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Der Prinz von Rheinhessen.

Klaus-Peter Keller beim Streicheln der Blätter. Es wird auch wieder mal Herbst.
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Klaus-Peter Keller - Rheinhessens berühmtester Winzer - hat der Region einen Hauch Noblesse verpasst. Aber sind seine Weine grandios? Der Captain hat da Bedenken und heute keine Weinempfehlung.
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Zuerst soll jenem Einwand entgegnet werden, der immer kommt, wenn man in Deutschland einen Erfolgreichen kritisiert. Nein, es ist kein Neid.

Und auch keine Missgunst. Es ist nur Zweifel, Zweifel an den Weinen Klaus-Peter Kellers, der einer der bedeutendsten Winzer Deutschlands ist. Und ein wesentlicher Vertreter der Rüben- und Kartoffelacker-Revolution.

Rüben- und Kartoffeläcker. Das sagten (und sagen) viele Winzer von der Mosel, der Saar und aus dem Rheingau über die Böden und Lagen der Pfalz und Rheinhessens. Ein unnötiger Kommentar, denn Steillagen und Schiefer alleine garantieren noch lange keine guten Weine. Das beweisen die vielen großartigen Rieslinge, Sauvignons, Silvaner (und andere) aus jenen Regionen, die jahrzehntelang nur für ihren Massenweinbau berüchtigt waren.

Klaus Peter Keller hat mit Müller-Catoir, Wittmann, Battenfeld-Spanier, Kühling-Gillot, Bassermann-Jordan, Gunderloch (und vielen anderen) bewiesen, dass großartige Weine auch aus Regionen kommen, die keine Idylle vorweisen. Und von Lagen, die einfach flach und unspektakulär in der Gegend stehen.

Erster! Das bleibt.

Klaus-Peter Keller aber fiel den internationalen Weinjournalisten und Testern als einer der ersten auf. Jancis Robinson schrieb schon früh hymnisch über Keller, andere folgten. Irgendwann auch die Inländer, die Keller strategisch vorschoben. Er war ihre Bestätigung, dass große und terroirorientierte Weine auch aus bislang verachteten Regionen kommen können; Keller führte fort, was bei Müller-Catoir in der Pfalz schon Mitte der neunziger Jahre zu sehen und begreifen war. Klaus-Peter Keller war der Prinz von Rheinhessen.

Diese enorme Nachrede begleitet Keller bis heute. Seine Rieslinge Große Gewächse aus den Lagen Morstein, Hubacker, Abtserde oder Kirchspiel erzielen stets hohe Punkte in allen Bewertungen, die restsüßen Weine gelten als ganz großes Kino. Sein Premiumriesling G-Max hat es sogar geschafft, der teuerste Riesling Deutschlands zu sein. Dafür bekam er im Land der Sparmeister und Preispolitik-Empörer nicht mal Prügel. Keller ist an der etablierten Spitze angekommen. Dort, wo Egon Müller, Manfred und Katharina Prüm, Markus Molitor, Wilhelm Weil, wahrscheinlich auch Roman Niewodniczanski und ein paar andere Weinmacher heute schon stehen. Die Position heißt: Was juckt es die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt.

Zeit für Zweifel.

Da ist es an der Zeit, ein paar Zweifel anzumelden. Wohl wissend, dass eine Elite Weinverkoster diese Zweifel nicht nachvollziehen kann. Der Captain sagt, er habe die Weine Kellers nur in ihren Möglichkeiten erkannt. Diese Möglichkeiten sind aber (außer bei Kellers Süßweinen) nie im Glas angekommen. Von zwei Ausnahmen (Scheurebe und Silvaner) mal abgesehen.

Beispiele gefällig? Dann nehmen wir mal den Riesling Hubacker aus 2004 her, ein Wein, dem immer bescheinigt wurde, dass er erst in zehn Jahren so richtig gut trinkbar sein würde.

Diese zehn Jahre waren dieses Frühjahr zwar noch nicht um, aber der Hubacker muss jetzt zeigen, was er kann.

In der Nase dominiert eine dunkle Mineralität, begleitet von etwas Banane, wenig Pfirsich und kaum Zitrus. Dahinter nur ein kleiner Alterston. Andere Weine anderer Winzer haben da deutlich mehr Petrol im Gepäck. Kellers Weine können also altern.

Im Mund dann leider flach. Gewichtig, ohne Frage. Aber nicht vielschichtig. Kein großes Spiel. Wenn Keller burgundische Rieslinge machen will (und das ist wohl seine Absicht), dann ist dieser 2004er Hubacker ein gutes Beispiel. Aber es fehlt das Mehr, das viele Burgunder haben. Keller lässt seine Rieslinge am Terroir saugen. Aber fehlt der Schliff?

Dunkle Mineralität rulez.

Gleiches gilt für den 2004er Morstein, ein extrem hochgelobter Wein. Hier wird man von der dunklen Mineralität geradezu bedrängt. In der Nase auch noch etwas Paprika, Pfeffer, Hagebutte, ja sogar rohes Fleisch. Im Mund die gleiche Größe, die gewollte Größe, das Keller-Extra, die Bombe. Aber wo ist das Spiel? Die Eleganz? Der Captain kann sie nicht finden.

Auch nicht bei den zwei Flaschen Abtserde aus 2007 und 2008. Gleiches Programm: Eine große, nahezu bedrängende und wieder erkennbar burgundische Größe in Nase und Mund; ein für 2008 enorm langer Nachhall. Aber eine stets verhaltene Eleganz. Alle anderen sagen: Babymord. Ich sage: Ich lebe nicht ewig.

Ausgerechnet 2003 rockt.

Wieder zurück. Ein Hubacker 2003 zeigt sich erstaunlich frisch, fruchtig und sogar elegant. Und das in diesem Ausnahmejahr, das nichts Großes erwarten ließ. Der 2005er Hubacker hingegen war wieder ein Schloss mit geschlossenem Tor. Doch wie lange will das Tor noch zubleiben?

Viele Weine anderer Winzer der Region sind in ihrer Entwicklung weiter, ohne dabei Kraft eingebüßt zu haben. Sicher erkennt man bei Keller die etwas dichter gewobene Struktur. Doch ist das alleine Grund genug, seine Rieslinge als gigantisch zu bezeichnen? Wo ist das Trinkvergnügen, das andere Rieslinge bereiten, deren Winzer eine ähnliche Strategie verfolgen?

Das Mehr – immer bloß ein Versprechen?

Der Captain kann bei vielen, auch älteren, trockenen Keller-Großen-Gewächsen die nachgesagte gigantische Größe weder riechen noch schmecken. Zweifelsfrei handelt es sich um Weine, die mit Hirn und Seele gekeltert wurden, viele wohl aus sehr reifem Traubenmaterial. Botrytis scheint eine weitere Rolle zu spielen. Die Machart erscheint heute aber irgendwie von Gestern.

Obwohl sich ein guter Winzer ja nie um die Machart scheren soll, fehlt Keller etwas, das Winzer wie Wittmann, Spanier und andere schon haben. Ob das mit biologischer Landwirtschaft und Spontanvergärung zu tun hat, kann der Captain nicht sagen. Es hat aber mit dem bisschen mehr Individualität zu tun, die dem Captain bei manchen Keller-Rieslingen fehlt. Und der Captain kann auch nicht mehr hören, dass dieser und jener Keller-Riesling viel zu früh geöffnet worden ist. Das werden wohl alle. Doch wann?

 

Datum: 3.8.2013 (Update 29.1.2015)
 

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