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Flo Busch: Love Story mit Wein

Deutscher Winzer im Languedoc: Flo Busch
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Weintester Rudi Knoll trinkt einen elegant-würzigen Rotwein aus Südfrankreich, den der Sohn eines berühmten deutschen Bio-Winzers zubereitet.
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Die Traube fällt nicht weit vom Busch, schreibt Rudi Knoll, der den Captain heute entlastet. Wer ist Rudi Knoll? Wahrscheinlich der dienstälteste Weinjournalist Deutschlands und ein Kollege des Captain, der ihm väterlich auf die Finger klopft, wenn in seinem Newsletter etwas nicht hundertprozentig stimmt. Rudolf Knoll (Jahrgang 1947) schrieb 56 Weinbücher, weitere sind in Arbeit. Der gebürtige Münchner war in den 1970er-Jahren Fußball-Reporter und wechselte dann ins Weinfach. Seit 1984 schreibt Knoll für das Weinmagazin Vinum und organsiert den Deutschen Rotweinpreis.

Zurück zum Busch, genauer gesagt Clemens Busch. Der ist seit etlichen Jahren als Bio-Winzer einer der Spitzenerzeuger an der Mosel und lebt im 900-Einwohner-Ort Pünderich. Clemens ist berühmt und ziemlich hipp bei Biowein-Kennern.Er hat zwei Söhne. Johannes, der Jüngere (32), steht seinem Vater im Weingut zur Seite. Florian aus dem Jahrgang 1982 (also der Ältere) war eigentlich als Betriebsnachfolger vorgesehen. Aber der hatte seinen eigenen Kopf und für sich ein Luft- und Raumfahrt-Studium vorgesehen, erkannte nach einem Jahr jedoch, dass dies ein reiner Bürojob sei. Nichts für einen, der neben steilen Moselweinbergen aufgewachsen ist. Also Studium-Abbruch.

Ein Ausflug nach Neuseeland und die Mitarbeit im renommierten Weingut Pegasus Bay bestärkten den Entschluss, doch etwas mit Wein zu machen. Florian arbeitete fortan im elterlichen Weingut mit und drückte von 2004 bis 2008 in der Wein-Hochschule Geisenheim die Studienbank. Da bald darauf in Pünderich der Bruder mitzumischen begann, gönnte sich Florian einen Aufenthalt in Frankreich, auch um die Sprachkenntnisse aufzupolieren. Es traf sich gut, dass der angesehene Winzer Raimond de Villeneuve von Château de Roquefort in der Provence ein Freund der Buschs ist, der Florian die Mitarbeit anbot.

Dann lief Florian eine schöne Französin über den Weg: Herzklopfen. Ihr zuliebe wurde er als Kellermeister der Domaine d’Aupilhac in Montpeyroux sesshaft, deren Chef zu den Topwinzern im Languedoc gehört und biodynamische unterwegs ist – wie Vater Clemens an der Mosel. Aber bald geschah, was öfter geschieht, wenn das Feuer der großen Leidenschaft niedergebrannt ist: Liebesaus.

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Ein Beitrag geteilt von Paola (@paola_fleursdegarrigue)

Da trat Paola in das Leben von Florian Busch, siehe oben. Paola hat einen interessanten Beruf. Die gelernte Landwirtin ist Spezialistin für den Anbau von Heil- und Aromapflanzen und deren Weiterverarbeitung zu Destillaten und ätherischen Ölen. Anfang 2018 nutzte das Paar die Chance, ein großes Grundstück in Montpeyroux zu erwerben. Mit Bach, Feldern, Hausruine, Olivenhain und Wald, dazu 0,3 Hektar Reben. Ein kleines Paradies schwärmt Flo. Im gleichen Jahr wurden Aromapflanzen gesetzt und der Weinberg bewirtschaftet.

Ab 2019 startete Flo richtig durch, gewann Rebfläche hinzu und ist inzwischen bei 4,5 Hektar angekommen. Aktuell ist der Jahrgang 2019 im Verkauf. Bei der Namensfindung für Wein wird Florian Busch gerne poetisch. So heißt sein saftiger Carignan „Heureux qui comme …“. Jetzt muss ich ein bisschen ausholen und in die griechische Mythologie einsteigen. Übersetzt heißt das „Glücklich, der wie…“ Der Rest ist einem bekannten Gedicht (und Lied) zu entnehmen: „… Odysseus eine schöne Reise hatte“. Dieser Vers stammt von Joachim du Bellay (1522-1560), ein gleichnamiges Chanson von Georges Brassens (1921-1981, einem der großen französischen Liedermacher, an dem sich Reinhard May orientierte.

Ulysee (Odysseus) heißt der kleine Sohn von Paola und Florian, dem dieser Wein gewidmet ist. Odyssee ist auch die Bezeichnung für eine lange, abenteuerliche Irrfahrt. Busch sieht das für sich nicht dramatisch. Er brauchte keine zehn Jahre, um im Süden Frankreichs anzukommen. Aber wir dürfen uns daran erinnern, dass bei der Tour des homerischen Odysseus auch Wein eine wichtige Rolle spielt. Als er und seine Gefährten auf einer Insel von dem riesigen Zyklopen Polyphem gefangen werden und dieser beginnt, die Männer aufzufressen, macht ihn der Held mit süßem Wein aus Thrakien so betrunken, dass er ihn mit einem Pfahl blenden kann. Der raffinierte Odysseus hatte zuvor seinen Namen mit „Niemand“ angegeben. Als der Riese um Hilfe schreit und gefragt wird, wer ihm etwas angetan habe, weiß er nur „Niemand“ zu nennen. Die Hilfe bleibt natürlich aus. Vor gut zehn Jahren griff eine große griechische Kellerei mit dem Wein Kanenas (Niemand) die Geschichte auf.

Wir kehren zurück ins Languedoc am Mittelmeer und Florian Buschs Carignan Heureux qui comme…

Carignan ist eine typische Rebsorte des französischen Südens und feiert seit einigen Jahren eine Renaissance, weil man erkannte, dass alte Reben in Kombination mit strenger Ertragsdisziplin beachtliche Rotweine liefern können. Dafür aber muss jemand wie Florian einige Register ziehen. Er erntet in seiner kühlen Parzelle zu einem Zeitpunkt, in dem die Trauben noch eine gute Säurestruktur zeigen. Drei Viertel werden entrappt. Zwei Wochen Maischekontakt genügen für eine nicht zu starke Dominanz der Tannine. Abgepresst wird romantisch per Hand in einer kleinen Korbpresse. Reinzuchthefen kommen nicht in die Tüte, das würde der biodynamische Vater nie verziehen. Nach der Reifung in gebrauchten Barriques wird im Sommer unfiltriert abgefüllt.

Dieser Wein ist eine tiefgründige und beerig-würzige Weindelikatesse, die man in der verwirrenden Produktvielfalt des Langeudoc lange suchen muss. Und daher sehr zu empfehlen: In der Nase Waldbeeren, Pflaume und Sauerkirsche, dann Eukalyptus und Lavendel. Im Geschmack bleibt der Holzeinfluss moderat, die Säure wirkt lebendig. Sie paart sich mit schwarzer Olive und Pfeffer zu einem ausgesprochen saftigen, gut konzentrierten und tiefgründigen Wein. Im Abgang lange präsent. Der hat Potenzial für einige Jahre Flaschenreife.

 

Datum: 4.4.2021
 

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