Es war ein schöner warmer Tag im Juni 2014 in London. Ich konnte es immer noch nicht glauben.
In wenigen Minuten sollte ich bei den berühmten Berry Brothers – das ist ein berühmtes Weinhandelsunternehmen – an einer Raritäten-Weinprobe teilnehmen dürfen.
Für den Prinzen nach London.
Wie es dazu kam, muss ich erklären. Seit ein paar Jahren berate ich wohlhabende Klienten im Nahen Osten, die selbst nicht als Weinkäufer oder Konsumenten auftreten möchten, aber sehr wohl die besten Weinflaschen zu Hause im Keller haben wollen.
Der persönliche Assistent von einem dieser Klienten rief mich an und sagte, dass sein Prinz selbst nicht teilnehmen würde, aber ich solle nach London fahren, die Weine probieren und jene für ihn kaufen, die mir gefallen. Wer würde da nein sagen? Die Einladung wurde mir am nächsten Tag zusammen mit dem Flugticket per Kurier zugestellt.
Selten zu verkosten.
Nun war ich da und staunte nicht schlecht, als ich sah, dass unter den vielen Top-Weinen und Raritäten auch Weine von Château d’Yquem zu probieren waren. Das gibt es selten!
Château d’Yquem hält den Rekord für die weltweit teuerste Flasche Weißwein. Im Jahr 2011 wurde bei einer Auktion eine einzelne Flasche des Jahrgangs 1811 für 117.000 US-Dollar ersteigert.
Die Trauben von acht Rebstöcken werden für eine Flasche d’Yquem benötigt. Ein Rebstock pro Glas! d’Yquem ist bereits im ersten Jahr doppelt so teuer wie die anderen Weine aus Sauternes. Und wenn der Wein gereift ist, steht d’Yquem sowieso über allen anderen süßen Bordeaux-Weinen aus der Region. Ebenso wie über jedem anderen süßen Wein aus der ganzen Welt.
Lehm + Kies + Kalk.
Der Weinberg von Château d’Yquem verfügt über 113 Hektar Rebfläche. Das Terroir ist eine Kombination aus Lehm und Kies über einem Bett von tiefem Kalkboden. Der Weinberg ist mit 80% Semillon und 20% Sauvignon Blanc bepflanzt. Die Trauben werden von Hand gepflückt. Durch die intensive Auslese sind die Erträge immer niedrig und im Bereich von acht bis zehn Hektoliter pro Hektar.
Ich durfte mitunter diese zwei Jahrgänge von Château Y’quem probieren: 1980 und 1976, die jetzt bei Auctionata am 17. Oktober 2014 angeboten werden. Hier meine Notizen aus jener Verkostung in London vor wenigen Monaten:
1980 Château d’Yquem – in der Nase eine Explosion von frischen grünen Äpfeln, Aprikosen, Rauch, Karamell, weißem Pfirsich. Auf der Zunge ist die Süße perfekt, die rassige Säure trägt sie auf eine noch höhere Ebene und hält alles straff zusammen. Mit intensiven und überreifen Früchte in unzählige Schichten verpackt, endet der Wein mit einem dichten, seidigen, fetten, opulenten Abgang, der mindestens 30 Sekunden dauert.
1976 Château d’Yquem – in der Nase herrliches Karamell, getrocknete Aprikosen, kandierte und getrocknete Früchte, etwas Edelfäule, Gewürze, überreife Bananen und Nüsse. Im Mund geht´s dann weiter. Wieder Karamell, Fudge (englisches Karamell-Konfekt), getrocknete Aprikose, Edelfäule und immer noch eine fantastisch-gute Säure.
Die beiden Flaschen können – neben vielen weiteren Raritäten – am Freitag, den 17. Oktober 2014 um 18 Uhr bei Auctionata ersteigert werden. Hier geht es zur Übersicht der Auktion.
Wow, diesen Job möchte ich auch. Ich würde aber für den Prinzen den 1980 nicht kaufen, da dies doch eher ein mässiger Jahrgang für Yquem ist. Falls der Prinz ein Yquem Liebhaber ist, hätte ich bei Gelegenheit 41 Jahrgänge zwischen 1923 und 2000 zu verkaufen.
Ist die Th.J.gravierte Flasche auf dem Foto eine der legendären „gerodenstockten“ Dremel-Edition? 😉
Hihi…
Hallo Herr Meier,
mein Klient hat bereits fast alle genannten Jahrgänge im Keller. Die Jg. 1976 und 1980 fehlten weil sie getrunken wurden, und ich musste dafür sorgen, dass sie ersetz werden. Palais Coburg hat nicht; wie oft erzählt wird; die größte d’Yquem Sammlung im Keller, die ist irgendwo im Orient……..aber meine Lippen sind versiegelt.;-)
LG, I. Alikhan
Hallo Herr Alikhan,
besten Dank für Ihre interessante Rückmeldung. Es ist aber doch schade, wenn auch verständlich, dass die angeblich grösste Yquem-Sammlung so im Versteckten ist. Gem. eigenen Angaben hat das Palais Coburg jeden produzierten Jahrgang ab 1893 im Keller. Darf man wenigstens wissen, wieviele die von Ihnen erwähnte Sammlung umfasst.
Beste Grüsse
W. Meier