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Blau, blau, blau blüht der Enzian – so tönt ein kitschiges Alpinvolkslied; blau hingegen macht der Blaue Portugieser, eine österreichische Rebsorte, die ein eher zweifelhaftes Image genießt. Das Image eines Massenträgers. Der Portugieser macht blau, weil keiner ihn trinken will. Das ist falsch, denn eigentlich wurde dem Blauer Portugieser bisher jede Chance verwehrt, seine Möglichkeiten zu zeigen. Ganz im Gegensatz zum Grünen Veltliner, die andere österreichische Massentraube, die aber beweisen darf, was mit ihr möglich ist.
Der Portugieser kann einiges mehr, als man glauben möchte. Wenn nur das richtige Händchen ihn pflegt. Doch die meisten Konsumenten halten den Portugieser für einen einfachen und unkomplizierten Wein. Und auch viele Winzer denken, dass man aus der nichtssagenden Traube kaum etwas Großartiges keltern kann. Deswegen fällt es kaum auf, wenn einem Weinmacher ein guter Portugieser gelingt.
Der Vorteil warmen Bodens
Die Thermenregion südlich von Wien ist eine ausgesprochen begünstigte Weinregion. Die Bodentemperatur liegt aufgrund unterirdisch verlaufender Thermenlinien um durchschnittlich drei Grad höher, als im Burgenland. Das trocken-heiße pannonische Klima lässt die Trauben perfekt ausreifen. Die kühlen Winde aus dem Wienerwald sorgen für in ausgeprägtes Aroma- und Säurespiel. Das Resultat sind reife Weine von großer Bekömmlichkeit. Schade, dass man in dieser landschaftlich vielleicht etwas unromantischen Gegend aus diesen Vorteilen so wenig Nutzen zieht.
Zu den klimatischen Begünstigungen kommt auch noch der nahezu perfekte Boden. In Gumpoldskirchen zum Beispiel stehen die Reben auf Muschelkalk; in Sooß auf Muschelkalk und Lehm. Ideal für große Rotweine.
Leider gibt es nur wenige Winzer, die diese Voraussetzungen nützen. Die Region, die zur vorletzten Jahrhundertwende noch in einem Atemzug mit Bordeaux und Burgund genannt wurde, ist heute eher ein Geheimtipp. Nicht einmal im eigenen Land ist sie ausreichend bekannt.
Christian Fischer keltert hier Weine. In Sooß. Nach dem berüchtigten Weinskandal von 1985 übernahm er das Weingut, das seit 1662 in Familienbesitz ist. Vor 20 Jahren machte er mit einem fulminanten Cabernet-Sauvignon von sich reden; Fischer war der erste Winzer der Thermenregion, der die Möglichkeiten der roten Sorten aufzeigte. Fischers Rotweine sind schnell präsent. Und Langstreckenläufer.
Einfach in den Stahltank. Überschuss in das Fass
Fischer keltert auch einen Blauen Portugieser. Der einfache Wein steht nach der Ernte ein paar Tage auf der Maische, kommt dann in den Stahltank und möglichst bald in die Flasche. Die Trauben stammen aus besonders alten Anlagen. Fischers Portugieser ist ein Außenseiter, nach dem kaum gefragt wird. Was tut man also, wenn man – wie im ertragreichen Jahrgang 2005 – zu viel Portugieser hat? Portugieser, den keiner trinken will.
Fischer kleterte aus diesem Überschuss einen Spitzenwein. Sein Name: „100 Cases“. Eine Anspielung auf die begrenzte Menge.
Fischers Spitzenportugieser stand sehr lange auf der Maische und wurde danach in 500-Liter-Fässern ausgebaut. Das brachte einen ausgesprochen spannenden, einen extrem burgundischen Wein.
Der 100 Cases zeigt im Glas ein lichdurchlässiges Rubinrot. In der Nase (Burgunderglas) überwiegt der Duft von reifen Herzkirschen, dahinter geröstete Mandeln, Erde und Rauch. Ein Beweis lokalen Terroirs, ein Legat des Lehm.
