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Bordeaux: Chateau Arnauld für Captains.

Schaffermahlzeit: Bitte setzen. Gleich kommt der Wein. Foto: dpa
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Das Schiff hat einen Smutje eingestellt: Matthias Stelzig. Mal sehen, wie lange der es bei dem Haufen aushält. Zur Begrüßung stellt er einen fruchtigen Bordeaux hin. Der wurde gestern zur berühmten Schaffermahlzeit eingeschenkt.
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Im Bremen war gestern die berühmte Schaffermahlzeit. 6 Gänge und 12 Reden.

Das können wir auch, denkt sich Captains neuer Smut Matthias Stelzig und schmeichelt sich bei der Crew ein, indem er genau den selben Wein auftischt, wie ihn die hohen Herren im Bremer Rathaus eingeschenkt bekamen. Aus den vielen Gängen und Reden wurde dann allerdings nichts.

Die Bremer Smoking-Sause ist eine Kombination aus Tradition und Networking im ganz großen Stil. Rund 300 Einheimische und Gäste (diesmal auch der österreichische Ex-Bundeskanzler Gusenbauer) gönnen sich eine mehrgängige Mahlzeit, die ursprünglich für auslaufende Kapitäne gedacht war. Heute ist das Schaffermahl in der Bremer Geschäfts- und Society-Welt die Gelegenheit, Gesichtspflege zu betreiben. Eine weitgehend unbekannte Schaffermahlzeit gibt es übrigens auch in Stralsund.

Ein bisschen Protest gehört auch dazu. Letztes Jahr demonstrierten 500 Bremerinnen im rosa Frack gegen die Frauenquote von Null Prozent. Uraltkanzler Kohl bekam mal auf dem Weg zum Essen Eier und Sachen an den Kopf, die man auf keinen Fall in den Mund nimmt.

Immer Bordeaux.

Menü und Ansprachen laufen dann aber nach strengen Regeln. Und dazu wird „jede Menge Rotwein getrunken“, versichert Michael Schroiff, Vorsitzender des Veranstalters Haus Seefahrt.

Der Rote wird zuvor in einer Blindprobe ausgewählt und kommt immer aus dem Bordelais. Unternehmer der Hanse pflegen seit Jahrhunderten Geschäftsbeziehungen mit dem Anlaufhafen in Bordeaux. In Bremer Bürgerkellern gehören die Weine von der französischen Atlantikküste seit Generationen zur Grundausstattung.

Der Schafferwein 2014 kommt aus dem Weingut Château Arnauld im Haut-Médoc. Der Smut kennt die Gegend und ihre Weingärten im Schwemmland auf der schmalen Landzunge zwischen Gironde und Atlantik gut.

Die Seebrise tut den Reben gut.

Die untersten Lagen mit den Sandböden mag ich nicht so besonders. Dort stehen die Rebstöcke nämlich viel zu oft mit den Wurzeln ein paar Faden tief im Wasser. Weiter oben an den Kieshängen im Haut-Médoc, wo die Pflanzen tiefe Wurzeln schlagen müssen, um an ihr Wasser zu kommen – ja, da wachsen die feinen Tröpfchen. Immer noch umspielt von einer guten Seebrise.

Château Arnauld befindet sich (wie einige Weingüter) im Besitz eines Versicherungskonzerns. Mit dem französischen Durchschnittsnamen erinnert alles irgendwie ein bisschen an Herrn Kaiser von der Hamburg Mannheimer.

Die Weinberge zwischen Margaux und Moulis sind dicht bepflanzt und die Reben im Durchschnitt vierzig Jahre alt. Viel Handarbeit im Weinberg, niedrige Erträge, Verarbeitung im modernen Maschinenpark. Hier will jemand durchaus seriös Wein machen. In Rufweite liegen außerdem die Spitzen-Châteaus Chasse Spleen und Poujeaux, was die Reputation noch mal aufwertet.

Solide. So mögen es die Hanseaten.

Der Wein duftet deutlich nach Brombeeren und Cassis. Außerdem Kastanien, nasse Baumrinde und gebeiztes Holz. Das Weinjahr 2009 mit seiner Bilderbuchvegetation und dem schönen, trockenen Sommer war gut im Médoc.

Allerdings sind fünf Jahre kein Alter für einen Haut-Médoc, der Heimat des Cabernet Sauvignon. Die Sorte braucht Zeit, um ihre kratzigen Tannine abzustoßen. Der Château Arnauld besteht aber fast zur Hälfte auch aus Merlot, was auf einen molligen Unterton schließen lässt.

Den mittleren Gaumen versorgt der Bordeaux vorbildlich mit satt-seidigen, reifen Fruchtaromen. Da gibt’s nix zu meckern. Richtung Abgang schmeckt man noch ein paar Gewürze und im Nachhall gebeiztes Holz.

Säure, Frucht, Mineralität, alles ist gut balanciert, wie sich das in Bordeaux gehört. Nur die Tannine sind noch etwas steif, das war zu erwarten. Und man fragt sich, ob die Frucht wohl noch so lebendig ist, wenn die Gerbstoffe mal reif sind.

Am besten Lammfleisch mit reifen Tomaten.

Auf jeden Fall könnte dem Wein eine Äquatortaufe und ein längerer Aufenthalt im Schiffsbauch nicht schaden. Gestern wurde dieser Bordeaux im Bremer Rathaus unter anderem zu Hühnersuppe, Stockfisch mit Senfsauce, Braunkohl (den ich Grünkohl nenne), Rigaer Butt mit Sardellen, Zunge und Chester-Käse serviert.

Kombinationen, die ich keineswegs für hochseetauglich halte. Statt dessen schmore ich für die Mannschaft lieber eine Lammschulter mit Knoblauch und reifen Tomaten. Der mediterrane Klassiker paart sich perfekt mit diesem fruchtigen Wein. Und die leicht bitteren Tannine vertragen sich gut mit dem cremig-herben Lammfleisch. Mahlzeit.

 

Datum: 15.2.2014 (Update 4.2.2015)
 

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