Und was heißt Pannobile?
Die Erläuterung dieser wirkungsvollen Belüftungstechnik kommt gleich. Davor ist es aber noch wichtig, den Begriff „Pannobile“ zu erklären.
Pannobile, was ist das? Ein neues Computerspiel? Oder eine ostösterreichische Heavy Metal-Band…?
Wer im Geografieunterricht aufgepasst hat, kennt den Begriff Pannonische Tiefebene, die Bezeichnung für ein großflächiges Sedimentbecken zwischen Alpen und Plattensee in Ungarn. Meteorologisch gekennzeichnet durch warmes, trockenes Sommerklima. Perfekt geeignet für den Weinbau.
Pannonien ist auch eine Bezeichnung für die kulturelle Identität des Burgenlandes. So ist es übrigens nur folgerichtig, dass der Zusammenschluss von neun WinzerInnen diesen Namen aufgriff – für ihre charaktervollen Weine aus den Lagen nordöstlich des Neusiedlersees, die nur aus regionalen Rebsorten gekeltert werden dürfen. Die Gruppe unterwirft sich hierbei einem konsequenten Qualitätsdiktat. Ansonsten macht jeder seinen eigenen Pannobile.
Schwarze Johannisbeere usw.
Vor mir steht eine Flasche mit wunderbar puristischem Etikett. Darauf ganz zart gedruckt: Pannobile, Claus Preisinger. Ich ziehe den perfekten Korken raus und gieße das erste Glas ein: Schwarzrot, einige violette Reflexe funkeln am Rand.
Der Wein duftet vielschichtig und intensiv. Ich möchte gar nicht aufhören zu riechen. Am Gaumen kann es nicht mehr besser werden. Die Aromen sind vor allem schwarze Johannisbeere, Sauerkirsche, Rauch, Vanille, Fichtenholz, Waldboden.
Der erste Schluck ist noch nicht ganz rund. Die Aromen und Texturen müssen noch zur Harmonie finden, es gibt hier und da Ecken und Kanten, was dem Umstand geschuldet ist, dass der Wein eigentlich noch in den Keller gehört und zwar mindestens für zwei Jahre. Zum reifen. Dass er ein Riesenpotenzial hat, schmeckt man allerdings schon jetzt.
Doppelt karaffieren!
Nur hat ja heutzutage kaum jemand Zeit und Lust, zwei Jahre zu warten, wenn er einen Wein trinken will. Die Lösung heißt doppelt dekantieren. Der Wein wird in eine Karaffe gegeben, kurz geschwenkt und wieder zurück in die Flasche. Einmal wiederholen und dann eine gute halbe Stunde ruhen lassen. Jetzt hat er genug Sauerstoff aufgenommen, die Aromen sind klar definiert und harmonieren miteinander. Ich rieche deutlich noch Pfeffer und Sandelholz, auch ein wenig Lorbeer und Thymian.
Das Gaumengefühl ist nun fein und elegant, das Nobile vom Pannnobile. Der Wein hat eine samtige Textur und die sehr präsenten Gerbstoffe stellen mit ihrer eleganten Bitternote ein kräftiges Gerüst hin, abgestützt von ordentlicher Säure. Inzwischen ist mehr als eine Stunde vergangen, der Wein zeigt nun auch Aromen von kandierten Zitrusfrüchten und Pflaume. Eine leichte florale Note kitzelt die Nase.
Der Abgang ist lang, begleitet von einer kühlen, frischen Mineralnote. Vor allem die warmen Holznoten winken zum Abschied leise Servus.
Und noch was für alle, die es genau wissen wollen…
Der Wein besteht aus den Rebsorten Blaufränkisch und Zweigelt und ist mit seinen 13 Volumenprozent Alkohol kräftig aber nicht überalkoholisch. Er wurde im offenen Gärbottich ohne Zugabe von Zuchthefen vergoren, ist also ein Sponti, wie die Weinwelt das liebevoll nennt, und hat dann 18 Monate in Barriques, also kleinen Eichenholzfässern von 225 Litern Fassungsvermögen, gereift. Das Resultat ist ein eleganter, kraftvoller und vom ersten Schluck an begeisternder Wein. Und der Winzer? Claus Preisinger ist ein cooler Typ. Surfer, Offroadfahrer, hat Ahnung von Musik, Architektur, redet nicht immer nur über Wein. Prost!
toller Wein, der Pannobile von Preisinger. Altern kann er auch. Der 2004er bestand zudem aus 100 % Zweigelt.
