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Das große Fressen: Rentier essen!

Rentier und Rotwein. Eine gute Mischung. Auch ohne Weihnachten. (© PhotoSG )
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Als Atheist ist Lotse Balcerowiak besonders genervt vom Weihnachtstrubel. Also dreht er den Spieß um und isst dem Weihnachtsmann das Dienstfahrzeug weg: Rentier! Welcher Wein dazu passt und wie Rentierfleisch schmeckt, schreibt er hier.
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Weihnachten nervt. Laiendarsteller mit roten Zipfelmützen verfolgen einen in jeden Winkel. Auf den Straßen herrschen Glühwein- und Weihnachtsliedterror. In den Auslagen der Geschäfte und Buden feiert der schlechte Geschmack neue, manchmal kaum zu glaubende Triumphe. Millionen Menschen sollen auf diese Weise sturmreif geschossen werden, um bereitwillig ihre Portemonnaies für allerlei Unfug zu leeren.

Irgendwie muss man sich wehren. So kann man das verlogene Weihnachtsessen einfach zu einem üppigen Protestgelage umfunktionieren. Saufen und fressen bis der Arzt, aber wenigstens nicht der Weihnachtsmann kommt. Kann er auch gar nicht, denn wir setzen vorbeugend sein Dienstfahrzeug außer Betrieb – und servieren einen Rentierbraten. Dann muss der nervige alte Zausel zu Fuß gehen, und das dauert von Lappland bis Deutschland ziemlich lange.

Rentier schmeckt wie … ?

Doch wir befinden uns hier in einem Weinportal, und deswegen steht natürlich die Frage nach der angemessenen Begleitung der Keule vom Rangifer tarandus, wie das Viech ganz korrekt bezeichnet wird, im Mittelpunkt. Auch als Freund der Verbindung regionaler Speisen und Getränke sollte man in diesem Fall etwas globaler agieren. Von schwedischen Weinen – so was gibt’s tatsächlich – ist jedenfalls abzuraten. Wir gucken uns das in 50-100 Jahren noch mal an, denn der Klimawandel marschiert. Seit einiger Zeit gibt es zwar auch Rentiere in der brandenburgischen Uckermark, doch außer hochpreisiger Witzwein-Folklore, kriegt man da nichts ins Glas.

Rentier schmeckt im Prinzip wie Reh, allerdings etwas intensiver. Mit irgendeinem dezenten roten Schlaffi-Wein kommt man da nicht weit. Na klar, satter Pinot noir geht in solchen Fällen immer. Aber wenn Wild im Spiel ist, gibt es auch im weitgehend burgunderfreien Portugal einige gute Adressen. Schließlich schießen die da mit Begeisterung auf alles, was nicht schnell genug wegrennt.

Und schon steht der Quinta de La Rosa Tinto 2008 auf dem Tisch. Nach reichlich Luft und aus möglichst großen Gläsern, kommt da kein konzentrierter Obstsalat in die Nase und an den Gaumen, sondern ein kräftiger und sehr eleganter Wein, der in erster Linie nach reifen Trauben schmeckt. Knackige, frische Säure, zartes Holz knapp vor der Selbstverleugnung und edelbittere Kräuterwürze runden die Sache ab.

Wild soll nach Wild schmecken, oder?

Klingt profan, ist es aber nicht. Denn die Überfrachtung von Weinen mit tatsächlichen oder imaginären Geschmacksstereotypen treibt vielerorts immer absurdere Blüten. Die Quinta de la Rosa gehört zu jenen traditionellen Portwein produzierenden Betrieben am Douro, die das große Potenzial dieser Region für Stillweine nutzen, ohne den Weinstil in dieser Region neu erfinden zu wollen. Ein gradliniger Stoff aus Touriga Nacional, Touriga Franca Tinta Barroca, Tinta Roriz u.a. Kurz und gut: Schmeckt wie Portugal.

Soviel Purismus verpflichtet. Wir werden die ausgelöste Rentierkeule also nicht in Buttermilch neutralisieren oder zu Tode beizen, wie jene unzähligen Geisterfahrer, die zwar gerne Wild essen – aber nur, wenn es nicht nach Wild schmeckt. Also salzen, pfeffern, im Mörser zerstoßenes Lorbeerblatt und Piment: That’s it! Rundum scharf anbraten und dann ( bei 1,5 bis 2 Kilo) für mindestens 6 Stunden bei 65 Grad im Ofen garen. Beilagenauswahl und Soße überlässt euch der Lotse diesmal selbst, wir sind hier schließlich nicht im Kochstudio. Doch wer auf Tüte zurück greift, soll mit Durchfall und Erbrechen nicht unter drei Tagen gepeinigt sein. Oder mit einer Woche Weihnachtslieder-Zwangsberieselung.

  • Quinta de La Rosa Tinto 2008 gibt es für 12,00 Euro.

 

Datum: 23.12.2011 (Update 26.11.2014)
 

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