt leuchtendes Rubinrot, leichte Transparenz. In der Nase warme Brombeernoten, Schwarze Johannisbeere, Heidelbeere und etwas Jod. Dann Waldboden, ein Hauch Grillkohle, plötzlich ganz viel Flieder, das ist faszinierend, und ein bisschen Straßenbelag. Im Mund mittelwürzig und dunkelkräutrig. Ich schmecke erstaunlich reife Noten von Schwarzer Johannisbeere mit rassiger Frische, dann Heidelbeere mit Schmelz, geröstete Zwiebel und Thai-Basilikum. Keine Riesenstruktur, aber viel Klarheit, Wärme und vor allem Leichtfüssigkeit von niedrigen 13,5% Vol. Ein schlanker Herr von Wein. Nicht wirklich hochkomplex sondern easy drinking auf höchstem Niveau und der perfekte Einstieg ins gehobene Bordelais.

Und Achtung: Es gibt ein anderes Weingut mit ähnlichem Namen: Château Haut-Batailley, das mal zum Besitz von Château Batailley gehörte, aber in den 1940-Jahren abgespalten wurde. Es gehörte dann einem anderen Teil der ursprünglichen Eigentümerfamilie, die heute noch Borie heißt und wurde 2017 von Jean Charles Cazes von Château Lynch Bages übernommen.

 

Datum: 29.10.2020 (Update 12.1.2022)
 

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