Thomas Kipka braut den „Sylter Hopfen“. Das sind 20.000 Flaschen zu je 0,75 Liter jährlich. Das Gourmetbier kostet in seinem Onlineshop knapp zwanzig Euro und wird in die ganze Welt verschickt. Damit wäre, nüchtern betrachtet, schon das Meiste gesagt. Aber uns interessiert nicht nur die Güte eines besonderen Gebräus, sonder vor allem sein Hintergrund.
Kaum zu glauben, dass Kipka früher gerade in jener Brauerei tätig war, die aus ihrem Bier einen ganz anderen Kult gemacht hat. Mit Hilfe einer beliebten Comicfigur wurde dort die Verbindung zwischen Gerstensaft in kleinen, bombigen, mit Bügeln verschlossenen Flaschen einerseits – und auf der anderen Seite, nennen wir es einmal so: „tieferen Schichten“ des sozialen Gefüges zelebriert und verstärkt.
Das, was Kipka heute braut, zeigt eine andere, weitgehend noch unbekannte Seite des Biers. Höchstwertige, seltene Genüsse in edler Aufmachung. Man bekommt Biere wie den Sylter Hopfen nicht an jeder Straßenecke – und leider viel zu selten in der gehobenen Gastronomie. Aber zumindest für den privaten Genuss sind sie leicht erhältlich.
Die Seele unseres heutigen Biers kommt von der Nordseeinsel Sylt. Aus Umweltschutz-Gründen wird es allerdings in Flensburg gebraut. Kipkas Westindien Compagnie hat jahrelange Pflanzversuche unternommen, mit dem Ziel, die richtigen angelsächsische Hopfensorten auf Sylt zu kultivieren. Dabei ging es ihm darum, das spektakuläre Terroir und die feinen Nuancen seltener Sorten aufeinander abzustimmen – Hopfenpflanzen, die dem rauen Seeklima gewachsen sind und dabei jene feinen Inhaltsstoffe ausbilden, die über das Transportmittel Bier in unseren Nasen echte Sensationen erzeugen.
Auch der Brauprozess ist beachtenswert. Die Würze wird zunächst in offenen Bottichen vergoren. Die zweite Gärung erfolgt direkt in Imperial-Flaschen, die nach mehreren Wochen händisch abgerüttelt werden. Dann setzt sich die Champagnerhefe (nur solche wird für die zweite Gärung angestellt) nach getaner Arbeit im Flaschenhals ab. Schließlich erfolgt das Degorgieren und der neuerliche Verschluss inklusive dem Aufsetzen der Agraffe. Der Begriff „Manufaktur“ ist also kein leerer Marketing-Sprech, sondern beschreibt wesentliche Teile des Herstellungsprozesses.
Das Bier ist schon optisch sehr attraktiv. Leuchtender Bernstein, feine Trübung, schöner, heller Schaum. Dann erfreut ein vielschichtiger und faszinierender Duft die Nase. Das außergewöhnliche Hopfenaroma enthält auch Nuancen von kandiertem Ingwer. Getrocknete Aprikose und ein insgesamt fruchtiger Eindruck. Sofort begeistert die Rezenz, die von einer feinen fruchtigen Säure, zarter Hopfenbitterkeit und weniger von der Kohlensäure herkommt.
Das gute Mundgefühl zeigt, dass wir etwas Besonderes genießen – es ist viel da, ohne dass das Bier jemals „fett“ wirken würde. Die lange nachwirkenden Eindrücke werden auch im Abgang von einer feinfruchtigen Säure begleitet. Sehr delikat!
Unterhaltsam verlief auch die Verkostung für diese Kolumne am Abend des 18. August neulich im schönen Garten der „Rose“ auf der schwäbischen Alb. In der großen Runde auch Dieter und Sabine Speidel, der gastgebende Küchenchef Simon Tress und seine Frau Mama, die Wirtin Inge Tress, sowie die Biersommeliere Birgit Rieber.
Die Begeisterung für das außergewöhnliche Bier war allgemein groß und beide Betriebe überlegen nun, den Sylter Hopfen in ihre Bierkarte aufzunehmen. Eine lange Diskussion folgte, in deren Rahmen es dem Biersepp ein Vergnügen war, mit zwei formidablen Köchen über Bier als Speisenbegleiter zu plaudern. Es ist zu spüren, dass sich in Deutschlands gehobener Gastronomie diesbezüglich bald sehr viel neues tun wird.
Logisch, dass etwas so edles auch entsprechend verpackt wird. Schon die Imperialflasche ist attraktiv, auch das Etikett und das zusätzliche Label, auf dem die Flaschen-Nummer und weitere Daten zu lesen sind, wurden reizvoll gestaltet. Man kann das Bier auch in einem sehr ansprechenden Geschenkkarton, gemeinsam mit zwei mundgeblasenen Gläsern bestellen.