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Der Rufmord an F.X. Pichler.

F.X. Pichler mit seinem Sohn Lucas. Ziel einer unglaublichen Kampagne.
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Medizinaltöne! Untrinkbar! Ein Debakel! Weihnachtsfriede? Den lassen wir heute beiseite und widmen uns dem Rufmord an den Weinen F.X. Pichlers. Der Captain hat den Jahrgang gekostet. Und spricht den Winzer frei.
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Franz Xaver Pichler ist den meisten hier bekannt. Wenn einer nicht weiß, von wem die Rede ist: Franz Xaver Pichler, kurz „F.X.“ genannt, ist einer der berühmtesten Winzer Österreichs.

Und ein Aushängeschild der Region Wachau, wo er mit seinem Namenskollegen Rudi Pichler und den Winzern Prager-Bodenstein, Alzinger, Hirtzberger, Jamek oder Knoll zur alten, eingeführten Elite zählt. Der schlaue F.X. hat es aber verstanden, stets eine Spur exklusiver und teurer herüberzukommen. Da macht man sich nicht nur Freunde.

Seit einigen Jahren ist Franz Xaver Pichlers Sohn Lucas für die Weine verantwortlich. Der Generationenwechsel erfolgte – wie so oft in Österreich – vorbildhaft. Das hat auch mit den Erfahrungen aus dem Weinskandal von 1985 zu tun, wo das Alte oft brutal gestürzt werden musste.

Lucas Pichler folgt den Spuren seines Vaters, versucht aber eine eigene Handschrift einzubringen. Wer F.X. einmal bei der Lese zugesehen hat, der weiß, dass der Vater keine Messgeräte braucht, wenn er wissen will, welche Reife und welchen Zucker die Trauben haben. Er kostet einfach.

Selbstverständliches Weinmachen vs. Trockenfetischismus.

Und F.X. hat ebenfalls keine Angst vor der Edelfäule Botrytis, denn er weiß, wie man die optimal verarbeitet. So kam es in den letzten 20 Jahren schon vor, dass große Chargen edelfauler Trauben im Lesematerial landeten. Explizit etwa 1998. Auch der Captain kritisierte diese Weine, fand sie sogar untrinkbar. Aber die Zeit fordert ihren Tribut.

Denn heute sind diese Weine großartig. Und F.X. hatte Recht, als er den Captain einst hart rannahm. „Selber Schuld, ihr Idioten, wenn ihr die Weine jetzt schon trinkt.“

F.X war ordentlich sauer. Noch mehr, als der Captain im Magazin „Feinschmecker“ nachlegte und in einer Geschichte die Weine der „Neuen Wachau“ als vorblildlich herausstellte. Also die furztrockenen Kreationen von Peter Veyder-Malberg und anderen, die inzwischen ihren festen Platz erobert haben. Und ebenfalls Teil einer Elite sind.

Propaganda und Rufmord im Netz.

Das muss man alles wissen, um das zu verstehen, was seit einigen Wochen im Netz, in den Foren und inzwischen auch im Handel abgeht. Da ist von einem „untrinkbaren Jahrgang 2011“ die Rede, von „Medizinaltönen“, „komplett fehlerhaften Weinen“, von „Händlern, die das Zeug kistenweise zurückschicken“. Und einem „kompletten Desaster“, das die Familie Pichler heimsucht. Und es wird noch fleißig nachgetreten. Wie immer, wenn Hohepriester fallen.

Auslöser dieser Kampagne waren zwei dem Captain bekannte Weinblogger, oder besser gesagt: in der Weinszene fest verankerte Meinungsmacher. Diese Personen sind der radikalökologischen Fraktion zuzurechnen, und auch der Fraktion, die sich für ausschließlich botrytisfreies Lesematerial einsetzt. Diese Leute hassen restsüße oder von Zucker gestreifte Weine. Und diese Fraktion hat sich ordentlich Einfluss verschafft. Doch diesmal hat sie über das Ziel geschossen. Und der Captain klagt sie des Rufmordes an.

Und das kann der Captain nur tun, weil er die ganze 2011er Kollektion von F.X. Pichler getrunken hat. Aus jener einzigen Charge, die Lucas Pichler wirklich zurückgenommen hat. Alle anderen Behauptungen sind Teil der Kampagne. Und falsch.

Natürlich gibt es Händler, die jetzt die Gelegenheit wittern, die Weine aus 2011 als fehlerhaft zurückzuschicken; eben jene Händler, die über wenig Geduld und noch weniger Kapitalisierung verfügen.

Der Captain kann zu den Weinen aus 2011 sagen, dass sie jahrgangstypisch eine dunkle Fruchtigkeit aufweisen und – vor allem bei den Veltlinern – mitunter noch etwas matt wirken können. 2011 war kein großes Säurejahr, fast alle Weine der Wachau machen zudem nach einem Jahr für etwa drei Jahre zu, sie verschließen sich. Das ist allgemein bekannt. Die Weine aus 2011 sollten eben eine Spur länger liegen bleiben; Smaragde jetzt zu trinken und jetzt zu beurteilen ist Humbug. Vor allem, wenn es Leute tun, die die Strecke dieser Weine nicht erkennen können.

