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Pétrus: der meist gefälschte Wein der Welt

Echt falsch: chinesisches Pétrus-Imitat.
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Pétrus 1961 ist wahrscheinlich der am häufigsten gefälschte Wein der Welt. Luxuswein-Sammler Dr. Imtiaz Alikhan erklärt dir, warum dieser rare Tropfen kriminell macht.
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Pétrus gilt als Prestigewein und Statussymbol der Reichen und Mächtigen. Erst recht der Jahrgang 1961, denn er ist so gut und teuer, dass einem schwindelig wird. Deswegen wird er auch so gerne gefälscht.

Als der berüchtigte Weinfälscher Rudy Kurniawan (Spitzname: „Dr. Conti“ – nach den teuren Burgunderweinen der Domaine de la Romanée-Conti) Anfang 2012 vom FBI aus seiner luxuriösen Villa in Los Angeles weggebracht wurde, fand die Polizei in seiner Fälscherwerkstatt Rotweine aus Napa Valley und Notizen, die belegten, das diese Weine später mit gefälschten Etiketten und Korken zu Edelweinen umgewandelt werden sollten. Zum Beispiel wartete gerade ein Marcassin Blue Slide Ridge California Pinot Noir 2006 (kostet etwas über 100 Euro) auf seine Verzauberung in einen Romanée-Conti aus dem Jahr 1940 (ca. 4.000 Euro teuer).

Im Haus fand man noch ein Präzisions-Kopierer, 19.000 gefälschte Weinetiketten und leere Originalflaschen großer Weine vornehmlich aus dem Bordelais. Kurniawan wurde zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt. Unter anderem hatte er auch Pétrus-Flaschen des Jahrgangs 1961 gefälscht. Inzwischen verwendet man bei Pétrus ein unsichtbares Muster auf dem Etikett neuer Flaschen, das nur unter speziellem Licht sichtbar ist.

Egon Müller: das geklaute Weingut

Pétrus ist und bleibt meine lebenslange Leidenschaft und ich wage zu behaupten, dass ich jede dieser Fälschungen bereits beim Schnuppern sofort entlarven würde. Schon 1971, als ich in London studierte und abends im Weinkeller eines 2 Sterne-Lokals jobbte, hatte ich mich in diesen Wein verliebt. Ich durfte damals aus allen geöffneten Flaschen einen kleinen Schluck kosten, um die Qualität zu prüfen. Und es waren nicht wenige Pétrus dabei. Kein anderer Wein wird so alt und bleibt dabei so frisch und präsent wie dieser.

Im Handel wird eine Flasche Pétrus für 3.000 bis 4.000 Euro verkauft, wie man auf dem → Suchportal Wein.CC nachlesen kann.

Château Pétrus existiert seit dem Ende des 18. Jahrhunderts, als eine gewisse Familie Arnaud im Pomerol Rebflächen anzulegen begann. Aber erst eine Dame namens Edmond Loubat machte Mitte der 1920er-Jahre Pétrus zu einem großen Namen. Sie kaufte Stück für Stück die Rebflächen des Châteaus an, bis ihr schließlich 1945 alles gehörte. Auch der im Bordelais bis heute legendäre Jahrgang 1945 trug dazu bei, dass Pétrus schließlich in hellem Glanz erstrahlte. Loubat starb 1961. Die Erben verkauften an die Eigentümer des Weinhandelshauses Jean-Pierre Moueix, denen im Bordelais und in Kalifornien mehrere Weingüter gehören. Moueix kaufte 4,5 Hektar von Château Gazin nebenan dazu, sodass Pétrus bis heute über eine Rebfläche von 11,4 Hektar verfügt. Die Jahresproduktion beträgt rund 30.000 Flachen. Ja, Château Pétrus ist ziemlich klein.

Ende 2018 machte die Meldung die Runde, dass Investor und Milliardär Alejandro Santo Domingo 20% der Anteile von Château Pétrus gekauft hatte. Medienberichten zufolge bezahlte der Kolumbianer 200 Mil­lio­nen Euro, was einer Unternehmensbewer­tung von einer Mil­li­ar­de Euro ent­spricht. Das machte Château Pétrus zum wertvollsten Weingut der Welt.

Den legendären Jahrgang 1961 trank ich zum ersten Mal 2005 zur Feier unserer silbernen Hochzeit. Ich kann mich noch erinnern – damals schaute ich nochmal genau aufs Etikett, weil ich nicht glauben wollte, dass dieser Wein bereits 44 Jahre alt war. Noch nie hatte ich so einen himmlischen Wein getrunken.

Zuletzt trank ich den 1961er Pétrus im Jahr 2015. Es war in einem meiner Lieblingsrestaurants, dem Silvio Nickol im Hotel Palais Coburg in Wien. Lest unter diesem hübschen Foto von mir meinen Verkostungsbericht…

Alikhan_Petrus_ART

Garantiert echt: Petrús 1961 und ich.

Mystische Nase! Sandelholz, das mich an die Meditation in einem Ashram vom Bhagwan errinert. Lebhafte Frucht und sehr reif. Auf der Zunge Espresso, Bitterschokolade und Lapsang-Souchong-Tee, also feiner schwarzer Rauchtee. Am Gaumen kein Blockbuster, sondern diskret und jene berühmte Reife von 1961. Hier walten keine Macht und Kraft, durch die mich andere große Bordeauxweine beeindrucken, sondern unendliche Tiefe. Es ist als schaute ich in den dunklen, kiesdurchsetzten und eisenhaltigen Tonboden des Pomerol hinein, in dem die Wurzeln der Pétrus-Reben stecken. Aber wie unglaublich jung dieser Wein dabei schmeckt! So frisch und immer noch genügend Tannin im Rückgrat. Andere Weine, die so viele Jahre auf dem Buckel haben, sind deutlich milder. Diese Frische in Kombination mit den Feinheiten des Alters ist einfach nur fantastisch. Hier steckt die erwachsene Komplexität und Weisheit von 54 Jahren Reifung im Körper eines Teenagers, wenn ich das mal so salopp sagen darf. Was für ein Wein, was für ein Trinkerlebnis! Ich kann gut verstehen, dass dieser Tropfen im Mittelpunkt so vieler gemeiner Betrügereien steht.

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Datum: 9.9.2020 (Update 24.10.2021)
 

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