X
Newsletter
X
X
Login
Passwort vergessen?


Konto erstellen

Ein Portugieser macht blau

Christian Fischer. Auf Fotos von Christoph Liebentritt
Kommentare
Ähnliche Weine
Ähnliche Artikel
Es gibt Trauben, die muss es nicht geben. Bei solchen kommt es besonders auf den Winzer an. Captains Maat Clemens Mally über den Blauen Portugieser des österreichischen Ausnahmewinzers Christian Fischer.
Anzeige

Blau, blau, blau blüht der Enzian – so tönt ein kitschiges Alpinvolkslied; blau hingegen macht der Blaue Portugieser, eine österreichische Rebsorte, die ein eher zweifelhaftes Image genießt. Das Image eines Massenträgers. Der Portugieser macht blau, weil keiner ihn trinken will. Das ist falsch, denn eigentlich wurde dem Blauer Portugieser bisher jede Chance verwehrt, seine Möglichkeiten zu zeigen. Ganz im Gegensatz zum Grünen Veltliner, die andere österreichische Massentraube, die aber beweisen darf, was mit ihr möglich ist.

Der Portugieser kann einiges mehr, als man glauben möchte. Wenn nur das richtige Händchen ihn pflegt. Doch die meisten Konsumenten halten den Portugieser für einen einfachen und unkomplizierten Wein. Und auch viele Winzer denken, dass man aus der nichtssagenden Traube kaum etwas Großartiges keltern kann. Deswegen fällt es kaum auf, wenn einem Weinmacher ein guter Portugieser gelingt.

Der Vorteil warmen Bodens

Die Thermenregion südlich von Wien ist eine ausgesprochen begünstigte Weinregion. Die Bodentemperatur liegt aufgrund unterirdisch verlaufender Thermenlinien um durchschnittlich drei Grad höher, als im Burgenland. Das trocken-heiße pannonische Klima lässt die Trauben perfekt ausreifen. Die kühlen Winde aus dem Wienerwald sorgen für in ausgeprägtes Aroma- und Säurespiel. Das Resultat sind reife Weine von großer Bekömmlichkeit. Schade, dass man in dieser landschaftlich vielleicht etwas unromantischen Gegend aus diesen Vorteilen so wenig Nutzen zieht.

06.jpg

Zu den klimatischen Begünstigungen kommt auch noch der nahezu perfekte Boden. In Gumpoldskirchen zum Beispiel stehen die Reben auf Muschelkalk; in Sooß auf Muschelkalk und Lehm. Ideal für große Rotweine.

Leider gibt es nur wenige Winzer, die diese Voraussetzungen nützen. Die Region, die zur vorletzten Jahrhundertwende noch in einem Atemzug mit Bordeaux und Burgund genannt wurde, ist heute eher ein Geheimtipp. Nicht einmal im eigenen Land ist sie ausreichend bekannt.

Christian Fischer keltert hier Weine. In Sooß. Nach dem berüchtigten Weinskandal von 1985 übernahm er das Weingut, das seit 1662 in Familienbesitz ist. Vor 20 Jahren machte er mit einem fulminanten Cabernet-Sauvignon von sich reden; Fischer war der erste Winzer der Thermenregion, der die Möglichkeiten der roten Sorten aufzeigte. Fischers Rotweine sind schnell präsent. Und Langstreckenläufer.

Einfach in den Stahltank. Überschuss in das Fass

Fischer keltert auch einen Blauen Portugieser. Der einfache Wein steht nach der Ernte ein paar Tage auf der Maische, kommt dann in den Stahltank und möglichst bald in die Flasche. Die Trauben stammen aus besonders alten Anlagen. Fischers Portugieser ist ein Außenseiter, nach dem kaum gefragt wird. Was tut man also, wenn man – wie im ertragreichen Jahrgang 2005 – zu viel Portugieser hat? Portugieser, den keiner trinken will.

07_1.jpg

Fischer kleterte aus diesem Überschuss einen Spitzenwein. Sein Name: „100 Cases“. Eine Anspielung auf die begrenzte Menge.

Fischers Spitzenportugieser stand sehr lange auf der Maische und wurde danach in 500-Liter-Fässern ausgebaut. Das brachte einen ausgesprochen spannenden, einen extrem burgundischen Wein.

Der 100 Cases zeigt im Glas ein lichdurchlässiges Rubinrot. In der Nase (Burgunderglas) überwiegt der Duft von reifen Herzkirschen, dahinter geröstete Mandeln, Erde und Rauch. Ein Beweis lokalen Terroirs, ein Legat des Lehm.

Hommage an die Eleganz

Der erste Schluck ist eine Hommage an die Eleganz. Kein dichter, kein extraktreicher Saft; keine Spur von Marmelade. Viel mehr tanzt der Wein wie hellrote Seide in Richtung Gaumen. Dort bleibt er, ohne Druck auszuüben. Den eventuell empfundenen Mangel an Kraft gleicht er mit leicht dunkler Fruchtigkeit aus. Und mit einem Nachhall, der über Minuten anhält. Der 100 Cases ist ein Wein für den eingefleischten Burgundertrinker, der nach Raritäten und Überraschungen sucht. Und er zeigt, was die Traube kann, wohin man diese Traube lotsen muss. Bevor sie endgültig in Vergessenheit gerät und man ihr autochthones Potential verspielt.

04.jpg

Fischers klassischer, im Stahltank ausgebauter Portugieser ist ein simpler, hoch vergnüglicher Alltagswein. Leicht angekühlt (und nur so sollte er getrunken werden) riecht er nach Nuss und Kirsche. Unprätentiös gut. Ein Essensbegleiter, der gut mit fetten Fischen kann.

  • Blauer Portugieser Classic 2009 (12,5 % Alkohol) für 6,00 Euro
  • Blauer Portugieser „100 Cases“ 2005 (13,5 % Alkohol) für 17,00
 

Datum: 30.11.2010 (Update 25.8.2014)
 

Aktuelle Weinempfehlungen