Es war eine kleine Meldung in der Zeitung, die mich aufmerken ließ. Marcel Schiefer, 28 Jahre alt, Koch und Inhaber des Sternerestaurants Schorn in Düsseldorf, schreibt an den Guide Michelin und teilt mit, dass er seinen Laden schließen werde.
Keinen Bock mehr auf die Hatz nach Sternen, Aufmerksamkeit und Stress.
Warum? Sein Sohn Vincent ist zweieinhalb Jahre alt und einer der ersten Sätze, die er sagen konnte, war: „Papa arbeiten“. An vielen Tagen sah Schiefer den Kleinen gerade mal für eine halbe Stunde – wenn seine Frau Anne ihn im Restaurant vorbeibrachte.
Der Arbeitstag eines Sternekochs beginnt früh. Einkaufen, planen, Menüs schreiben. Dann kochen, kochen, kochen. Oft bis spät in die Nacht.
12 Stunden-Tage in so einer heißen, dampfenden, lauten und meist fensterlosen Küche sind die Regel, nicht die Ausnahme. Kein Wunder, dass die meisten Köche so eine blasse Hautfarbe haben.
„Dafür haben wir keine Familie gegründet“, sagt Schiefer. Also schloss er das Schorn und konzentriert sich seitdem auf sein zweites Restaurant. Das Bruderhaus mit gutbürgerlicher Küche in Hamm.
Auf den Mut, zur großen Küchenkarriere „Nein!“ zu sagen, erhebe ich nun mein Glas – und gehe dann mit meiner Tochter auf den Spielplatz.
Schon beeindruckend, wie einer die Cojones hat, aus dem Rennen um die begehrten Auszeichnungen der Gourmet-Tester von Guide Michelin, Gault Millau oder sonstwem auszuscheiden.
Nicht jeder schafft das. Und mancher nimmt ein trauriges Ende. Ich denke an den ehemaligen Vize-Chef des weltberühmten Restaurants Noma in Kopenhagen: Martin Sten Bentzen starb im März 2015 im Alter von nur 32 Jahren vermutlich an einem Herzinfarkt. Es geschah an seinem neuen Arbeitsplatz in Shanghai. Die Familie hatte nicht mal genug Geld, um Martins Leichnam nach Dänemark überführen zu lassen.
Oder der Katalane Santi Santamaria, einer der besten Köche der Welt. Tot durch Herzinfarkt im Alter von 53 Jahren. Sein Restaurant Can Fabes wurde ab 1994 durchgehend mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Ihm gehörten auch das Santceloni in Madrid (zwei Michelin-Sterne) und das Evo in Barcelona (ein Michelin Stern).
Um auf einen Sternekoch zu trinken, braucht’s natürlich was Feines. Ich habe mich für eine Flasche eines winzigen, gerade mal vier Hektar großen, portugiesischen Weinguts entschieden.
Vale da Mata liegt in der Nähe von Lissabon und der Wein, den sie mir geschickt haben, ist eine Reserva aus den Rebsorten Syrah und Touriga Nacional. Ein Jahr lang reifte er in neuen Barriques aus Frankreich.
Ich gieße mir einen Schluck ins Glas und schnuppere daran. Pause. Nochmal. Boa, der ist komplex! Da sind zunächst rote Früchte, Kirsche und Johannisbeere. Dazu kommen vollreife Pflaume sowie Noten von getrockneten Kräutern, schwarzem Pfeffer und Oliven.
Am Gaumen dominiert die Pflaume. Kirsche und Johannisbeere treten etwas in den Hintergrund. Untermalt werden diese Früchte durch Noten von Schokolade und Vanille, ergänzt vom Feuer des schwarzen Pfeffers und der Würze der Olive.
Ein Wein für schöne, ach was: herausragende Anlässe!