Alle reden über Günther Jauch. Auch hier an Bord. Jauch ist wichtig. Wahrscheinlich hat er das Weingut von Othegraven vor dem Untergang bewahrt. Aber darum geht es heute nicht. Heute steht Jauchs wichtigster Mann im Fokus: Sein Geschäftsführer und erster Kellermeister Andreas Barth. Und dessen Weingut an der Terrassenmosel, der Lubentiushof. Das Gut hat sich seine Meriten in den letzten 16 Jahren verdient. Erwähnung und Lob bei Gault Millau, bei Eichelmann, oder im Feinschmecker. Alle haben darüber geschrieben. Und trotzdem kennt die Weine kaum ein Mensch. Das muss sich ändern.
Der Winzer Reinhard Löwenstein war der erste, der aus der Untermosel die „Terrassenmosel“ machte und für die Deutschen eine Landschaft wiederentdeckte, die zu den schönsten und wildesten Abschnitten des Flusses gehört. Schön und wild sind auch die Rieslinge, die an den steilen Hängen auf unzähligen Schiefermauern wachsen. Auf manchen dieser schmalen Parzellen stehen gerade einmal eine Handvoll Rebstöcke. Was der „Winninger Uhlen“ als Lage für Löwenstein bedeutet, das ist die „Gondorfer Gäns“ für Barth. Beides große Lagen mit besten Schieferböden, wertvolle Stücke Land, die in Jahrhunderten von den Menschen vor Ort geschaffen wurden. Und der Vergessenheit anheimfielen, als nach dem Krieg die Preise stürzten.
Dem Riesling lange Zeit geben
Andreas und Susanne Barth sind Quereinsteiger, Autodidakten, getrieben von einer leidenschaftlichen Philosophie, in deren Mittelpunkt die lange, langsame Gärung des Mostes steht. Der Keller schafft nur den Rahmen, in dem sich der Wein entwickelt. Dort gönnt man den Rieslingen die Zeit, die sie brauchen. Langes Gären in kühlen Gewölben. Und das ist kein Geschwätz: Wenn andere Winzer den neuen Jahrgang längst ausverkauft haben, verlassen Barths Gewächse erst den Keller. Der Jahrgang 2009 wird erst in ein paar Wochen gefüllt. Terrassenlagen, spontane Vergärung, der Faktor Zeit und viel Gelassenheit. Ein einfaches Rezept, das sich nicht jeder leisten kann. Oder will.
Das Etikett strahlt eine gewisse Souveränität aus. Klarheit. Strenge. Weingut, Jahrgang, Lage, mehr nicht. Der Lagenname steht im Mittelpunkt: die Gäns. Ein steiler, vielfach terrassierter Hang, der sich hinter imposanter mittelalterlicher Kulisse erhebt.
Gans Gäns
Im Glas die einfache Gäns, ohne Beiname „Alte Reben“ (gibt es auch, hieß früher „Goldkapsel“). Spontanvergoren im Edelstahltank. Barth nutzt ausschließlich den Edelstahl, folglich ist der Riesling Gäns ein sehr reduktiver Wein. Um aus dem jungen Gäns alles herauszuholen, muss der Saft in die Karaffe. Zwei Stunden genügen: Die Nase ist deutlich von der Spontangärung geprägt, ein leichter, würziger Hefeschleier maskiert das noch wenig entwickelte Bukett. Fast könnte man meinen, der Wein sei gerade erst gefüllt. Mit etwas Luft zeigen sich kühle Kräuternoten, eine Spur salziges Lakritz-Konfekt und eine subtile, ganz zarte exotische Frucht: Litschi und aufgeschnittene, angetrocknete Zitrone. Spannend, kühl, sich ständig wechselnd, verstörend jugendlich, aber auch sehr geschliffen.
Auch am Gaumen will der Wein sich nicht entscheiden und spielt sein große Stärke aus. Die Aromen, die Frucht, die Säure – alles ist perfekt ausgereift und trotzdem wirkt der Wein enorm schlank, saftig und trinkanimierend. Ein Wein, der als Flasche bestellt werden will. Das Gegenteil von einem auf Show getrimmten Riesling, wie er leider häufiger wird. Kraftvolle Schieferwürze und ernsthafte Frucht; die elegante Säure verleiht dem Wein eine tiefgründige Leichtigkeit. Eine Aromatik, die echt ist. Und kompromisslos.
also ich will ja nichts gesagt haben, aber seit ein paar tagen mehren sich die ausnahmen vom „arschjahr“. das hat aber nichts mit dem möglichen „arschjahr 2010″ zu tun? 😉
wie mache ich das denn mit der karaffe und der kühlung. “ zwei stunden reichen“ das geht ja wohl nur im kühlschrank.
