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Der rote Dandy Gradenthal

Christian Fischer, weiße Hemden und der Hahn mit Rotwein läuft. Oouuh! (Foto: Fischer)
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Captains Maat Thomas Golenia macht vom Burgenland einen Abstecher in die Thermenregion. Als Region der ewige Geheimtipp, allerdings ohne Schwerpunkte. Dort hat sich Christian Fischer schon früh auf Rotwein spezialisiert. Mit Erfolg.
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Der Maat ist ab und an in Wien. Und Wien ist quasi von Weinregionen umzingelt, allesamt sehr abwechslungsreich. Landschaftlich wie historisch wie kulturell.

Im Norden das weitläufige Weinviertel, im Osten die beruhigenden, sanftwelligen Hügelchen des Carnuntums. Im Westen beginnt der Wagram. Und im Süden von Wien liegt das Weinanbaugebiet Thermenregion.

Um es vorwegzunehmen: Der Maat tut sich manchmal etwas schwer mit der Thermenregion. Es ist vielmehr ein unbeeinflussbares Bauchgefühl. Das liegt nicht an den vielen Winzern oder an der hübschen Landschaft vor Ort, die mich immer an die Pfälzer Mittelhaardt erinnern lässt.

Kurgast-Flair und Repräsentanz

Vielleicht liegen dem Maat auch die beiden Städtchen Bad Vöslau und Baden nicht, die sich ungefähr in der Mitte der Thermenregion befinden. Diese Städtchen mit ihrem aristokratischen Kur-Gast-Flair. Ihre Heilbäder, Kasino und Repräsentanz sind irgendwie auch etwas altbacken. Nee, ich fahre lieber in die umliegenden Dörfchen der Thermenregion. Zu den vielen Winzern, die sich wie an einer Perlenkette von Nord nach Süd entlang der „Südbahn“ reihen.

Was meine gelegentliche Thermenregion-Muffeligkeit angeht, haben sich die Winzer diesbezüglich überhaupt nichts vorwerfen zu lassen. Höchstens, dass sie sich innerhalb ihrer Weinbauregion nicht eindeutig und verständlich mit ein oder zwei Rebsorten positionieren können.

Die einen Winzer putzen sich mit den alten autochthonen Haudegen Zierfandler und Rotgipfler heraus. Andere wiederum mit St.Laurent oder dem Pinot Noir. Nur Österreichs liebste rote Rebe, der Blaufränkisch, gibt es dort de facto in der Thermenregion nicht. Und wird demnach auch nicht kultiviert.

Es ist eine Patch-Work-Region der Rebsorten, diese Thermenregion. Und vielleicht liegt darin auch ihr Reiz. Denn Österreich hat in letzter Zeit genug Herkunftsbezeichnungen, sprich DAC, hervorgebracht, die einer Region eine bestimmte Leitrebsorte überstülpen. Man mag sich darüber an andere Stelle über Sinn und Erfolg des DAC-Marketingkonzepts streiten: Die Thermenregion hat mit all dem nichts zu tun. Sie hat nämlich überhaupt keinen DAC. Da klinkt sie sich völlig aus.

Ein Rotweinspezialist der Region

Der Maat landet bei Weingut Fischer im Dörfchen Sooß, das eingeklemmt zwischen Baden und Bad Vöslau liegt, einer Gegend, die sich eher dem Rotwein zugeschrieben hat. Christian Fischer, ein trainiert ausschauender End-Vierziger mit drahtiger Rennradlerstatur, nimmt mich in Empfang.

Abgekämpft sieht Fischer aus. Hat Termindruck und noch eine wichtige Schlacht am Abend zu kämpfen. Trotzdem nimmt er sich, ganz professionell, genug Zeit für um mir seine Weine und den Betrieb zu zeigen.

Wie ich erfahre, ist das sonst recht jung ausschauende Weingut eigentlich alt. Zumindest betreibt Familie Fischer nachweisbar seit über 350 Jahren Weinbau vor Ort. Was Fischer nicht davon abhält, sich zeitgemäß und modern zu geben. Ein typisch österreichisches Attribut, wie ich finde. Tradition und Moderne schließen sich hier überhaupt nicht aus und harmonieren prima. Ein Umstand, den man manchen deutschen Weinbaugebieten wie der Mosel nicht unbedingt nachsagen kann. Doch das ist ein anderes Thema und gehört hier nicht hin. *räusper*

Christian Fischer ist jemand, der Anfang der 80er früh auf den damals in Österreich beginnenden Rotweinzug aufgesprungen ist. Er erkannte das Potenzial seiner Lagen und musste sie nur nutzen. Fischer ließ sich in den frühen 80ern während eines Urlaubs mit Frau und altem Bulli vom Bordelais und seiner Weinbautradition inspirieren. Und nahm von dort rote Rebstöcke mit, um Zuhause in der Thermenregion mit ihnen zu experimentieren.

Fischers Rote fielen schon 1985 auf

Schon 1985 fiel er der Fachwelt mit einer Rotweincuvée aus dem Barrique auf. Stetige Erfolge mit seinen Rotweinen ziehen sich wie ein Faden bis heute durch sein Erfolgsportfolio. Ein echter Rotweinspezialist also!

Kein Wunder, sind doch über 80 % der 17 Hektar mit roten Rebsorten bestockt. Besonders der Zweigelt hat es Christian Fischer angetan. Doch seine Zweigelt sind oft ganz anders als der klassische österreichische Durchschnitts-Zweigelt.

Bei Fischer sind sie seriös und geprägt mit einer eleganten Gerbstoffstruktur und einer erstaunliche Lagerfähigkeit. Diese typisch überreifen und marmeladigen Mode-Zweigelt for easy-drinking braucht man bei Christian Fischer nicht zu suchen. Er braucht so etwas nicht. Warum auch? Es gibt sie genug anderswo.

Seine Stolzlage heiß Gradenthal, einer Lage mit hohem Muschelkalkgehalt und bis zu 30 jährigen Reben. Von dieser besten Lage habe ich die 2009er Premium Cuvée aus 85 % Zweigelt, 10 % Cabernet Sauvignon und 5 % Merlot im Glas. Der Wein wirkt zunächst etwas zugeknöpft. Also muss ich mich in des Captains Kajüte reinschleichen und seine Karaffe ungefragt borgen, weil der Boss wieder dauerunterwegs ist und kaum noch gesehen wird.

Ein Hauch Französisches schwingt mit

Ein bis zwei Stündchen lüften tut ihm gut. Und trotzdem ist sein Auftreten weiterhin subtil bis elegant. Nein, ein brachiales Mineralienmonster findet sich in meinem Glas nicht.

Ich finde da Schwarzkirsche und Feigen und schwarzen Pfeffer. Im Mund weiterhin schlank, ganz feine und nie aufdringlich wirkende Frucht. Dann Waldbeeren und Gartenerde. Noch recht junge Gerbstoffe, die wie feines Schleifpapier mit 1200er Körnung rüberkommen. Vielleicht auch 1500er Körnung, ich möchte mich da nicht festlegen. Sie geben dem Roten einen Hauch Französisches mit. Er wirkt ziemlich kompakt, aber in diesem Alter noch deutlich unterfordert.

Ja, dieser rote Gradenthal Premium ist kein schleimiger Schmeichler. Eher ein intellektueller Dandy, ein Schöngeist, der sich auf die Schnelle nicht so einfach greifbar machen lässt. Gut so.

  • Gradenthal PREMIUM Rotwein-Cuvée 2009 von Christian Fischer, Thermenregion, Österreich, für 22,50 €.

 

Datum: 23.3.2012 (Update 12.12.2014)
 

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