X
Newsletter
X
X
Login
Passwort vergessen?


Konto erstellen

Johannisberg: Rheingau ideal

Nicht nur Showkeller, nicht nur Show: Johannisberg is back...
Kommentare
Ähnliche Weine
Ähnliche Artikel
Zum Abschluss der kurzen Rheingau-Diskussion empfiehlt Maat Eschenauer noch einen Riesling, den man für einige Jahre im Keller verschwinden lassen sollte. Denn Weine wie den Silberlack gibt es im Rheingau leider nur mehr selten.
Anzeige

Das ist der neue (alte) Rheingau. Ein Gut ist zurück, das zu den Eckpfeilern der deutschen Weinkultur gehört und sich doch lange Jahre auf seinen Lorbeeren ausgeruht hat. Monumentaler, traditioneller, imposanter geht’s kaum: Klosterkirche und Schloss beherrschen das Tal, barockes Gelb leuchtet weithin aus dem Rebenmeer – eine Gralsburg für den Rieslingfreund.

Schloss Johannisberg, jener Berg, den sich Heine gerne hinterherschicken lassen wollte, gehört zum ältesten Kulturland am Rhein. Hier werden seit dem achten Jahrhundert Reben gepflegt und auch die „späte Lese“ soll man hier erfunden haben. Eine schöne Legende. Aber mit der Entdeckung der Edelfäule werben auch viele andere Regionen für ihren Wein. Tokaier, Sauternes, Ausbruch, Spätlese sind nur verschiedene Namen für hochwertige Botrytisweine, die seit jeher miteinander konkurrierten.

Der Johannisberg ist nicht nur Synonym für 1.200 Jahre Weinbaugeschichte, sondern auch für die Irrungen und Wirrungen europäischer Politik. Auf dem Wiener Kongress hofften viele, den begehrten Hang zugeschlagen zu bekommen. Aber nur einer konnte gewinnen. Und so ist der Hang bis heute auf dem Label einer großen deutschen Sektmarke verewigt: Klemens von Metternich. Dessen Nachfahren lebten noch bis 2006 auf dem Schloss. Auch wenn das Weingut schon lange zur Oetker-Gruppe gehört.

trinkfertige Cabinet-Weine

Das Weingut Schloss Johannisberg wurde im 19. Jahrhundert vor allem für seine „Cabinet-Weine“ bekannt – eine Praxis, Weine erst dann in den Verkauf zu bringen, wenn der optimale Trinkzeitpunkt gekommen ist. Eine Tradition, die heute nur noch wenige Weingüter pflegen. Auch die Rieslinge vom Johannisberg lagern heute nicht mehr drei Winter im Fass, bevor sie dem Konsumenten angeboten werden.

Den richtigen Zeitpunkt zu finden, dafür muss der Konsument heute selber sorgen. Schloss Johannisberg ist zwar insbesondere für seine natursüßen Spät- und Auslesen sowie für seine grandiosen Riesling-Botrytisweine bekannt, aber auch die trockenen Weine zeigen seit einigen Jahren jede Menge neu entdeckten Charakter. Hier lohnt es sich, sogar die einfachen trockenen Qualitätsweine für drei oder vier Jahre einzulagern, um dann perfekte Speisenbegleiter auf den Tisch stellen zu können.

Trockene Johannisberger entwickeln eine feine, karamellartige Firnis, die rassige Säure lässt die Weine ungeheuer saftig wirken. Die Hierarchie der Johannisberger orientiert sich an einem eher archaischen System, Weinqualität zu kennzeichnen: Frühe Flaschenabfüllungen trugen kein Papierschild, kein Etikett, sondern wurden mit verschiedenen Lackfarben versehen. Der Wein, der hier näher vorgestellt werden soll, ist der jüngste Spross in der Familie und trägt die „Farbe“ Silber. Das sieht grandios aus und vermittelt Wertigkeit. Die Bezeichnung „Erstes Gewächs“ ist ein nicht unumstrittenes Konzept für die besten trockenen Rheingauer Rieslinge und Spätburgunder und das Äquivalent zum „Großen Gewächs“ anderer Regionen. Den Riesling „Silberlack Erstes Gewächs“ füllt man unter diesem Namen auf dem Schloss erst seit dem großen Jahrgang 2005.

Der Silberlack gibt momentan erst einen kleinen Eindruck davon, welche Schönheit dieser Wein mit ein paar Jahren Reife entfalten wird. Die Nase zeigt weißen Pfirsich und eine feine grüne Note von Grapefruit. Dann auch den würzigen Duft von Ginster im Sommer. Je länger der Wein im Glas ist, umso mehr kommt auch frisch gekochtes Apfelkompott mit ein wenig Zimt durch.

Er bleibt bei aller Konzentration der Fruchtaromen (die auf reifes Lesegut verweisen) sehr klar und schlank. Die Säure ist präsent, aber schön ausgereift. Der Körper ist kräftig, doch der Wein bleibt saftig. Eine kräutrige Würze, das herbe Fruchtfleisch der Grapefruit und eine jodige Salzigkeit lassen den „Silberlack“ kühl und schlank erscheinen. Sehnig, jugendlich mit viel Spannkraft steht er als Zehnkämpfer in den Startlöchern.

Ein leicht zu trinkender, aber enorm komplexer Wein, der richtungsweisend für die ganze Region sein sollte. Er knüpft an die Tradition der Rheingauer an, ohne die Gegenwart zu vergessen. Und ein Tipp eines lagerfähigen Rheingauers aus einem komplizierten Jahr. Ein Wein, den man in einigen Jahren suchen wird.

 

Datum: 11.3.2011 (Update 29.8.2014)
 

Ähnliche Weine

 

Ähnliche Artikel