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Die Burgundisierung der Pfalz.

So schön hier... Fotos: Pfalz.de, Wikimedia
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Mei, is denn schon wieder Holzfasswoche? Ja! Der Captain und das Barrique Forum Pfalz trinken herrliche deutsche Rotweine, die in edlen Eichenfässern gereift sind.
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Der Anfang war plump. Ihr Bauch war mächtig dick, der Hals kurz und gedrungen. Erst mit der Zeit wurde sie immer filigraner und schöner anzuschauen. Die Rede ist von der Weinflasche.

Eine kleine Geschichte der Flasche.

Bis ins 17. Jahrhundert hinein füllte man Wein in Schläuche aus Tierhaut, in Bottiche und Fässer aus Holz. Dann aber kamen die ersten Glasflaschen in Mode und verbreiteten sich rasch. Lagern ließ sie sich durch ihre unpraktische Form aber nur schlecht. Deshalb fertigten die Glasbläser immer schlankere und höhere Flaschen. „In Deutschland gibt es Hunderte Weinflaschenformen, importierte Weine inklusive“, sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut.

Einige sind sehr alt, wie der fränkische Bocksbeutel. Ihn gibt es seit mehr als 250 Jahren. Die Form soll dem Hodensack eines Ziegenbocks nachgebildet sein. Das Tier war in der Antike nämlich der Begleiter des Weingotts Dionysos. Wohl bekommt’s…

Ein anderer (eher wahrscheinlicher Grund) für diese frankentypische Flaschenform ist der Umstand, dass sie leicht im Marschgepäck von Soldaten zu verstauen ist.

Schon mal von der Sachsenkeule gehört?

Deutlich jünger ist die Rheingauer Flöte (Foto unten). 1990 wurde sie erstmal wieder benutzt, nachdem sich davor lange Zeit niemand für diese Form interessierte. Sie war als Markenzeichen entwickelt worden und ist mit 35 Zentimetern höher als jede andere Weinflasche. Dabei ist sie sehr schlank und es gibt sie in allen möglichen Farben.

rheingauer flöte

Die elegante Flöte kommt sehr gut an. Die Winzer in Sachsen dachten sich „hm, so etwas könnten wir auch gebrauchen“ und kramten die historische Form der so genannten Sachsenkeule (unten) aus. Sie erhofften sich einen ähnlichen Wiedererkennungswert wie im Rheingau und in Franken. Das klappte aber nicht so recht. Mit ihrem gedrungenen unteren Teil wirkt die Flasche aber auch nicht wirklich elegant.

Sachsenkeule

Die weltweit bekanntesten Formen aber kommen von unseren französischen Nachbarn: Die Bordeaux- und die Burgunderflasche.

Breite Schutern wirken wie ein Dekanter.

Das auffälligste an der Bordeaux-Flasche (unten) sind ihre breiten Schultern. Die Weine aus dieser Region lagern oft lange. Dabei bildet sich ein Bodensatz in der Flasche, das so genannte Depot. Es besteht aus Weinstein sowie Farb- und Gerbstoffen. Das Ganze ist völlig harmlos, sieht aber nicht so schön aus. Um zu verhindern, dass es im Glas landet, wird der Wein dekantiert. Das macht man mit einem Dekanter. Oder es geschieht noch in der Flasche. Denn an den breiten Schultern dieses Flaschentyps bleibt das Zeug beim vorsichtigen Ausgießen hängen.

Bordeuxflasche

Die Burgunderflasche (unten) hat einen recht breiten Boden und verjüngt sich nach oben elegant. Sie braucht keine breiten Schultern, da die typischen Burgunderweine aus Pinot Noir und Chardonnay selten ein Depot bilden, bevor sie getrunken werden.

Burgunderflasche

Macht nun irgendein Winzer irgendwo auf der Welt einen Wein aus Burgundertrauben, so nimmt er meist diese Flaschenform. Das ist Tradition und sieht gut aus. So macht es auch Joachim Wegner vom Weingut Wegner aus der Pfalz. Seinen Kleinod – Pinot Noir namens Kleinod Dürkheim Schenkenböhl habe ich eben entkorkt und ins Glas gegossen.

Schlehdorn, Brombeere, Espresso, Lorbeer, dezente Säure.

Dort harrt er nun in rubinroter Farbe und mit seinen granatfarbenen Reflexen seiner Verkostung. In der Nase kommt er zurückhaltend daher. Im Vordergrund stehen Noten von Nelke, Anis und Lorbeer. Im Hintergrund tummeln sich Schwarzkirsche, Brombeere und etwas Bitterschokolade.

Am Gaumen dominieren dunkle Früchte. Schlehdorn begleitet eine kräftige, leicht säuerliche Brombeere. Aromen von frisch gebrühtem Espresso und Lorbeer geben dem Wein eine würzige Struktur. Die Tannine sind gereift und angenehm weich, die Säure ist recht dezent. Der Tropfen hat 13,5 Volumenprozent Alkohol.

Ein Wein, der zeigt, was geht.

Das ist ein sehr schöner, im Barrique gereifter Pinot Noir, der zeigt, was in der Pfalz bzw. Deutschland mit dieser Rebsorte im gehobenen Mittelfeld geht. Und dafür ist der Wein gar nicht so teuer.

Apropos Barrique: die Holzfasswoche ist eine Artikelserie in Zusammenarbeit mit dem Barrique Forum Pfalz.

Holzfassweine müssen nicht nach Holzfass schmecken.

Zur Erklärung: das Barrique Forum Pfalz ist eine Art Fasslobby, die gegen das Gerücht antritt, dass Barriqueweine vordergründig nach Holzausbau schmecken. Das Gegenteil ist der Fall – wenn der Winzer sein Handwerk versteht. Sagt das Barrique Forum Pfalz und macht deshalb mit uns diese Holzfass-Serie.

Zum Kleinod vom Weingut Wegner empfehle ich ein Hirschragout oder Rindsrouladen. Ihre Würzigkeit und die feine Säure dieser beiden Speisen schreien förmlich nach diesem Wein.

 

Datum: 5.10.2015 (Update 1.12.2015)
 

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