überhaupt habe ich mit dem weißwein trinken ein echtes problem:
ersten schmeckt er mir immer besser und wöchentlich entdecke ich neue geschmäcker, während dessen mein geldbeutel immer dünner wird.
aber, eine schön gekühlter wein ins glas und schon muss ich ihn zügig trinken, ansonsten wird er ja warm. ich schenke nach und muss schon wieder schnellstens trinken…. das ist echt der reinste streß und überhaupt werde ich da ziemlich schnell besoffen…….
ein glas, das den wein über einen langeren zeitraum kühl hält, das wär´s. aber da kümmert sich ja kein mensch darum…..
gestern habe ich meinen ersten v.othengraven bestellt, der gäns scheint aber auch nach meinem geschmack sein zu können. ich werd´s testen, demnächst.
wenn ich nur das problem mit dem glas lösen könnte…
salut
Wer noch mehr über den Winzer erfahren will, hat hier die spannende Gelegenheit dazu: http://www.daswinzerinterview.de/index.php?article_id=68
wie, nur weil da was zu toppen ist, gehn wir auf schmusekurs?
ich dachte,arschjahr ist arschjahr, basta!
und nun das…
Die deutschen 2008er brauchen viel Zeit zur Entfaltung. Viele waren im Sommer 2009 problematisch und unrund, haben sich aber z.T. sehr gut entwickelt (Ansgar Clüsserath, van Volxem, Clemens Busch). Abwarten, was 2010 in D wirklich auf die Flasche kommt. Jetzt schon zu spekulieren ist unseriös.
Habe mal den Gäns eingezeichnet, bin mir aber nicht sicher ob alles stimmt:
http://www.weinlagen-info.de/?lage_id=1966
Bitte checke wer es wissen könnte.
Nachdem der Captain seine Kundschaft – nachvollziehbarerweise, denn die Pretiosen der speziellen Foren-Weinliebhaber fallen aus dem Rahmen von Geldbörse und Interesse der Mehrheit der breit gestreuten Leserschaft – eher im Bereich der Basis-Weine verortet, seien auch der Mehrheitsfraktion der unter 10 EUR-Trinker die Weine vom Lubentiushof anheim gelegt. Die „von den Terrassen“-Weine (2008 habe ich nicht probiert) boten in der Vergangenheit viel Substanz und wenig Gefälligkeit, wobei mir der Restsüsse-Tick bei den halbtrockenen Weinen als Kontrapunkt besonder gefiel . Fussnote zu „von Othegraven“: G. Jauch kam bei dem beeindruckenden VdP-Parcours in Berlin zu Monatsbeginn nicht anders daher als Frau Dr. Kegel (also natürlich-unprätentios); die Weine sind halt weiterhin Barth-Weine.
„von den Terrassen“??? Hier ist wohl das Lagen-Cuvée „von der Leyen“ gemeint, die Basisqualität des Lubentiushofs.
Übrigens: Ich habe die 2008er Gäns ganz bewusst ausgewählt, weil es in der Preisklasse bis 15 Euro wenig Vergleichbares gibt.
So weit ich sehe, haben Sie die Lage ganz gut erfasst. Was sagt Maat Eschenauer?
Der linke Schenkel ist die alte Gäns („Genz“), rechts der alte Spitalsberg, meines Wissens läuft der heute unter Schlossberg.
Diese Einschätzung der 2008er-Weine ist für mich auch erschmeckbar – bei manchen Winzern (halt den üblichen Verdächtigen) liess sich der Jahrgang zu Beginn unterschätzen; mittlerweile schmecken diese Weine aber so gänzlich anders als viele andere 2008er (jedenfalls spannender als der everybody’s-darling Jahrgang 2009). So erging es mir mit den von „Master at Arms“ erwähnten Weinen von vV (der Wiltinger Braunfels ist ein Gedicht – präzise, strahlig, eingebettet in den vV-Schmelz, mit 11.5 % ein mustergültig leicht daherkommender und in sich komplett wirkender Wein) und von C. Busch (der rote Schiefer schmeckt völlig anders als vor einigen Monaten: seidig, elegant, drängt sich vom Mundgefühl her weniger auf als andere Jahrgänge – dabei nicht schmeicherlisch, eine zarte Interpretation der Terrassenmosel).
Wie seht Ihr denn 2007 aktuell (früh präsent, aber ohne Langläuferkondition – ich frage vor dem Hintergrund des aktuellen Preisnachlassangebotes von dem Herkules der Weinprosa aus dem Saarland)?