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Champagner: drei kleine feine

Herr Petérs. Von Petérs und Petérs. Trotzdem Franzose..
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Der Captain mag Champagner. Doch erst jetzt entdeckt er langsam die Vielfalt, die viele Winzerchampagner bieten. Da hat er lange genug nicht gut genug hingesehen. Zeit, das zu ändern.
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Vielfalt statt Einfalt. Man kann diesen Satz nicht mehr hören. Tausende Male ausgesprochen. Und bloß wenige Male wirklich verwirklicht. Denn wir wissen: Vielfalt wird oft nur vorgegaukelt um die Einfalt zu sichern. Eine andere Frisur macht noch keinen anderen Kopf.

Riesige Supermarktregale, die abgewandelt das Immergleiche anbieten. Mal mit Marke. Mal ohne Marke. Meistens aber die gleichen Grundbestandteile. So werden Lebensmittel konstruiert, um danach gleich wieder dekonstruiert zu werden. Und selbst wir Wissenden fallen drauf rein. Die beratenden Psychologen überlisten uns.

Dabei könnte es vierhundert verschiedene Weichkäse in unseren Supermärkten geben, die auch tatsächlich unterschiedlich schmecken, eine unterschiedliche Handschrift haben. Und wahrscheinlich ebenso viele Würste. Doch die Industrie da eine Hand vor.

Wein ist das vielfältigste Lebensmittel der Welt. Und Champagner?

Wein ist auch ein Lebensmittel. Und auch Champagner. Wein ist das vielfältigste Lebensmittel überhaupt, denn Wein kann extrem verschieden schmecken und teilweise unwahrscheinlich lange in genussfähigen Zustand bleiben. Ein 1959er Chateau Margaux schmeckt heute noch hervorragend. Da kann kein Käse mit.

Champagner wird aus Grundweinen gemacht und die meisten Champagner werden aus den Grundweinen verschiedener Jahre zusammengemischt. Aus diesem Grund gibt es bei normalem Champagner auch keine schlechten Jahrgänge. Und die teuren Jahrgangs-Champagner werden in richtig schlechten Jahren erst gar nicht gemacht.

Abspalten ausgliedern. Oder gleich klein bleiben

Warum diese Ausführung? Nun, um auf die Vielfalt hinzuweisen, die man bei Wein und Champagner findet – die größte Vielfalt, die ein Lebensmittel bieten kann. Diese Vielfalt wird freilich nicht von den großen Champagner-Häusern unterstützt, die selbstredend im Wachstum nivellieren müssen. Oder eben auslagern: einzelne Marken absichtlich abspalten und individuell führen. Ein solches Beispiel ist Moet-Chandon und der Dom Perignon.

Nein, wir werden hier nicht ein weiteres Mal auf die großen Champagnerhäuser hindreschen, denn sie können nur bedingt was dafür, dass man sie in Deutschland so stark bevorzugt. Freilich unterstützen sie hippe Bars und Restaurants mit Ausstattung und Marketingmaßnahmen. Aber es wäre die Aufgabe der Barleute über diesen Tellerrand zu sehen. Und zu erkennen, dass Moet-Chandon, Veuve-Glicquot (beide zu LVMH gehörig), Laurent Perrier, Pommery, Lanson und viele andere große Fabrikanten noch lange nicht das ganze Angebot darstellen. Wahr aber auch: die kleinen Champagnerhäuser, die noch von echten Winzern besessen und geführt werden, haben kaum Geld, im großen Weltmarkt mitzuspielen. So wird sich wohl wenig ändern.

Kleine, wohlfeile Häuser

Dennoch – und ohne hier weiter herumzulamentieren – will ich wieder auf ein paar kleine, wohlfeile Champagnerhäuser hinweisen, einige davon auch so groß, dass sie stets lieferfähig sind und gleichbleibende Qualität garantieren können.

Ein solches Haus ist Henri Billot aus Ambonnay in der zentralen Region Montagne de Reims. Leatitia Billot hat fünf Hektar eigenen Grund und kauft laut eigenen Angaben nur wenige Trauben zu. Eigengrund ist für kleine Champagnerwinzer sehr wichtig. So bleiben sie unabhängig.

