Die Verkäufer sind unfreundlich, die Einrichtung zweckmäßig bis hässlich. Aber ich liebe diesen Laden. Er liegt im Nachbardorf und dort wird Fisch verkauft. Der beste und dabei günstigste der ganzen Gegend. Deshalb ist es immer voll und die Verkäufer immer gestresst. Wenn ich vor der Vitrine stehe, muss ich die Ellenbogen ausfahren, um von den anderen Kunden nicht zur Seite geboxt zu werden. Komme ich dran, habe ich für jede Bestellung genau fünf Sekunden Zeit, bevor der Verkäufer genervt mit den Augen rollt.
Einmal, ein einziges Mal, beging ich den Fehler, den Wunsch nach einem Kilogramm gemischter Filets zu äußern. Für eine Fischsuppe. Der Kerl schaute zur Decke, ich könnte spüren, wie er innerlich bis drei zählte, um ruhig zu bleiben. Dann schaute er mich mit einem Blick an, der die Hummer im Aquarium hinter mir tötete, knurrte etwas auf holländisch und fauchte auf deutsch: Sie sollten schon selber wissen, was Sie kochen wollen!
Seit diesem Tag notiere ich mir vorher auf das Gramm genau, was ich haben möchte. Oder – und das geschieht ehrlich gesagt öfter – ich laufe mit völlig ungeplanten Einkäufen aus dem Laden, weil ich einfach auf den nächstbesten Fisch gezeigt und gesagt habe: von dem da, zwei Filets. Deshalb liegen im Kühlschrank gerade zwei monströse Stücke Wildlachs. Ich hoffe auf großen Hunger der Familie.
Die große Tochter hat bereits angekündigt, dass Lachs „total bääh“ sei und sie Krabben mit Reis zum Essen wünsche. Meine Frau hat die Stirn in leichte Falten gelegt und gesagt, sie sei ja gespannt, was ich mit all diesem Lachs wolle. Ich war es ehrlich gesagt auch.
Heute brate ich einen Teil der Filets in neutralem Pflanzenöl, würze sie ein wenig mit grobem Meersalz und reiche dazu Reis und karamellisierte Möhren. Die Zubereitung ist nicht weiter kompliziert, auch die Wahl des Weins fällt relativ leicht. Lachs ist ein fetter Fisch, deshalb sind Weine mit einer gewissen Säure gute Partner. Der Captain hat mir diverse Rieslinge eingepackt. Meine Wahl fällt auf eine Spätlese von der Mosel. Schnitzler heißt das Weingut, Michel der Wein.
„Aus knorrigen alten Rebstöcken von 1922“ steht auf der Flasche. Klingt gut. Während sich das Öl langsam in der Pfanne erwärmt, probiere ich schon mal einen Schluck.
In der Nase habe ich gelben und grünen Apfel, Limette, Mirabelle und etwas weiße Johannisbeere. Mannmann, der hat was zu bieten, das gefällt mir.
Ich hebe das Glas, proste dem Lachsfilet zu und koste.
Wunderschön frisch kommt der Wein daher. Ich schmecke Limette, ein klein wenig Ananas, knackigen grünen Apfel und etwas weiße Johannisbeere. Der Abgang ist ordentlich lang. Dieser Tropfen ist so schön, ich muss mich beherrschen, damit zum Essen noch was übrig ist.
Ein wirklich ganz ganz schöner Riesling. Von dem kommt ein Vorrat zuhause in den Keller.
Inzwischen ist das Öl in der Pfanne warm. Nur warm, nicht heiß.
Ich lege die gesalzenen Filets hinein und erhöhe die Temperatur auf gute zwei Drittel des Maximalwerts.
Nun beginnt der Fisch leicht zu brutzeln und ich kann beobachten, wie er langsam durchgart. Erst wenn ich auf der oberen Seite erste Spuren davon sehe, wende ich ihn. Nun kommt ein Esslöffel Butter in die Pfanne, außerdem eine Handvoll gehackte Petersilie. Eine Minute später ist das Essen fertig.
Der Riesling passt sehr schön, nächstes Mal versuche ich es mit einem Lachscarpaccio.