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Italien: Autochthone Rebsortenschätze

Weingut Selva Capuzza südlich des Gardasees. (Foto:S.Capuzza)
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Eine bestimmte Sorte hat es mir besonders angetan. Eine, die irgendwie schon immer das Stiefkind war, der verzogene Rüpel. Ein Kind, das niemand wirklich adoptieren wollte. Wahrscheinlich alleine wegen ihrer Attribute und unserer Gleichheit fühle ich mich zu ihr hingezogen.

Es ist kein Sauvignion Blanc

Schon beim Namen fing das Dilemma an. Ich bin mit dieser Sorte aufgewachsen, weil meine Großeltern im norditalienischen Veneto ein paar Zeilen davon stehen hatten. Mein Großvater nahm allerdings an, es handele sich um Sauvignon Blanc, welcher ja im Veneto durchaus häufiger anzutreffen ist.

Diesen Irrglauben gab es schon einmal: In Neuseeland nahm man an Sauvignon Blanc gepflanzt zu haben, aber nach einiger Zeit stellte man fest, dass die Neupflanzungen später reiften als die französischen Klone des Sauvignon Blanc. Auch auf der Flasche entwickelte sich der Wein anders: Er alterte schneller und verlor zügig seinen duftigen Charme.

Nach ampelografischen Untersuchungen stellte sich heraus, dass es sich gar nicht um Sauvignon Blanc handelt, sondern um den Sauvignonasse (Brebbianello, Cinquien, Malaga, Sauvignon à gros grains, Sauvignon de la Corrèze, Sauvignon Vert, Tocai Bianco, Tocai Italiano, Tocai Friulano, Tokai und Trebbianello) oder wie wir in Italien zu sagen pflegen: der Tocai oder eben heute der Friulano.

Friulano, der Underdog unter den Reben

Dieser Freund „Friulano“ ist mir so ans Herz gewachsen, so dass ich ihn nicht aus meinem Leben wegdenken könnte. Heute ist er mit 8000 ha. überwiegend im Friaul und in Venetien Zuhause. Es ist eine klassische, autochthone Sorte mit viel zu wenig Beachtung. Ein Underdog und somit genau mein Ding!

Ein Gebiet, in das die Rebe Friulano meiner Meinung nach am Besten zur Geltung kommt, ist jedoch die Lombardei. Genauer gesagt die winzige DOC: San Martino della Battaglia am südwestlichen Ufer des Gardasees. Benannt nach der Schlacht um San Martino im 19. Jahrhundert. Als die Piemonteser gegen die Österreicher antraten. Wie auch immer.

Gebirgsgeröll bringt mineralische Weine

In dieser Ecke, wo vorwiegend Moränenböden, sprich Gletscher und Gebirgsgeröll vorherrschen, entstehen sehr feingliedrige, komplexe und mineralische Weine aus der Friulano Traube. Neumodisches Sommelierdeutsch würde so klingen: Saftig, salzig, mit ordentlich Spannung.

Der San Martino della Battaglia „Torfel“ von Feliciana aus Pozzolengo (BS). Brillante, strohgelbe Farbe nach innen gehend ins goldene abdriftend. So weit – so gut. Die Nase intensiv und glasklar mit viel Muskatduft, Cashewnüsse, Heu, Aprikosen, Zitronenmelisse, unreifer Pfirsich, etwas Salbei, Tomatenblätter und Bergamotte. Dazu viel Würze und ein packender Schmelz, der natürlich durch die Batonnage unterstützt wird.

Einmal gespült und geschluckt bleibt ein Maul voll würziger, frischer Frucht am Gaumen und ein tolles ausgewogenes Süße, Säure Spiel im Mund übrig. Der Wein steht auch erstaunlich lang im Mund und schmeckt satt nach.

Ein echter Zechwein für Fischiges

Ein echter Spaßwein oder Zechwein mit Ambition würde ich sagen. Ob man ihn für einen Sauvignon Blanc halten würde, weiß ich nicht. Und ob man ihn unbedingt lange lagern sollte, ist auch dahin gestellt. Für mich eindeutig die Kategorie: Aufmachen, trinken und Spaß haben.

Was ich dazu essen würde? Gemüsiges auf jeden Fall und auch Sachen, die aus dem Wasser kommen (keine alten Autoreifen oder zerfressene Schuhe…), gegrillt, mit Kräutern und Olivenöl. Wie in Bella Italia eben. Mein Song zum Wein: City – Am Fenster.

 

Datum: 8.1.2012 (Update 26.11.2014)