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Kein Geschwafel: stabiler Zweigelt

Wilhelm Reinhard von Neipperg hat schon im 18. Jahrhundert Neipperg-Wein gepichelt.
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Obermaat Mally ist ausgeruht aus dem Urlaub zurück. Und schwafelt von stinkigen Laufschuhen im warmen Auto. Hat er einen Sonnenstich erlitten? Nein, es ist der Versuch das Weglassen von Schwefel im Wein zu erklären.
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Wein ohne Schwefel, das kann schon ziemlich schrecklich schmecken. Besonders beim Nachverkosten am nächsten Tag, wenn die Stabilität fehlt. Wer sich diesem Thema widmet, sollte auf jeden Fall bereit sein, die eine oder andere sensorische Ohrfeige zu kassieren. Viele der Winzer, die sich diesem heiklen Thema annahmen, befinden sich noch in der Experimentierphase.

Wer diesen Geruch gerade nicht im Kopf hat, kann sich so eine Stinkkultur einfach selber züchten. Man braucht dafür nur nasse Laufschuhe und ein warmes Auto. Das Auto in die pralle Sonne stellen und die Schuhe darin dampfen lassen. Fenster und Türen müssen natürlich geschlossen sein. Nach ein paar Stunden einfach das Auto öffnen und reinsetzen. Aber Achtung: das entstehende Aroma kann für Verkehrsuntüchtigkeit und Brechreiz sorgen. Darum lüften Sie Ihren Wagen danach unbedingt aus.

Es geht aber natürlich auch anders. Nicht was die Schuhe betrifft. Ich spreche nun vom Wein. Wenn man nämlich ungeschwefelten Wein im Glas hat, der von einem Könner hergestellt wurde, dann darf man eine neue Ebene des Weingenusses betreten. Grund dafür ist bestes Traubengut (ohne das geht’s bei Wein ohne Schwefel nicht), das für Komplexität sorgt.

Heute wollen wir Prince Charming

Schwefel stabilisiert, keine Frage. Er stabilisiert, konserviert und gibt Struktur – vorübergehend. Große Weine, wie sie heute leider nicht mehr oft gebaut werden, sind aber nicht nur durch Schwefel stabil und haltbar geblieben. Dieser baut sich ja im Laufe der Jahre ab. Lagerfähigkeit setzt die richtige Balance aus Tannin, Säure, Extrakt und Alkohol (und davon auf keinen Fall zu viel) voraus. Das Zauberwort heißt Gleichgewicht. Wobei das Tannin dabei eine besonders wichtige Rolle spielt. Es hält den Wein am Leben. Trotzdem hassen es die Weintrinker von heute. Angeeckt haben die Weine gestern. Heute will man Prince Charming, der verweichlichte Sunnyboy.

In einer Zeit, in der viele heute am liebsten den Wein von morgen trinken, stimmt es mich besonders dankbar, wenn ich weiß, dass es Winzer wie Niki Moser vom Weingut Sepp Moser gibt. Sein Weingut findet man im Kremstal. Genau gesagt in Rohrendorf, wo sich ein Teil der bewirtschafteten Weingärten befindet. Der andere liegt im burgenländischen Apetlon.

Wie schon zu Beginn erwähnt, widmen wir uns heute einem ungeschwefelten Wein. Er wurde aus der österreichischen Breitenrebsorte Zweigelt gekeltert. Das ist eine Rebsorte, die weit mehr Potenzial hat, als man ihr zutrauen möchte. Mittlerweile und dank des einen oder anderen Spitzenzweigelt wie Franz Weningers „Raga“ aus Horitschon, Christian Fischers Gradenthal aus Sooß oder natürlich Christian Tschidas „Illmitz“ bin ich ein richtiger Fan dieser Sorte geworden.

Alle soeben erwähnten Weine haben eins gemein: sie stammen aus alten Weingärten. Solche gibt’s vom Zweigelt leider viel weniger als man glaubt. Darum gibt es auch so wenige Spitzenweine der Sorte.

Alt sind auch die Anlagen des „Minimal“ und schon sein Name spricht davon, worum es geht. Er ist ein wohlschmeckendes Bekenntnis zum Purismus.

Das Ziel beim Ausbau war, so wenig wie möglich in die Entstehung des Weins einzugreifen, zu manipulieren. So ist er natürlich unfiltriert abgefüllt. Vergoren wurde er selbstverständlich spontan und wie schon zuvor erwähnt: auf die Schwefelung wurde verzichtet.

Ein gefährliches Unterfangen und ein Grund für mich, diesen Wein über mehrere Tage hinweg zu verkosten. Denn ungeschwefelter Wein hält oft nicht lange geöffnet. Guter Wein aber schon, wenn man ihn nicht austrinkt. Oft wird er sogar besser. Soll jetzt ungeschwefelter Wein gut sein, muss man ihn auch an diesen Maßstäben messen und der Minimal schmeckte auch zwei Tage später noch so gut, dass am dritten Tag nichts mehr von ihm übrig war. Leider.

Rubinrote Tannennadeln

Ach, wie köstlich, der Zweigelt Minimal 2008. Schönes Rubinrot, relativ dunkler Kern. Genauso dunkel ist seine Frucht. Dunkles Steinobst, zum Beispiel Kirschen. Hinzu gesellen sich Malvenblüten und Pfeffer. Mit Luft wird er deutlich offener aber keineswegs negativ. Anklänge an Waldboden, vielleicht Steinpilze und Tannennadeln. Sehr ätherisch. Am Gaumen tolles Extrakt. Süß wirkende Frucht, weiter dunkelbeerig und ausgesprochen mineralisch. Tolles, sehr festes Tannin und ordentlich Säure, die diesen interessanten Wein lebendig erscheinen lässt. Ein intelligenter und faszinierender Zweigelt, den ich in die Liste meiner Lieblingszweigelte eintragen werde.

6 Flachen davon werden ganz bestimmt in meinen Keller wandern. Wahrscheinlich auch die eine oder andere Magnum. Das Zeug ist garantiert die nächsten 10 Jahre haltbar. Kein verrücktes Weinerlebnis für Freaks aber kompromisslos gut.

  • Zweigelt Minimal 2008 von Sepp Moser (13,5 % Alkohol) für 25,00 Euro.

 

Datum: 12.7.2011 (Update 2.9.2014)
 

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