Hommage an die Eleganz
Der erste Schluck ist eine Hommage an die Eleganz. Kein dichter, kein extraktreicher Saft; keine Spur von Marmelade. Viel mehr tanzt der Wein wie hellrote Seide in Richtung Gaumen. Dort bleibt er, ohne Druck auszuüben. Den eventuell empfundenen Mangel an Kraft gleicht er mit leicht dunkler Fruchtigkeit aus. Und mit einem Nachhall, der über Minuten anhält. Der 100 Cases ist ein Wein für den eingefleischten Burgundertrinker, der nach Raritäten und Überraschungen sucht. Und er zeigt, was die Traube kann, wohin man diese Traube lotsen muss. Bevor sie endgültig in Vergessenheit gerät und man ihr autochthones Potential verspielt.
Fischers klassischer, im Stahltank ausgebauter Portugieser ist ein simpler, hoch vergnüglicher Alltagswein. Leicht angekühlt (und nur so sollte er getrunken werden) riecht er nach Nuss und Kirsche. Unprätentiös gut. Ein Essensbegleiter, der gut mit fetten Fischen kann.
- Blauer Portugieser Classic 2009 (12,5 % Alkohol) für 6,00 Euro
- Blauer Portugieser „100 Cases“ 2005 (13,5 % Alkohol) für 17,00
Toller Tip. Klingt spannend. Und die Fotos sind sensationell gelungen!
Man sollte sie pflegen, die alten Sorten, auch wenn nichts Großes dabei rauskommt, typisch und trinkig und einmalig sind sie allemal. Was ja eh viel wichtiger als Punkten in irgendwelchen Führern nachzuhecheln, aber bis das in der Breite verstanden wird, segelt der Captain einmal um die Welt. Ein guter Marketier aus der Pfalz schafft sogar beides und verkauft Portugieser vom Erdäpfelacker teuer als Rotwein Alte Reben und zur Not auch als Schokolade.
Im übrigen trinke ich „rote“ Portugieser lieber aus Portugal, vom Duoro, selbstverständlich ebenfalls aus alten, autochthonen Rebsorten.
Schöner Artikel, macht Lust!
Groß ist ja sehr relativ zu verstehen. Ich selbst habe mir lange schwer getan mit der Rebsorte. In Ungarn wird sie an vielen Stellen angebaut, die daraus gewonnenen Weine sind zumeist schwach.
Da es aber auch schon einge wirklich schöne Muster gibt, liegt das wohl häufig eher daran, dass Portugieser nicht ernst genug genommen wird. Dann automatisch zu hohen Erträgen und unguten Ergebnissen führt. Eine Problemspirale. Die zeit wirds bringen, da bin ich mir sicher. jedenfalls hat Portugieser das Zeug, mehr als nur ein einfacher Alltagswein zu sein. Und als Alltagswein ist er zumindest eine wirklich andersartige, eigene Alternative zum üblich angebotenen, sorteninternationalen Einheitsbrei.
Es reduziert sich auf die Frage: will man mit hohen Erträgen viel beliebigen Rotwein (ist ja in), der noch dazu farbintensiv ist, für relativ kleines Geld aber gewinnbringend verkaufen, oder will man im Weingarten investieren und aufwändiger arbeiten, um seriöse und teurere Weine zu erzeugen und dem Portugieser eine Identität zu verleihen? Rein betriebswirtschaftlich macht’s eigentlich wenig Sinn.
Obwohl, beim Blaufränkisch hat man die Kurve bekommen, beim Zweigelt wahrscheinlich auch, selbst Trollinger / Vernatsch oder Dornfelder ergeben mitunter ehrliche und authentische Weine. Wenn man sich bemüht.
@ pivu: Der „Einzelstück“ von Schneider ist zwar ganz ambitioniert bepreist, schmeckt aber auch ungewöhnlich gut. Ich hätte den Wein nach dem ersten Schluck irgendwo nach Südfrankreich gesteckt. Das ist eher was für Druck- als für Eleganz-Trinker.
Grüße
Marc
Ich schrieb ja auch, „er kann beides“ (Wein UND BlaBla).
@Pivu: Stimme dir zu. Hoffe auch, dass solche Rebsorten nicht verschwinden. Wäre doch schlimm, wenn wir Tag ein, Tag aus nur noch Pinot, Syrah oder CS trinken müssten.
was`n das für ein geiler typ?
tolle fotos von einem tollem typ. ( ich bin noch heiratsfähig.echt, und meine hobbys sind: 2x ein gutes glas wein bei kerzenschein)