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Federspiel mal kräftig

Die Macher der Domäne. Herumstehen und nichts arbeiten - hier ist der Beweis
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2009 war, wie der Captain nicht müde wird vorzubeten, ein hervorragendes Weinjahr. Auch in der österreichischen Wachau, wo sich der Captain erst letztes Wochenende mit einem kräftigen Leichtwein der Domäne Wachau glücklich trank.
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Die Domäne Wachau ist die Nachfolgegenossenschaft der „Freien Weingärtner Wachau“. Die sind jetzt nicht unfreier geworden, Domäne klingt aber internationaler und ist wohl ein „Wording“ für den Export. Da sieht der Konsument im Geiste schon das Schloss (das es auch wirklich gibt).

Winzergenossenschaften zählen weltweit eher zu den verschlafenen Weinbaubetrieben, ganz das Gegenteil zu den vielen wachen Einzelkämpfern. Winzergenossenschaften versäumen die Trends und hinken mit ihren Produkten dem Markt hinterher. Und Winzergenossenschaften geht es meist um die Masse, weniger um die Qualität. Doch es gibt Ausnahmen, vor allem in der Wachau. Die Domäne ist die wohl erfolgreichste Ausnahme Österreichs.

Roman Horvath leitet die Domäne, er ist einer der wenigen Masters of Wine, die es in Österreich gibt. Heinz Frischengruber ist der Kellermeister. Beide haben die ohnehin schon moderne Domäne neuerlich modernisiert, die Weine nach Meinung des Captain mehr zugespitzt und trotzdem für die breite Masse verständlich gehalten. Diese Fähigkeit hält der Captain für die wahre Kunst des Weinmachens: Zieh dein Ding durch, gestalte es individuell, doch lass es den Leuten schmecken.

Federspiel, die verkannte Größe

Der zweite Wein der Woche ist der 2009er Grüne Veltliner Federspiel Himmelsstiege der Domäne, der nach Meinung des Captain beste Federspiel des Weinguts. Federspiele sind leichte Kabinettweine mit einem Alkoholgehalt zwischen 11,5 und 12,5 Prozent. Sie sind die Vorboten des schweren Smaragd, der Königsklasse Wachauer Weine. In den letzten Jahren wurden Federspiele völlig zu unrecht vom Konsumenten als minderwertiger Ersatz für ausverkaufte Smaragde angesehen. Das ist völliger Humbug, Federspiele stehen für sich, erklären sich selbst.

Es ist kein Wunder, dass der Federspiel in Zeiten der Rückbesinnung auf schlankere und elegantere Weine sein Comeback feiert. Und es ist auch klar, dass in Zeiten der Krise, in Zeiten schlanker Brieftaschen, der Federspiel ein adäquater und vor allem kostengünstiger Ersatz für die teuren Smaragde darstellt, die früher immer nur Premiumweine waren. Und in dieses Feld zurückkehren.

Federspiel, doch lagerfähig

Gute und kräftige Jahre bringen auch gehaltvolle und lang lagerbare Federspiele auf den Markt. Im Glas hell und grün, in der Farbe dichter als die Federspiele der Jahre zuvor. In der Nase grüner Apfel, Ananas, ein wenig Orange, Orangenzeste, viel Mineralik, Gestein, auch Schiefercharakter, Granit, kalter Grabstein nach einem Regenguss, auch Gummispielzeig an einem Sandstrand am Mittelmeer, zudem leichter Geruch nach altem Leder in einem Mercedes aus den späten 80er Jahren. Der Wein durftet fruchtig-mineralisch-luxuriös.

Im Mund dann wie erwartet ein komplexes Aroma, das nach der Dekantierkaraffe ruft. Dort (es ist immer noch „nur“ ein Federspiel) entfaltet sich der Saft und es folgt ein Match zwischen primärer Fruchtigkeit (Steinobst) und einer Säure, die sich erst nach wenigen Minuten zu behaupten weiß. Dann aber richtig.

Das führt zum Erleben eines durch und durch eleganten Weins, der Kraft im Gepäck hat und Erde und Obst. Das heißt aber auch, dass man diesen Wein jetzt noch drei Monate Zeit geben sollte. Und dass man ihn weglegen kann, einige Jahre, wie der Captain meint.

Und es heißt letztlich auch, dass die Smaragd-Weine fantastisch werden. Und dass man sie nicht gleich trinken sollte. Freilich verhallen des Captains Mahnungen ungehört, er ist sicher, dass die famosen 2009er-Veltliner und Rieslinge der Wachau (und nicht nur der Wachau) auch dieses Jahr von Unkundigen ermordet werden. Da kann man predigen, was man will, der Hype bestimmt das Trinken.

 

Datum: 21.4.2010 (Update 21.8.2014)
 

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