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Irene Söngen: keine Frage der Technik.

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Irene Söngen war mal technische Zeichnerin. Heute heißt ein Weingut im Rheingau genauso wie sie. Wie es dazu kam, steht in dieser Geschichte
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Am liebsten ist sie bei ihren Reben. Draußen in der Natur, kein Traktor und kein Mensch in ihrer Nähe. Dann spürt Irene Söngen, dass sie das Leben lebt, von dem sie früher geträumt hat.

Söngen ist im Rheingau aufgewachsen, in der Ecke von Eltville, einer konservativen Gegend. „Meine Eltern waren etwas altmodisch. Für mich als Mädchen war nach der Realschule Schluss“, erzählt sie. Gerne wäre Söngen dann Gärtnerin oder etwas ähnliches mit Pflanzen geworden. Aber ihre Eltern redeten ihr das aus, sie wollten der Tochter wohl die körperliche Arbeit nicht zumuten. So lernte das Mädchen technische Zeichnerin im Maschinenbau. Glücklich wurde sie in diesem Beruf nicht.

Ihren heutigen Mann Klaus-Georg lernte sie kennen, als dieser gerade seinen Zivildienst leistete. Danach wollte er studieren – aber was? „Ich habe ihm damals nur gesagt, dass ich an seiner Stelle Weinbau studieren würde…“, sagt Söngen und lacht. Ihr Mann hörte auf sie und nach seinem Studium begannen die beiden 1994 zusammen Weinberge zu bestellen.

Der Mann lernte Winzer aber das Weingut heißt nach der Frau!

Ein paar Jahre lang lieferten sie ihre Trauben bei der örtlichen Genossenschaft ab, dann wagten sie das Abenteuer: sie gründeten nebenher das Weingut Irene Söngen, um die Existenz als unabhängige Winzer auszuprobieren und machten dort ihren eigenen Wein. „Das schafft ihr nie!“, bekamen die Söngens damals oft von ihren Nachbarn zu hören. Das war ihr größter Ansporn.

Und heute? Das Experiment klappte, der Erfolg stellte sich bald ein und der Liefervertrag mit der Genossenschaft war irgendwann obsolet. Jetzt bestellen die beiden achteinhalb Hektar Rebland, verarbeiten jede Traube selber und leben das, wovon Söngen schon als Jugendliche träumte – siehe oben.

Maschinenverkäufer reden mit ihrem Mann.

Schwierig, sich in so einem Männerberuf zu behaupten? „Ach, so schwer ist das nicht“, sagt sie. Wenn ich zum Beispiel irgendwelches Zubehör einkaufe wie Draht oder so, sind die Männer immer sehr hilfsbereit.“ Aber wenn es um eine große Anschaffung geht, wie eine neue Traubenpresse – dann redet der Verkäufer mit ihrem Mann, obwohl sie genauso viel Ahnung hat.

Dabei machen Frauen ihrer Meinung nach durchaus anders Wein als Männer. „Frauen schauen halt mehr nach den Blümchen. Die Männer wollen immer Traktor fahren. Die sind so technisch“, meint Söngen und gibt ein Beispiel: „Viele meiner männlichen Kollegen bringen ihren Jungwein erstmal ins Labor. Dann bekommen sie ein Papier, auf dem steht, was drin ist, wie hoch die Säure ist und mehr. Dann entscheiden sie, was sie im Keller machen.“

Mädchenwein?

Söngen würdigt diese Papiere keines Blickes, sie geht intuitiv vor. Zusammen mit ihrem Mann geht sie in den Keller, die beiden probieren die Weine und verlassen sich dann ganz auf ihre Sinne. „Mein Mann muss sich manchmal anhören, wir würden Weine machen wie ein Mädchen.“

Schauen wir mal, was dieser Mädchenwein draufhat. Wir haben uns eine Flasche Riesling Kabinett kommen lassen. Gerade mal 11,5 Prozent Alkohol hat die Lady.

Limette + Grapefruit = Frische und Klarheit.

„In der Nase ist dieser Wein sehr klar, sehr fruchtbetont, aber es steht keine Frucht besonders im Vordergrund“, sagt Söngen selbst über diesen Wein. Stimmt, uns geht es beim Schnuppern genauso.

Am Gaumen sieht das schon etwas anders aus. Hier stehen deutlich säurehaltige Früchte im Vordergrund, Aromen von Limette und Grapefruit geben dem Wein eine enorme Frische und Klarheit. Feine Süßlichkeit schmiert den Trinkfluss. Der Abgang ist für einen Wein dieser günstigen Preisklasse sehr lang.

Am besten, wenn es draußen heiß ist.

Macht Spaß, dieser Wein! Aber wir würden ihn noch ein bisschen im Keller liegen lassen. Nicht, damit er reifen kann, nein, dafür ist er nicht gemacht. Aber zu Hochform läuft er auf, wenn es draußen richtig heiß ist, unter 30 Grad geht da gar nix. Dann ab in den Schatten, Füße hoch und diesen Riesling ins Glas. Wer etwas dazu essen möchte, dem seien empfohlen: Ente süß-sauer oder Graved Lachs mit einer Honig-Senf-Sauce.

 

Datum: 5.6.2015 (Update 2.9.2015)
 

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