Intressante Methode – doppelt dekantieren. Besteht aber nicht die Gefahr, dass der Wein in sich zusammenstürzt?
Bei jungen kräftigen und dichten Rotweinen mit hohem Gerbstoffanteil macht das nichts. Der Wein nimmt einmal ordentlich Sauerstoff auf und dann ist gut. Die Oberfläche in der Flasche ist ja nicht so gewaltig groß. Im Zweifel lässt man die Wiederholung weg und führt den Vorgang nur einmal aus. Mit der Zeit bekommt man ein Gefühl dafür, wo sich das lohnt.
Der Rebsortenmix wechselt von Jahr zu Jahr, 2011 waren es, wenn ich es richtig erinnere, 60% Zweigelt und 40% Blaufränkisch.
Theoretisch wäre noch St. Laurent zulässig.
wir dekantieren sogar uralte Bordeaux! Als ich in einer meiner Weinrunden neu war staunte ich, als kein geringerer als Jan Erik Paulson einen 47er Pichon Baron oder einen 53er Petite Village dekantierte. Kurz danach waren die Weine in einem inferioren Zustand und ich fühlte mich in meiner Meinung bestätigt „nur keine Altweine dekantieren..“. Eine Stunde später war alles anders, die Weine in ihrer Frische nicht übertreffbar und ich bekehrt! Seither dekantiere ich jeden Wein (den ich gleich trinken will) und bin von dem positiven Effekt nicht nur vollkommen überzeugt, ich kann würde es auch jedem empfehlen…
Ha! Eine Dekantierdiskussion, kommt ja gleich nach der Verschlussdebatte *gg. Also Verschluss im Sinne von Korken, Schrauber, Glas …
So allgemeingültig würde ich das nicht sehen wollen, nicht jeder Wein verträgt das. Vor allem bei Burgundern wäre ich da lieber vorsichtig. Für einen 47er Baron würde ich es aber auch sofort unterschreiben, dass er karaffiert gehört.
Ich hatte dazu natürlich auch ein Erweckungserlebnis. Es war ein 79er Grand Puy Lacoste und wir baten ihn in einem Restaurant karaffieren zu lassen, schon eine Stunde bevor wie essen wollten. Die Sommelière riet dringend ab. Und das war auch gut so, der Wein zeigte sich zunächst wunderbar, auch noch Fruchtnoten und gutes Gerüst, aber er zerfiel zusehends, obwohl die Dame ihn behandelte wie ein rohes Ei, es war am Ende ein regelrechtes „gegen die Zeit trinken“.
Bei einem entsprechend hochwertigen JUNGEN Wein hätte ich allerdings nie Bedenken, ansonsten ist es – wie so oft – trial and error.
Und bevor jetzt alle Oberlehrer auf den Plan kommen, natürlich wissen wir es alle, der Zahlmeister hat erst kürzlich ein riesiges Plakat aufgehängt:
Dekantieren = von Schwebstoffen befreien
Karaffieren = den Wein in eine Karaffe geben zum Atmen
Preisingers Exemplar zählt für mich immer zu den besten Pannobiles. Besonders den von Judith Beck schätzen wir auch sehr…
Der von Heinrich hat mir auch sehr gut gefallen. Das frag ich mich übrigens schon immer, was das Symbol unter dem Namen auf dem Etikett darstellt.
„Dekantieren = von Schwebstoffen befreien“
Müsste wohl eher heißen: vom Depot befreien?!?
Aber „doppelt dekantieren“ würde bedeuten: doppelt von Schwebstoffen befreien? Es müsste dann aber eher heißen, „doppelt karaffieren“, oder?!?
*klugscheißermodus aus* 😉
BTW: Der Pannobile von CP gehört zu meinen Favoriten!