Die Reben des Rotweins, den wir hier besprechen, wachsen zwischen zwei Flüssen im Norden Italiens auf einer Ebene, die Campo Rotaliano heißt. 20 Kilometer weiter südlich liegt die Provinzhauptstadt Trient und der schöne Gardasee leuchtet etwa 40 Kilometer südwestlich. Es ist etwas wärmer als in Südtirol weiter oben. Eigentlich ist das hier Weißweinland.
Trotzdem gibt es diesen Flecken Erde, der genauso heißt, wie sein Wein: Teroldego Rotaliano, bekannt für Rotweine und Rosés. Die Gegend liegt im Dreieck nördlich jener Stelle, in der das Flüsschen Noce in die mächtige Etsch mündet, die aus Meran herangewälzt kommt. Ein paar Stichworte zum Boden: Eiszeit, kalkiges Geröll, Kies, Schotter = Wasser fließt ab, Trockenheit ist gut für Reben. Capiche?
Nicht weit entfernt rasen Touristen über die Brennerautobahn in den Süden, links und rechts ragen Berge in luftige Höhen. Dazwischen – wie bereits gesagt – wächst der Teroldego Rotaliano, der fruchtig schmeckt, früh trinkreif ist und dennoch durchaus lagerfähig ist. Danke, Geografiestunde beendet, bitte setzen.
Die Winzerfamilie Endrici (schreibt sich anders als ihr Weingut Endrizzi und keine Sau weiß warum) gehört zu den Pionieren des modernen Weinbaus der Region. Vor einiger Zeit übernahm Tochter Lisa Maria einen Großteil der Verantwortung und schlägt sich hervorragend.
Hier bei Endrizzi wurde schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit verdächtigen Rebsorten wie Cabernet Sauvignon und Chardonnay experimentiert. Aber die kennt heute jeder. Die eigentliche Attraktion ist jetzt wieder das alte Zeug. Teroldego ist eine sogenannte autochthone Rebsorte, die ganz ursprünglich von hier kommt und fast schon vergessen war.
Teroldego ist eigentlich ein Bauernwein und trotzdem recht kompliziert zu behandeln. Denn die Trauben sind verdammt anfällig gegen Beschädigungen. Reichlich mühsam also. Dennoch halten die Endicis und andere Winzer der Region an der ollen Traube fest. Das hat natürlich seinen Grund und der schwimmt in meinem Glas: Weine aus dieser Traube können herrlich gut schmecken.
Konkret trinke ich jetzt den Toroldego Rotaliano Superiore Riserva. Riserva heißt hier mindestens zwei Jahre gereift. Die Zuschreibung Superiore variiert je nach italienischer Weinregion und definiert gewisse Qualitätsanforderungen wie Mostgewicht, Reifezeit, Alkohol- und Säuregehalt. Das ist alles sehr kompliziert und keiner blickt so richtig durch, aber die Weinbürokraten müssen halt beschäftigt werden und buzzwords, die Qualität anzeigen, sind gut fürs Geschäft. Für Superiore-Weine sind stets ein paar Euro extra fällig. Bei Endrizzi macht das für den Nobel-Teroldego insgesamt 18 Euro.
In die Nase strömen intensive rote Fruchtnoten und Aroma von Wildleder. Im Mund ganz deutlich Pflaume und eiskalt runtergekühlte schwarze Schokolade. Wunderbar! Hinten am Gaumen kommt dann noch etwas Kirsche dazu, das schmeckt fast schon ein bisschen nach Mon Chéri-Praline. Ich spüre präsente Säure und ordentlich Tannine, die alle Geschmackskomponenten dieses Weins zusammenhalten, als wären sie eine Herde vor sich hingrasender Schafe.
Es ist ein schöner, runder Esswein mit fast nordischer Kühle im Geschmacksbild. Cool climate nennt der fortgeschrittene Weinkenner das.
Essen? Es ist nicht leicht, eine Empfehlung zu finden, die passt. Vielleicht eine deftige Brettljause. Also Speck, Hartwurst, dunkles Brot. Oder Wildgulasch.
Wer italienische Weinetiketten besser verstehen will, liest am besten diesen Artikel:
Ganz selten? Ok, ist ein Stück weit Definitionssache. Aber in der Gegend hat eigentlich jeder den Teroldego im Portfolio, egal ob Foradori, Pojer e Sandri, Zeni, Cantina Rotaliana, Istituto Agrario etc.
Noch seltener bzw. noch weniger bekannt dürfte eher die andere autochtone Traube aus der Gegend sein: Nosiola
Egal, vielleicht schaffe ich es das nächste mal, wenn ich in der Gegend bin, auch bei Endrizzi die seltenen Gewächse des Trentino zu probieren.
Wie der Name des Users schon andeutet, ist ihm der Teroldego schon lange kein Unbekannter mehr. Nach vielfältigen Trinkerfahrungen gilt für den User immer noch (und immer wieder): Teroldego ist einer der besten Zech-und Bauernweine der Welt, ein raffinierter Mix aus Kante und Finesse. Phantastisch fürs Geld. Absolute Lieblingskellerei: Cantina Rotaliana in Mezzolombardo. Ein Fixstern für Leute die handwerklich gut gemachte Weine zu nicht abgedrehten Preisen suchen. Gleichauf: Istituto Agrario di San Michele. Die machen einen guten Trentino Rosso und prima Grappas.