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Das große Sterben der Grandhotels

Noch einmal aufdecken, dann ist Schluss...
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Nur peripher ein Weinthema: Die Bühlerhöhe, eines der schönsten Grandhotels Deutschlands, macht zu. Auch das Steigenberger in Bad Kissingen ist nicht zu retten. Die großen Kasten am Land machen dicht.

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Es ist eine Entwicklung, die anderorts schon früher begann. In Österreich beispielsweise, wo im wunderschön gelegenen Bad Gastein die Luxushotelruinen herumstehen, wie nirgendwo sonst in der westlichen Hemisphäre. Oder auch im alpinen Frankreich, an den dortigen Seen und Luftkurorten. Gerade noch die Schweiz schafft es, die alten Gebäude minimal gewinnbringend herumstehen zu lassen. Doch fast überall muss die Kommune dazuschießen, Renovierungen bezahlen oder Arbeitsplätze subventionieren.

In Baden schließt nun eines der berühmtesten und schönsten Grandhotels auf dem Lande (denn nur um jene geht es in diesem Artikel), das alte Schlosshotel Bühlerhöhe, ein Kasten auf einem Bergplateau mit gigantischer Fernsicht Richtung Frankreich. Ein herrlicher Platz für ein zweisames Wochenende, gutem Essen und sich im riesigen Zimmer bei offenem Fenster und Blick auf das Elsass zu lieben. Das ist nun vorbei.

Für SAP Gründer Hopp ist das Experiment zu Ende

Die Besitzerfamilie Hopp (der SAP-Gründer) hat das Hotel an die spanische Kette NH-Hoteles verpachtet, die nun vor der Zeit aus dem Vertrag aussteigt. Grund: Das Hotel ist nicht rentabel (war es wahrscheinlich noch nie – vermutet der Captain). NH-Hoteles ist von Investoren getrieben, die Kette expandiert seit etwa 10 Jahren im Eiltempo und muss riesige Renditen erwirtschaften. Diese zudem für den niedergehenden spanischen Immobilienmarkt. Da wird jeder Cent umgedreht.

Die Verluste zu decken, das ging so lange gut, so lange NH mit der Bühlerhöhe auch Prestige gewinnen konnte. Und so lange sich die dringlichen baulichen Maßnahmen, die so ein Kasten alle 20 Jahre braucht, nach hintern verschieben ließen. Diese Zeit war nun abgelaufen. Und auch das Prestige der alten Bühlerhöhe ist bei der oft sehr jungen NH-Klientel eher gering. Deswegen muss Bühlerhöhe sterben.

Vor der Bühlerhöhe starb schon das Steigenberger im verstaubten Bad Kissingen in Bayern. Hier konnte selbst der bayrische Staat nichts mehr retten, dem das Hotel und das Gelände gehört. Nun darf man die Gründe hier ruhig in der Gestaltung des Kurorts suchen, neue Klientel wurde nicht intensiv genug gesucht. Und auch alte Witwen sterben langsam aus.

Leiche am Obersalzberg

Eine weitere Leiche steht auf Hitlers Lieblingsfelsen, dem Obersalzberg. Das dortige Interconti Berchtesgaden macht Millionenverluste. Anders daran ist, das es sich bei dem Hotel um einen ultramodernen und schönen Bau handelt, der zudem die Geschichte der Gegend in seine Existenz integriert. Doch hat man offenbar sträflich unterschätzt, das die deutsche Klientel tatsächlich mit keiner von den Nazis belasteten Gegend zu tun haben will. Und ausländische Gäste interessiert Berchtesgaden wohl eher nur am Rande.

Der Captain war gerne in Berchtesgaden. Das Hotel ist prima, die Aussicht super und das Restaurant in Ordnung. Hauptsache der Weinkeller bleibt so gut sortiert. Der Captain hat sich öfter mal mit seinen weiblichen Personenschützern (Vorbild Gaddafi) auf den Obersalzberg zurückgezogen. Auf ein Wochenende. Oder zwei. Schon um dem Gröfaz und seinen Kohorten die lange Nase zu zeigen. Wenn die Interconti-Leute nun das Handtuch werfen, wird das die neuen Nazis wohl freuen, die sich zuletzt nicht mehr auf das Gelände trauten.

Die Kästen auf dem Land will keiner haben

Noch mehr leid tut es dem Captain um die Bühlerhöhe. Dieses Hotel war ein idealer Ausgangspunkt für Reisen in das benachbarte Elsass. Und auch in die Pfalz. Doch leider kommen diese Gegenden zunehmend aus der Mode, es gelingt den Tourismusverbänden kaum, neue Urlauber anzulocken. Vor allem das Elsass (und noch mehr der dortige Weinbau) wirken inzwischen, wie aus einer anderen Epoche. Man kann freilich warten, bis das alles derart verstaubt, dass es wieder zum Vorteil gereicht. Aber bis dahin blättert wohl manches Mauerwerk ab.

Mit den alten (und neuen) Grandhotels stirbt aber auch das dortige Luxusrestaurant, das noch niemals ein „Profit-Center“, also nicht der neuen Gesamtökonomisierung unterworfen war. Soll heißen: Zehn Kellner mehr, als notwendig, alles Silberbesteck der Welt. Und auch ein überbordender Weinkeller, der preislich in vernünftigen Relationen gehalten und von einem eigenverantwortlich agierendem Sommelier (und nicht von einem Händler als Berater) verwaltet wurde. Das wird der Captain vermissen.

Doch es gibt solche Plätze noch. Und einen muss der Captain seinen Matrosen dringend ans Herz legen: Das alte Waldhaus-Hotel in Sils Maria nahe St Moritz. Hier zog schon Nietzsche seine Runden um das Wasser. Und Rilke war romantisch wie immer.

Das Gigantische am Waldhaus ist aber der sensationelle Weinkeller, der so ziemlich jede Position enthält, die man sich vorstellen kann. Und viele Weine sind auch in Kleinflaschen verfügbar, darunter auch die besten Bordeaux, die so wieder irgendwie doch noch erschwinglich werden. Das Restaurant begleitet guten Mutes (mit abwechselnder Fortüne, aber niemals schlecht), das Hotel paart den Charme des Vergangenen mit dem ewig leuchtenden Licht des Geldadels. Ein Wellnessressort nach Art der Buddha-Bar (und allen Moden danach), wird das Waldhaus nicht werden. Und das ist gut. So.

Waldhaus Sils Maria Link hier

 

Datum: 17.6.2010 (Update 27.6.2010)
 

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