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Herrn Schnabels Gespür für Purismus

Etwas hügelig am Sausal...
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Captains Maat Clemens Mallyfuhr in die Steiermark und entdeckte einen der wenigen Ausnahmewinzer der Region. Karls Schnabel macht alles anders, was man machen kann. Und wir kriegen gute Weine, die keiner kennt.
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Rotwein aus der Steiermark heißt in erster Linie „Olivin“. Ein sortenreiner Zweigelt, der in Fässern aus Holz eines die Weinhänge umgebenden Waldes reift. Eigentlich war es das schon. Mehr Worte muss man über diesen Wein nicht verlieren. Ein langweiliges, irgendwie amorphes Zeug, dem es – meiner Meinung nach – am Besonderen mangelt. Aber der einzige relevante Rotwein der Steiermark. Und deswegen eine Ikone.

Die Steiermark im südlichen Osten Österreichs ist eine landschaftlich und klimatisch sehr begünstigte Weinregion, in der es in den letzten Jahrzehnten an Querdenkern mangelt. Zwar gibt es das Weingut Tement, den Sattlerhof, oder das Weingut Neumeister, die allesamt sehr gute Weine kelterten. Doch sieht man von diesen mitunter plakativen Getränken ab, kommt aus der Steiermark schon lange nichts wirklich Spannendes mehr. Von Homogenität gar nicht erst zu sprechen.

Doch die Zeiten wandeln sich. Eine neue, eine andere Szene entsteht. Eine Szene überzeugter Spontanvergärer und idealistischer Biowinzer: Pioniere die gerade das Fundament einer neuen, einer besseren und interessanteren Steiermark bauen.

Der Burgunderspezialist

Zu ihnen gehört Karl Schnabel, ein Winzer, der sich auf rote Rebsorten spezialisiert hat. Er ist ein Spezialist für burgundische Weine, denn dort hat er gelernt, bei der Domaine Louis Latour in Beaune, die zwar ein Massenhersteller ist, jedoch genaue und relevante Qualitätskriterien kennt.

Bei Latour erkannte Schnabel die lange hohe Weinkultur der Region, eine Weinkultur, die ohne viel Technik auskommt. Der Captain würde dies wieder als mangelnde Infrastruktur begreifen.

Technik – das hat eben nichts mit Leben zu tun. Wie könnte sie also etwas Lebendiges schaffen? Lebendiger Wein entsteht nur, wenn man ihn wie etwas Lebendiges heranwachsen lässt. Schnabel kreiert ausdruckstarke, feine Kunstwerke, die nicht vor Kraft beben, sondern mit Individualität und Tiefgang überzeugen.

Vielschichtig und elegant

Karl Schnabel erntet die Trauben seiner Weine in Kitzeck im Sausal. Sausal ist ein Inselberg in der Südsteiermark, der im Paläozoikum entstand. Dieser Inselberg wurde nie überflutet, daher sind die Böden auch im Gegensatz zur restlichen Südsteiermark aus silikatischem Urgestein und frei von Kalk. Das beeinflusst die Weine, sagt Schnabel: „Meine Weine sind nicht flach und breit, sondern vertikal, vielschichtig, elegant und von echter Mineralik geprägt“.

Um die Wurzeln seiner Reben noch weiter in die Tiefe zu schicken, bedient sich Schnabel der natürlichen, wilden Begrünung seiner Steillagenweingärten. Und er zwingt sie mit einer Karsthaue. Bei dieser Kräfte raubenden Arbeit werden die Wurzeln bei den Nodien entfernt. Dadurch bleibt dem Stock nichts anderes übrig, als seine Hauptwurzeln zu verstärken. Bei Schnabel haben die Reben nichts zu lachen. Im erzwungenen Überlebenskampf müssen sie besonders stark werden. Das sorgt später für den Charakter der Weine.

Ein weiteres Credo Schnabels ist der absolute Verzicht auf schönende oder konservierende Maßnahmen. Für Schnabel ist das die letzte Konsequenz in Sachen Authentizität. Nach dem Ausbau der ungeschönten Weine in burgundischen Barriques werden die Säfte unfiltriert, ungeschönt und vor allem ungeschwefelt auf die Flasche gebracht. Das setzt voraus, dass nur beste vollreife Traubenqualität verarbeitet wird.

Doch ungeschwefelte Rotweine bleiben nur durch langsamen Ausbau stabil. Vorausgesetzt, sie haben genügend natürliches Tannin. Karl Schnabels Weine besitzen diese Kraft, sie gewinnen nach dem Öffnen sogar jeden Tag dazu und strotzen vor Lebendigkeit. Sie sind regelrechte Maximalweine. Wollen wir mal kosten? Wir wollen.

Blauer Zweigelt Kreuzegg 2008, 12 % Alkohol
Im Glas ein weiterer Protagonist, der das großartige Potenzial des Zweigelt offenbart. Sattes reifes Tannin, wunderbare zarte Frucht. Dann dunkle, leicht herbe Schokonoten mit reifer Kirsche. Der Wein ist zupackend, bezaubernd puristisch und hat genug Gerbstoff für ein langes Leben. Auch ohne Konservierungsstoffe.

Blaufränkisch Hochegg 2008, 12 % Alkohol
Der Wein ist sehr reduktiv und braucht unendlich viel Luft. Also dekantieren, auch wenn der Captain das hasst. Ich habe den Hochegg nun den dritten Tag im Glas und kann mich noch immer nicht satt riechen. Schwarzer Pfeffer und Veilchen finden sich in eine wunderbare, dunkle, extraktsüße Frucht gebettet, die von einer feinen Säure umrandet ist. Ein perfekt konzentrierter Wein, mit fast prickelnder Frische. Kühl und harmonisch Einfach alles da. Und unglaublich süffig.

Pinot Noir Hochegg 2008: 12% Alkohol
Die schwierige Traube schlechthin. Helles durchsichtiges Rot. In der Nase reif nach Blutorange und Himbeere. Karamell in Richtung Toffee. Eine komplexe Exotik. Ein Potpourri aus gelben und roten Früchten und Beeren. Ganz deutliche Ingwerfrucht im Paarlauf mit ätherischen Noten nach Tannennadeln und Harz. Feines, seidiges Tannin, das am Gaumen einen kräftigen Druck erzeugt. Salzig und lang. Streng genug für eine lange Entwicklung. Ein langer Nachhall, bekömmlich ohne wenn und aber!

Die Weine von Karl Schnabel gibt es in Österreich nur ab Hof und in Deutschland bei seinem „Verteiler“, Herr Henning Erfkamp, der unter Tel. 0251 / 21 02 52 3 zu erreichen ist. Man merkt: alles sehr speziell. Auch die Preise werden erst auf Anfrage bekannt gegeben. Ein Ausnahmewinzer, der völlig andere Wege geht. Ausgerechnet in der Steiermark.

 

Datum: 24.1.2011 (Update 26.8.2014)
 

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