Billiots „Cuvée Grand Cru Reserve NV“ ist ein überraschend günstiger, cremiger und auch enorm gewichtiger Champagner, der an große und teure Champagner aus unmittelbarer Nachbarschaft andockt. Gäbe es mehr Flaschen, könnte er anderen Häusern damit ordentlich in die Suppe spucken.

Die Gründe warum die Grand Cru Reserve von Billiot so anders schmeckt sind schnell aufgezählt. Laetitia Billiot macht schlicht alles anders, als die meisten anderen Winzer der Champagne. Sie verzichtet auf die malolaktische Gärung, die Apfelsäure in Milchsäure umwandelt. Normalerweise ist diese Gärung erwünscht, denn sie macht die Weine weicher, voller und cremiger.

Doch Billiot lässt die Säure in ihrem Champagner, was diesen sehr lebendig macht. Gegengewichtig füllt Billiot aber ohne Filterung ab und setzt eine hohe, süße Dosage zu (bis zu 10 Gramm). Diese beiden Maßnahmen bringen den Wein in ein anderes, für Champagner außergewöhnliches Gleichgewicht. Dazu kommt noch, dass in die Cuvée vornehmlich Weine aus Pinot noir kommen. Die Trauben stammen von alten Reben, die tief im Kalkstein wurzeln. Auch das trägt zur Dichte und Vollmundigkeit dieses Champagners bei.

schwarzer Peters, weißer Peters

Ein weiteres kleines Haus ist Pierre Péters in Les Mesnil sur Oger, ein bekanntes Dorf in der Region Côtes de Blancs. Rudolphe Péters hat auf seinen sanften Hängen und Feldern seiner Grand-Cru-Lagen nur Chardonnay stehen. Keinen Pinot Noir. Und keinen Pinot Meunier. Diese Einschränkung macht er mit Zuspitzung zu seinem Vorteil. Das lässt auch der Welt wichtigsten Weinkritiker Robert Parker Jahr für Jahr applaudieren. Man mag Parker bei manchen Wertungen verfluchen, doch hier hat er Recht.

Bleiben wir wieder bei einem einfachen Wein des Hauses, dem „Brut Chardonnay Grand Cru“. Dieser für seine Perfektion wieder extrem günstige Champagner besticht mit einer zarten Steinobst-Frucht; Péters ringt dem meist neutralen Chardonnay etwas mehr ab, als die erwarteten Zitrustöne. Natürlich ist der Wein im Glas zuerst vibrierend, doch nach dem ersten Schluck und der festgestellten eindrücklichen Trockenheit folgt ein voller und mitunter blumig ausladender Körper. Außerhalb alles Erwartbaren. Das sagt uns, dass Rudolphe Péters nicht mit dem Strom schwimmen will. Aber ohne die hohe Bewertung von Robert Parker hätte dieser Wein seinen Markt nie gefunden.

Ein Schluck Rosé

Zum Schluss noch einen Rosé-Campagner mit Seltensheitswert. Die Brüder Philippe und Pierre Aubry aus Jouy-les-Reims haben ein paar alte Parzellen Arbanne und Petit Merslier aufgespürt, erlaubte Rebsorten, die aber größtenteils der Reblausplage zum Opfer fielen. Dazu kommen noch ein hoher Anteil Pinot Noir, etwas weniger Pinot Meunier und ganz wenig Chardonnay.

Heraus kommt ein sehr fruchtiger, bisweilen extrem delikater Champagner, der auch Mango, Ananas, Kirschen und Brioche in die Nase bringt. Mollig, trotz fehlender Dosage. Und ein weiteres Meisterstück kleiner unabhängiger Winzer, die unserer Aufmerksamkeit bedürfen.

+) Cuvée Grand Cru Reserve NV von Henri Billiot für € 29,90.

+) Brut Chardonnay Grand Cru von Pierre Péters für € 29,90.

+) Champagner Rosé von Aubry für € 49,00.

 

Datum: 16.1.2014 (Update 4.2.2015)
 

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