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Welschriesling? Das ist die vielleicht am meisten unterschätzte Rebsorte in Österreich. Sogar der Captain – ein Welschriesling-Skeptiker („wer braucht das Zeug, wenn es Mersault gibt“?) – konnte sich in Ungarn überzeugen, was die Sorte leisten kann. Wenn sie den Winzer findet, der das will.
Der Welschriesling ist vermutlich über die Champagne nach Österreich gekommen. Hier wird die spät reifende Sorte vor allem in der Steiermark für ein unreifes, gärig riechendes und unfertig-weinähnliches Getränk verwendet. Man könnte sagen, sie wird vergewaltigt.
Doch der Jungweinfetischist wird befriedigt, die Kassen rattern und Winzer X, Y oder Z sind zufrieden. Alle glücklich. Nur ich nicht. Im Burgenland – immerhin – machen sie aus Welschriesling hervorragende Süßweine. Aber das kann ja nicht das Schicksal dieser Traube sein. Oder?
Mehr Potential als Veltliner?
Als Liebhaber des Welschriesling – ich spreche ihm mehr Potenzial als dem Grünen Veltliner zu – fehlt mir die gute Mitte. Der ganz normale Wein, der von einem Winzer gemacht wird, der die Sorte auch irgendwie mag. Und sie nicht nur für elaborierten Süßwein nutzt. Oder als Cash-Cow missbraucht.
Offensichtlich ist das auch ein Zustand, der dem jungen Weinbauern Bernhard Ernst Deutschkreutz im Mittelburgenland sauer aufstößt. Er hat jedoch die Mittel, um diesen Mangel zu beenden: er hat 35 jährige Welschriesling-Reben, die auf schottrigen Lehmböden wachsen – ideal für Weißweine vieler Art.
Leider konzentrierten sich die Winzer des Mittelburgenlandes sehr stark auf ihre Rotweine. Und dieses Image bekommen sie auch nicht mehr los. Macht nichts, das brachte uns viele große Rote, vor allem gigantisch gute Blaufränkische. Ich bin nicht ganz sicher, ob die Rotweine von Bernhard Ernst schon so gut sind, dass sie mit den großen Namen der Region in Konkurrenz treten können. Da werden die nächsten beiden Jahre Beweise liefern müssen. Sein Welschriesling allerdings ist heute schon perfekt. Und eines der besten Beispiele, was man aus der Sorte keltern kann. Wenn man will.
Mehr Stein, mehr Alkohol, weniger „Spritz“
Bernhard Ernsts Welschriesling Steinriegel ist nicht unreif, schmeckt nicht nach grünen Äpfeln und ist mit 12,5 % Alkohol auch etwas gewichtiger als die Abfüllungen aus der Steiermark. Die Spontanvergärung, der Ausbau auf der Feinhefe (die gelegentlich aufgerührt wurde), ein langer Hefekontakt und eine sehr späte Abfüllung machen den Wein so gänzlich unterschiedlich, dass er vom gemeinen Welschrieslingtrinker zuerst wohl mit Verwunderung aufgenommen wird.
Im Glas ein relativ helles Grüngelb, in der Nase gleich ausgesprochen mineralisch. Der Name der Lage ist Programm. Nach den undefinierbaren mineralischen Tönen, mehr zum nassen Kiesel tendierend, dann Anklänge von frischem Heu und gerade geviertelten Williamsbirnen.
Ein fordernder Wein, markant vor allem die Säure, die sich gegen ein dichtes Gerüst aus salzig-spritziger Mineralik durchsetzen muss. Ein Welsch mit mächtig „Eiern“. So soll er sein. So ist er nirgendwo anders. So sieht der erste „Ernste Schritt“ in Richtung richtigen Welschriesling aus.
Und 2010?
2010 – ein schwieriges Jahr. Doch Bernhard Ernst hat seinen Wein wieder anders behandelt, hat die Trauben lange am Stock gelassen. Und auch lange (5 Tage) auf der Maische. Dann kam der Saft in 500 Liter Holzfässer. Das wird genau nicht so schmecken, wie man sich Welschriesling vorstellt. Und vielleicht ist es Bernhard Ernsts Bestimmung, das Comeback der Weißweine im Mittelburgenland einzuleiten. Andere Weine sind gefragt, andere Welschrieslinge erst recht. Jetzt ist immerhin einer da, der das kapiert.
- Welschriesling Steinriegel 2009 von Bernhard Ernst für 6,90 Euro.
Der Bernhard macht Ernst. Und das ist auch gut so.