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Es gibt ihn doch: den „ehrlichen Wein“

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Selten gibt es einen blöderen Begriff: "ehrlicher Wein". Aber der Captain hat ihn entdeckt, den "ehrlichsten" aller einfachen Rotweine, den Zweigelt 2009 der Familie Bauer aus Illmitz. Und solche Weine gibt es noch jede Menge.
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Oh, wie der Captain das hasst: Das Geschwätz vom „ehrlichen Wein“. Kein Wunder, denn dieses Wort nehmen immer nur die Dümmsten in den Mund; Leute die sich nicht auskennen wollen, die ihre kulinarische Bildungsferne stolz vor sich hertragen. Für sie gilt: Verwende das Postulat vom „ehrlichen Wein“, wenn dir wieder mal die Diskussion um den Rebensaft auf die Nerven geht. Der „ehrliche Wein“ schmeckt einfach immer am besten.

Vom „ehrlichen Wein“ faseln aber auch so Leute wie Peter Handke, der in Serbien den ehrlichen Wein und das ehrliche Butterbrot entdeckt hat, handgekeltert und handgeschmiert von ehrlichen Bauern, die von Joschka und der Nato eins auf die Mütze bekommen haben, weil sie an ihren ehrlichen Sonntagen freischärlernd durch Bosnien zogen um auf die dortige Mischbevölkerung zu ballern. Aber das ist eine andere Geschichte.

Denn was mit dem „ehrlichen Wein“ gemeint ist, ist ohnehin klar. Der ehrliche Wein ist ein einfacher Wein, der von einfachen Bauern ohne großes Larifari gekeltert und nicht von einer PR- und Marketingmaschinerie in den Himmel geschrieben wird. Dafür darf er auch ein bisschen sauer sein. Und unrund schmecken. Und das tat er bislang ja auch. Ehrliche Weine waren meist schlechte Weine. Gerne getrunken von Geizhälsen und Kapitalismushassern à la Handke.

Der Prototyp des neuen ehrlichen Weins

Doch gestern hat der Captain den Prototypen des neuen ehrlichen Weins entdeckt, den Zweigelt 2009 der Familie Bauer aus Illmitz im österreichischen Burgenland. Dort, wo auch Gerhard Kracher, einer der besten Süßweinwinzer der Welt, Hof und Keller hat.

Die Familie Bauer hat viele Weine im Programm, für den Geschmack des Captain ein paar Weine zuviel. Aber diese Weine werden ihre Abnehmer haben. Preise gewinnen die Bauers auch mit ihren Weinen. Und nicht die unwichtigsten. Der Sohn des Hauses scheint in puncto Stil einigen Einfluss im Betrieb zu haben, denn der 2009er Zweigelt hat ein schönes, schlichtes und modernes Etikett. Nicht übertrieben stylish. Aber auch nicht mehr Teil des alten Weinbaus.

Im Glas ein mitteldunkler Saft mit geringer Lichtdurchlässigkeit, in der Nase dann Holunder, frisch geschnittenes, in Mehl geschwitztes Kraut, Graubrot, Kirsche, Blaubeere und etwas Gummi. Reifes Material, leicht oxidativ (nicht zu lange offen stehen lassen) und leicht süß. Eine frische, präsente Säure, die in guter Balance zur mittleren Kraft steht, die diesen Wein etwas gehaltvoller erscheinen lässt, als viele seiner Mitbewerber. Hinten geschmeidig und rund, ohne groß aufzufallen. Ein perfekter Trinkwein.

Und eben das, was man mit Fug und Recht einen „ehrlichen“ Wein nennen kann. Geradeaus gedacht, ohne große Überlegung gekeltert, das Handwerk perfekt eingesetzt und ein bisschen Trinkgenuss inkludiert. Mehr will man von so einem Wein nicht. Schwupp, noch ein Glas.

Was den Zweigelt der Familie Bauer so herausstellt ist, dass er der einzige Wein ist, der dem Captain in dieser Preiskategorie angenehm aufgefallen ist. Und zwar überaus angenehm. Klar, er kommt nicht an die leckere Süße der gleich teuren australisch-chilenischen Industrieweine heran. Doch er vermittelt Gegend und Authentizität. Ein Wein, wie ein Skoda Octavia. Trägt nicht dick auf. Stellt nichts dar. Und fährt. Der Captain mag das. Mitunter sehr.

  • Zweigelt 2009 vom Weingut Bauer ab Hof für 4,00 Euro
 

Datum: 27.1.2011 (Update 26.8.2014)
 

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