Lacryma Christi del Vesuvio bianco
Der Süden Italiens gehört nicht gerade zu den Boomregionen in Europa. Angeblich hat sogar Griechenland ein besseres Wirtschaftswachstum.
Selbst die Mafia, so habe ich neulich gelesen, „investiert“ inzwischen nur noch im Norden des Landes. Dort funktioniert die Wirtschaft, dort ist das Geld.
Eine der Branchen, die im Süden einigermaßen laufen, ist der Weinbau.
Mit großem Selbstbewusstsein macht sich eine junge Generation von Winzern und Geschäftsleuten daran, die einheimischen Weine auf der ganzen Welt zu verkaufen.
Was dabei herauskommt, ist nicht immer toll. Zu viele Produzenten jagen irgendeinem Massengeschmack nach, statt die Eigenheiten einheimischer Rebsorten heraus zu kitzeln.
Zum Glück gibt es Weingüter, die es anders machen. Einer dieser Betriebe ist Feudi di San Gregorio. Sie liegt beim Städtchen Avellino, etwa 40 Kilometer östlich von Neapel.
Feudi di San Gregorio wurde erst 1986 gegründet. Damals rissen viele Winzer ihre alten Rebstöcke einheimischer Sorten raus und ersetzten sie durch internationale Trauben wie Merlot oder Cabernet Sauvignon.
Das junge Weingut aber setzte von Anfang an auf die unmodernen, alten Sorten – und hatte Erfolg.
Das finde ich spannend und deshalb entkorke ich gleich einen Wein aus den Rebsorten Coda di Volpe und Falanghina. Die Weinberge, von denen die Trauben dieses Tropfens kommen, liegen an den Hängen des Vesuv. Das heißt, der Boden ist karg an vielen Nährstoffen aber pickepackevoll mit Mineralien. Gute Voraussetzungen für tollen Wein.
Die Rebsorte Coda di Volpe gibt es nur in der Gegend um Neapel. Sie ergibt körperreiche Weißweine. Aus Falanghina hingegen werden charaktervolle, an Aromen reiche Tropfen gekeltert. Eine Mischung aus diesen beiden dürfte interessant werden.
Der Wein, den ich nun öffne, heißt Lacryma Christi Bianco = die weiße Träne Jesu.
Was mir beim Blick auf das moderne Etikett gleich positiv auffällt, ist der Alkoholgehalt von gerade mal 12,5 Volumenprozent.
Normalerweise haben Weine aus Süditalien deutlich mehr Wumms. Hitze = viel Zucker in den Beeren = hoher Alkoholgehalt.
Der Wein duftet dezent nach gelbem Steinobst. Vor allem Aprikose und etwas Mirabelle, dazu eine Prise Salz und jede Menge Kräuter.
Am Gaumen treten die Früchte völlig in den Hintergrund. Ich schmecke Salz, nassen Stein und weißen Pfeffer. Wow! Erst dann tauchen etwas Aprikose und ein klitzekleines bisschen Mirabelle auf. Die Säure ist sehr dezent.