Wunderbar trinkfreudige F.X.-Rieslinge aus 2011.

Die Rieslinge – in der Meuchelpropaganda noch ärger gescholten – sind allesamt schon sehr präsent und extrem vergnüglich zu trinken. Großartige Weine allesamt, die der Captain nun mal im Detail beleuchtet.

Zum Beispiel der Grüne Veltliner „Liebenberg“ Smaragd, eine relativ neue Lage der Pichlers. In der Nase Ananas, etwas Kamille, gebrannte Mandeln und diese papriziöse Dunkelfruchtigkeit, die alle Veltliner dieses Jahres zeichnet – nicht nur jene von Pichler. Erwähnenswert auch: Kaum bis keine Botrytis. Entgegen der gestreuten Propaganda. Im Mund dann jene kräftige Kompaktheit, die man von dieser Art Veltliner erwartet. Zugegeben: Noch schnalzt wenig. Aber jeder Depp erkennt, dass dieser Wein in vier Jahren grandios sein wird (94/100 Captains Punkte).

Besser und großartiger noch der lagenorientierte „Kellerberg“ Smaragd, überhaupt einer der besten Veltliner aus 2011, die der Captain gekostet hat (95/100 Captains Punkte). Etwas dahinter rangiert wieder die Lagencuvée „M“, die offenbar eine extrem lange Strecke brauchen wird. Da drängt sich der Witz mit den Weinen Klaus Peter Kellers aus: „Wann werden die reif?“. Trotzdem 94/100 Captains Punkte. Denn die Größe ist das Wesentliche dieses Weins.

Das Jahr der Rieslinge.

Die Rieslinge präsentieren sich – wie erwähnt – voll trinktauglich, vielleicht sogar etwas zu einschmeichelnd. Hier findet der Captain wenig von der Strenge der Pichler-Veltliner. Dass diese Weine auch Strecke können, sei drüberstreuend erwähnt. Aber vielleicht ist die Strecke kürzer, als jene der Veltliner.

Der Captain war immer ein Fan der leichtfüßigen Lage Oberhauser (93/100 Captains-Punkte), doch die Rieslinge „Steinertal“ und „Kellerberg“ aus 2011 stellen diesmal deutlich überlegen die besten Weine des Weinguts dar. Der Riesling Kellerberg duftet wunderbar nach frischem Gras, Kamille, Veilchen, Pfirsich, nassen Aprikosenkernen, auch Ananas und Zitronengras. Dahinter noch warme Schwarzbrotrinde und auch ein klitzekleiner Briocheton. Im Mund eine herrliche Trinkfreudigkeit, eine Explosion exotischer Früchte, die von einer fast schwebenden Mineralität getragen wird. Ganz, ganz großartig (96/100 Captains Punkte). Der Steinertal ist etwas verhaltener und zeigt eventuell die längste Strecke aller Rieslinge (95/100).

Fehltöne? Nie und nimmer!

Wer bei diesen Weinen Fehltöne erkennt, der muss über missgebildete Geschmacksnerven verfügen oder Weine getrunken haben, die sich zu diesem Zeitpunkt sehr verschlossen zeigten. Daraus aber die Hinrichtung des ganzen Jahrgangs eines einzelnen Winzers zu formulieren, ist nicht nur grob fahrlässig, sondern ein bewusstes Attentat gegen eine Ikone.

Gegen Kritik – auch aufsässige und klug formulierte – ist nie etwas einzuwenden. Und es kann auch ein bisschen aggressiver zugehen. Doch nach diesem Rufmord, würde ich an Stelle der Kritiker erst mal eine Zeit lang die Fresse halten.

Warum? Weil der Captain in den letzten Wochen mit vielen Weintrinkern gesprochen hat, die über die 2011er Weine von Pichler hergefallen sind, ohne einen dieser Weine je getrunken zu haben. Gleiches hat er auch von Händlern gehört. Und dieses Heruntermachen ohne Beweis ist die Folge einer exzessiven Freude hier jemandem etwas auszuwischen. Und selbstredend werden von dem einen oder anderen Winzer ein paar alte Rechnungen beglichen. Auch diese sollten vorsichtig sein, denn das Netz vergisst nichts.

Eine Entschuldigung wäre angebracht.

Fazit? Das sollte sich jeder Weintrinker selber schreiben. Für den Captain ist der 2011er Jahrgang von F.X und Lucas Pichler eine tadelloser Jahrgang, der bei den Veltliner auch Züge eines neuen, individuellen Stils trägt, der den Trockenwein-Fanatikern entgegenkommen müsste. Die ebenfalls knochentrockenen Rieslinge aus 2011 zählen für den Captain zu den besten dieses Jahrgangs. Nicht nur aus der Wachau. Sondern aus ganz Österreich. Eine Entschuldigung wäre angebracht. Frohe Weihnachten allesamt.

 

Datum: 22.12.2013 (Update 3.2.2015)
 

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