Julia Walch passiert es immer wieder, dass sie auf Messen für eine Hostess gehalten wird, die am Stand nett lächelt und den Besuchern ein Glas Wein zum Verkosten einschenkt.
„Es sind meistens die Männer, die dort sprechen“, sagt sie. „Entweder weil sie die Weingutsbesitzer sind oder die Manager. Die Frauen, die dann dort sind, das sind dann meistens eben die Fräuleins, die einschenken. Man muss sich als Frau in dieser Branche mehr unter Beweis stellen.“
Erstmal was ganz anderes studiert.
Offenkundig gelingt das der 28-Jährigen ganz gut. Immerhin vertritt sie das berühmte Weingut Elena Walch überall auf der Welt, außer in Italien und den USA. Um diesen Ecken kümmert sich ihre Schwester Karoline (im Foto ganz links).
Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass Julia Walch in´s Weingeschäft eingesteigen ist. Nach dem Abitur hatte sie zunächst in Frankreich Geschichte studiert und in Brüssel Europäische Studien. „Dann habe ich begriffen, dass ich mich entscheiden muss. Entweder ich bin drinnen in der Weinwelt oder ich bin draußen“, sagt sie. „Je älter ich geworden bin, umso mehr habe ich gemerkt, wie schön die Weinwelt ist, und dass ich mir nicht vorstellen kann, kein Teil mehr von ihr zu sein.“
Ziemlich große Fußspuren.
So studierte sie nochmal: Weinbau im französischen Dijon. Danach arbeitete sie ein halbes Jahr auf einem Weingut in Bordeaux, bevor sie vor zwei Jahren zurück nach Südtirol kam und Mitarbeiterin des Familienbetriebes wurde. Wie auch ihre Schwester Karoline.
Die beiden sind die fünfte Generation im Weingut. Die Fußspuren, in die sie treten, sind groß.
Weinbaulegende Elena Walch.
Ihre Mutter Elena war in den 80er Jahren die erste Frau an der Spitze eines Weinguts in Südtirol und ist längst zur Legende geworden. Elena Walchs Eltern kamen zwar aus Südtirol, sie selbst aber wurde in Mailand geboren. Dort wuchs sie auf und arbeitete als Architektin, bevor sie ihren Mann kennenlernte und in die Familie Walch einheiratete. 1985 übernahm sie auf Anregung ihres Mannes die Leitung der beiden Weingüter Castel Ringberg und Kastelaz, zwei Leitbetriebe des Walch-Imperiums, die schon lange im Familienbesitz waren.
Herr Walch war von den Fähigkeiten seiner Frau dermaßen beeindruckt, dass er kurzerhand beschlossen hatte, in den Hintergrund zu treten. Das ist Größe.
In der Region anfangs unbeliebt.
Elena Walch setzte von Anfang an auf Klasse statt auf Masse und zog sich damit den Unmut vieler anderer Winzer der Region zu, die das für neumodischen Quatsch hielten.
Diese Zeiten sind lange vorbei. Walch-Weine gehören seit Jahren zum besten, was in Südtirol in Flaschen gefüllt wird.
Wir haben uns eine Flasche Chardonnay aus Walchs Selezione-Linie kommen lassen und lauschen Julia, was sie zu diesem Wein zu sagen hat:
„Dieser Chardonnay passt jetzt vor allem in die Sommersaison. Die Selezione-Weine stammen aus verschiedenen kleinen Weingütern auf Höhen zwischen 350 bis 800 Meter. Das sind Weine, die in der Gastronomie auch glasweise ausgeschenkt werden. Da ist es sehr wichtig, dass der Konsument bereits in der Nase von dem Wein überzeugt wird. Alle unsere Weine stehen für frische Säure und Klarheit, das machen die Höhenlagen. Zudem sind die Selezione-Weine ausschließlich im Stahltank ausgebaut worden, hier wurden keine Barriquefässer benutzt. Auf diese Weise wurden die besonderen Fruchtnoten erhalten. Dieser Chardonnay ist ein wunderbarer Aperitif, den man auf der Terrasse zu ein paar Oliven genießen kann, der aber auch zu Salat passt, zu Vorspeisen und leichten Gerichten.“
Also dann. Suchen wir uns eine Terrasse, schnappen uns ein paar Oliven und öffnen die Buddel.
Ananas, weißer Pfirsich, grüner Apfel.
In der Nase… in der Nase… Ja, was ist denn in der Nase, Frau Walch? Ein wenig Ananas, Banane und ein bisschen der Duft nach weißen Blüten.
Im Mund kommt der Tropfen dann aber in Fahrt. Allem voraus braust da Ananas über die Zunge, dahinter weißer Pfirsich und grüner Apfel. Das macht schon Spaß. Bei der Säure stimmen wir Ihnen zu, Frau Walch. Die ist ausgeprägt, macht den Wein angenehm frisch und trinkig.
Bester Einstieg in die Welt des Chardonnay.
Fazit? Wer in die Welt des Chardonnays einsteigen will, der ist mit diesem Wein bestens bedient. Er ist solide gemacht und lässt ahnen, zu welchen Leistungen diese Rebsorte in der Lage sein kann. Übrigens, Frau Walch, sie hatten Recht, was die Oliven angeht. Die passen ausgezeichnet dazu. Was wir uns auch hervorragend vorstellen können, ist Gemüse vom Grill oder aus dem Ofen mit ordentlich Olivenöl.